20 Jahre "Pink Ribbon" in Österreich: Was hat sich verändert?
Vor etwas mehr als zwanzig Jahren gab die Österreichische Krebshilfe eine folgenreiche Studie in Auftrag. Das Ergebnis war ernüchternd: Zwar wussten 67 Prozent der befragten Frauen um die Wichtigkeit der Mammografie; doch nur knapp die Hälfte gab an, regelmäßig zur Brustkrebsvorsorge zu gehen.
„Das war der Beginn von Pink Ribbon in Österreich“, erzählt sich Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Krebshilfe, im Gespräch mit dem KURIER. Zehn Jahre zuvor, im Jahr 1992, hatte Evelyn Lauder die rosa Schleife („pink ribbon“) als sichtbares Zeichen der Solidarität mit Brustkrebspatientinnen erschaffen und erfolgreich in der New Yorker High Society etabliert. Kiefhaber kannte die Aktion und beschloss, sie nach Österreich zu bringen. „Ich dachte, das wäre eine gute Möglichkeit, mehr Aufmerksamkeit zu erzielen.“
Mitte der Gesellschaft
Denn damals, Anfang der Nullerjahre, war das Thema Krebs noch weitestgehend tabu, erinnert sich Kiefhaber. „Wenn, dann wurde hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen.“ Inzwischen sei das Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen – auch dank berühmter Frauen wie Angelina Jolie oder Olivia Newton-John, die aus ihren Schicksalen kein Geheimnis machten. In Österreich zählten die Politikerinnen Barbara Prammer und Sabine Oberhause zu den frühesten und lautesten Stimmen im Kampf gegen den Krebs, ehe sie selbst daran verstarben.
„Es war besonders zu Beginn wichtig, dass Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, darüber reden. Sie sollten das Gefühl vermitteln, dass Brustkrebs jeden treffen kann“, sagt Kiefhaber. Und betont: „Niemand muss über seine Erkrankung sprechen. Es ist und bleibt eine höchst persönliche Entscheidung.“
Vor dieser Entscheidung stehen in Österreich jedes Jahr ca. 6.000 Frauen, die eine Brustkrebsdiagnose erhalten (siehe unten) – das sind doppelt so viele Neuerkrankungen wie im Jahr 1985.
Grund zur Hoffnung
Der Anstieg lässt sich vor allem durch die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen erklären, erklärt Brustkrebsexperte Paul Sevelda. Die Zahl der Mammografien hat sich seit Beginn von Pink Ribbon verdoppelt, auch durch das 2014 eingeführte Brustkrebs-Früherkennungsprogramm, das sich an Frauen ab 40 richtet.
„Durch den medizinischen Fortschritt und den Einsatz zielgerichteter Therapien können wir jedoch immer mehr Frauen ermöglichen, mit einer Brustkrebserkrankung ,gesund‘ alt zu werden“, sagt Sevelda. Auch die Überlebensdauer sei im Vergleich zu vor zwanzig Jahren „deutlich gestiegen“.
Die Pandemie stellte Kiefhaber und ihr Team vor neue Herausforderungen. Die Beratungen seien um 35 Prozent gestiegen, zudem musste deutlich öfter finanzielle Soforthilfe geleistet werden. „Betroffene haben Angst, dass sie sich mit Covid infizieren und einen schweren Verlauf erleiden, aber vor allem auch, dass sie für die Dauer der Infektion keine Krebstherapie bekommen können.“
Berührt habe sie zuletzt vor allem die Geschichte einer Frau, die durch den Krebs in finanzielle Not geraten war und nicht wusste, ob sie den Skikurs für ihr Kind oder den Selbstbehalt für ihre Perücke zahlen sollte. „Das ist nur eines von vielen Schicksalen“, sagt Kiefhaber. „Auch nach zwanzig Jahren berührt einen noch jedes einzelne.“
Häufigkeit
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen und die häufigste krebsbedingte Todesursache. Im Jahr 2019 erkrankten daran in Österreich 5.568 Frauen und 63 Männer. 1.610 Patientinnen sind daran verstorben
Aktionsmonat
Am 1. Oktober ist Internationaler Brustkrebstag. Zahlreiche Gebäude, darunter das österreichische Parlament, leuchten rosa
90.000-mal
wurde Brustkrebspatientinnen in den vergangenen zwanzig Jahren durch die Pink-Ribbon-Aktion in Österreich geholfen. 1.400-mal wurde finanzielle Soforthilfe ausbezahlt
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