History: Als in England Zustände herrschten wie bei Game of Thrones
Vor König Charles III. gab es bereits zwei Könige in Großbritannien, die Charles hießen. Beide regierten im 17. Jahrhundert und hatten äußerst turbulente Regierungsjahre. Der Name Charles III. ist keine Anlehnung an diese beiden früheren Könige.
Die Eltern des heutigen Königs, Queen Elizabeth II. (1926–2022) und ihr Mann Philip (1921–2021), fanden den Namen bei der Geburt ihres Sohnes im Jahr 1948 einfach schön, wie sie später einmal sagten. Wer aber waren die beiden Namensvetter, die zuvor auf dem britischen Thron gesessen haben? Und gibt es eine Parallele zwischen Charles III. und seinen Namensvettern?
King Charles I. – Der König, der die Krone verlor
Selbst als es sprichwörtlich um Kopf und Kragen geht, steigt König Charles I. (1600–1649) nicht von seinem hohen Ross herab. Frontal attackiert er seine Richter: "Weil ich Euer König bin, könnt Ihr mir nicht den Prozess machen. Weil ich König bin, kann keine irdische Gewalt mich zur Rechenschaft ziehen."
Das englische Parlament sieht das anders und spricht Charles als den "Urheber, Verursacher und Betreiber all dieser ... widernatürlichen, grausamen und blutigen Kämpfe" schuldig. Am 30. Januar 1649 wird Charles I. vor seinem Palast in Whitehall geköpft.
Er erleidet damit dasselbe Schicksal wie seine Großmutter – die berühmte Maria Stuart (1542–1587). Sie war einst Königin von Schottland gewesen. Nach einem Aufstand war sie nach England geflohen, wo sie von Königin und Großcousine Elisabeth I. (1533–1603) zunächst inhaftiert und dann wegen Hochverrats hingerichtet worden war.
Böse Ironie: Elisabeth hatte keine Kinder. Also wurde nach ihren Tod Marias Sohn Jakob I. (1566–1625) als ihr nächster Verwandter König. Mit ihm beginnt die Ära des Hauses Stuart und die schrittweise Vereinigung von Schottland und England.
Augen für den Absolutismus
Ihm folgt also dann sein Sohn Charles. In Europa tobt da der Dreißigjährige Krieg (1618–1648). Aus dem kann sich Charles heraushalten. Aber er betreibt so seine eigenen Machtspiele. Er führt zunächst Krieg gegen Frankreich.
Der Aufbau einer Armee und das glanzvolle Hofleben, das Charles seinem Rang für angemessen erachtet, kosten Geld, das die Krone nicht hat. Die Bewilligung der Gelder aber ist das traditionelle Recht des Parlaments. Das war aus Adel und Bürgertum schon im 13. Jahrhundert entstanden und hielt die Macht der Könige in Zaum.
Charles I. bekommt kein Geld und ist sauer. Er pfeift nun auf das Parlament. Sein Vorbild sind ohnedies die französischen Könige, die absolut regieren. Er versucht selbst Geld einzutreiben. Er verfolgt zahlungsunwillige Untertanen und droht mit Kerker. Als Charles dann 1640 auch noch führende Abgeordnete verhaften will, reicht es den Eliten des Landes. Sie revoltieren.
Die Hinrichtung der "Majestät"
Von 1642 bis 1648 toben zwei Bürgerkriege. Charles verliert Macht und Leben. Sein großer Widersacher und Englands neue Nummer eins, der Landedelmann Oliver Cromwell (1599–1658), lässt ihn hinrichten. Ausgerechnet der Schau-Prozess hat am Ende die öffentliche Meinung dann noch einmal gedreht. Auf einmal erschien Charles als Garant der alten, von der Monarchie geschützten Ordnung, während die radikalen Republikaner rund um Cromwell England in eine ungewisse Zukunft trieben.
Als Charles aufs Schafott geführt wird, müssen Soldaten die Menge in Schach halten. Selbst der Henker würdigt ihn mit "Majestät". "In dem Augenblick, in dem der Streich fiel, stieg ein allgemeines, grausliches Stöhnen aus der Menge auf", beschrieb ein Chronist die Szene.
King Charles II – Der vergnügte Monarch
1660 haben die Engländer nach elf Jahren genug von der Republik. Die Republik ist eine düstere Ära. Der Sieger im Bürgerkrieg gegen Charles I. (1600–1649), der Landlord Oliver Cromwell (1599–1658), regiert mit Hilfe des Militärs als Diktator.
Rückkehr der Monarchie
Außerdem ist es eine spaßbefreite Zeit. Cromwell und seine Anhänger sind Puritaner – die "Reinen". Das sind die protestantischen Ayatollahs des 17. Jahrhunderts. Kein Vergnügen, kein Tanz, keine Kunst, kein Theater – also auch kein Shakespeare. Nach der Herrschaft der Cromwell-Nachfolger beschließt das Parlament also, dem Sohn von Charles I. die Königswürde zu verleihen, der damals im Exil lebt.
Mit der Krönung von Charles II. (1630–1685) kehrt England am 23. April 1661 zur Monarchie zurück. Zuvor hatte Charles II. alle mit der republikanischen Revolution erfolgten Regelungen der Religionsverhältnisse und Eigentumsrechte (es geht am Ende immer ums Geld) gebilligt. Trotzdem. Für die Puritaner brechen trotzdem harte Zeiten an. Sie werden von den Monarchisten verfolgt und verjagt. Auch Charles hat eine Rechnung offen. Er lässt Cromwell exhumieren und köpfen.
Charles II. gilt als "The Merry Monarch" ("vergnügter Monarch"). Unter Zeitgenossen ist das eine Anspielung auf sein Privatleben. Er zeugt mindestens 14 Nachkommen mit verschiedenen Mätressen. Sein erstes amouröses Abenteuer soll er mit 14 mit seiner ehemaligen Erzieherin gehabt haben. Während seines Exils in Frankreich und den Niederlanden soll er trotz Geldknappheit Orgien zelebriert haben.
Aufstieg des Empires
Politisch intrigiert er als König zunächst mit Frankreichs Ludwig XIV. (1638–1715) gegen die zu der Zeit mächtigen Niederländer. Damals erobert die englische Flotte unter anderem Nieuw Amsterdam (später New York) von den Niederländern.
Durch seine Heirat mit der portugiesischen Prinzessin Katharina von Braganza (1638–1705) kommen die wichtigen Hafenstädte Tanger (Marokko) und Bombay (Indien; heute Mumbai) in den Besitz der Krone. Der Aufstieg des Empire beginnt.
England und der Katholizismus
Als auffliegt, dass Charles heimlich zum Katholizismus übertreten will, schreitet das Parlament ein. Charles muss das Bündnis mit dem katholischen Frankreich beenden und sich auf die Seite der Holländer schlagen.
1685 stirbt Charles II. mit nur 55 Jahren. Da er ausgerechnet mit seiner Frau keine Kinder hat folgt ihm sein Bruder Jakob II. Der aber ist katholisch. Im protestantischen England geht das gar nicht. Also ernennt drei Jahre später das Parlament Jakobs Tochter Maria II. (1662-1694) und ihren holländischen Gemahl Wilhelm von Oranien (1650–1702) zu Königin und König. Jakob II. geht kampflos ins Exil. Der Abstieg des Hauses Stuart beginnt.
Charles III. – Der Nachlassverwalter
Sowohl die erste Ehefrau von Charles III., Diana Spencer (1961-1997), als auch seine zweite Gemahlin Camilla Parker Bowles (geb.: 1947) zählen zu den Nachfahren von Charles II. Sensationell ist das nicht, da im englischen Adel alle irgendwie miteinander verwandt sind.
Ansonsten existiert noch eine politische Auffälligkeit. Das Reich von Charles III. ist in etwa wieder dort angekommen, wo es unter Charles I. war. Charles III. ist zwar noch das Staatsoberhaupt von 14 weiteren Nationen, darunter Kanada und Australien. Doch das einstige Empire existiert nicht mehr.
Abgesehen davon, ist die Macht des Königs seit den Stuart-Königen deutlich reduziert. Sein ganzes Leben lang hat Charles III. geduldig im Schatten seiner Mutter verharrt. Sein fortgeschrittenes Alter und die inzwischen skandalfreie Beziehung zu Königsgemahlin Camilla reduziert zudem die Risiken eines persönlichen Fehlverhaltens, die seine Jugend und seine erste Ehe mit Prinzessin Diana (1961-1997) überschattet haben.
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Und Skandale gab es genug. Im Jahr 1993 etwa sorgte ein heimlich mitgeschnittenes Telefonat aus dem Jahr 1989 zwischen Charles und Camilla für Aufsehen. Der damals noch mit Diane verheiratete Thronfolger säuselte seiner Geliebten in den Hörer, dass er gerne in ihrem Höschen leben und ein Tampon sein würde.
Ein anderes Mal schimpfte er gegenüber seinen beiden Söhnen über Journalisten: „Grässliche Leute. Ich kann die nicht ab. Ich hasse sowas“.
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Charles III. muss aufpassen, dass er nicht ein unpopulärer König wird. Aktuelle Meinungsumfragen aus dem heurigen Jahr zeigen, dass zwar rund zwei Drittel der Briten die Monarchie einer Republik vorziehen, aber die Mehrheit der Untertanen (58 Prozent) sich überhaupt nicht für die Royals interessiert.
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