Entzündliches Rheuma: Wie sich die Therapien verbessert haben

Prinz Charles soll von rheumatoider Arthritis betroffen sein.
Auch Prinz Charles soll betroffen sein – eine „Schockdiagnose“ ist das nicht mehr. Ärzte sprechen von einer Erfolgsgeschichte.

Schockdiagnose“, „unheilbar krank“: So titelten manche Medien Berichte über den britischen Thronfolger Prinz Charles, wonach dieser an „Rheumatoider Arthritis“ erkrankt sein soll. Abgesehen davon, dass es dafür keine offizielle Bestätigung gibt: All jene Menschen, die nachweislich an dieser chronischen Gelenksentzündung erkrankt sind, sollen nicht verunsichert sein, betonen jetzt Rheumatologen: „Die Therapie der rheumatoiden Arthritis ist eine Erfolgsgeschichte der Medizin“, sagen die Spezialisten Josef (AKH Wien / MedUni Wien) und Ludwig Erlacher (Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wien).

Was ist rheumatoide Arthritis genau?

Eine chronisch-entzündliche Gelenkserkrankung. Unbehandelt führt sie zu einer Versteifung, Verformung und letztlich Zerstörung der Gelenke. Die genauen Ursachen sind unbekannt. Vermutet wird ein Zusammenspiel von vererbten Komponenten und äußeren Faktoren wie etwa Infektionen oder auch Nikotinkonsum. Diese führen dazu, dass das Immunsystem körpereigenes Gewebe bekämpft. Das führt schließlich zur Schädigung von Gelenken und manchmal auch von Organen.

Was hat sich bei der Therapie verbessert?

„Es sind drei Dinge anders als früher“, erklärt Erlacher: „Das Bewusstsein ist größer: Vielfach kommen die Patienten heute bei schmerzhaften Gelenken deutlich früher zu einem Rheumatologen – das erhöht die Chance, dass Folgeschäden vermieden werden. Zweitens beginnen wir rascher und mit einer optimaleren Dosierung als früher mit der Basistherapie. Und drittens haben wir immer mehr hochwirksame Medikamente zur Verfügung – Biologika und Small Molecules („kleine Moleküle“), die wir dann einsetzen können, wenn die Patienten auf die Basistherapie nicht ansprechen.“

Entzündliches Rheuma: Wie sich die Therapien verbessert haben

Rheumatologe Ludwig Erlacher

Entzündliches Rheuma: Wie sich die Therapien verbessert haben

Wie wirken diese Medikamente?

„Sie greifen an verschiedenen Stellen direkt in den Entzündungsprozess ein und dämpfen diesen, in dem sie etwa entzündungsfördernde Botenstoffe blockieren“, sagt Erlacher.

Wie groß sind die Therapieerfolge?

„Unser Ziel ist es innerhalb von sechs Monaten eine niedrige Krankheitsaktivität oder sogar einen heilungsähnlichen Zustand zu erreichen“, sagt Smolen. „Das bedeutet, keine geschwollenen Gelenke, keine erhöhten Entzündungswerte im Blut, keine Schmerzen.“ Dies gelinge bereits bei 40 bis 50 Prozent der Patienten sehr gut. „Bei insgesamt 80 Prozent der Patienten kommen wir in Richtung dieses heilungsähnlichen Zustandes.“ Aber auch für die übrigen rund 20 Prozent gebe es gute Nachrichten: „Bei ihnen können wir die Aktivität der Krankheit – und damit die Schwellungen und die Schmerzen – zumindest reduzieren“, betont Smolen. Erlacher ergänzt: „Wir können heute unseren Patienten sagen: Wenn sie regelmäßig zu den Kontrollen kommen und ihre Therapien wie verordnet durchführen, ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein ganz normales Leben möglich.“

Entzündliches Rheuma: Wie sich die Therapien verbessert haben

Welche Nebenwirkungen können die neuen Medikamente haben?

Da sie in Abläufe des Immunsystems eingreifen, erhöhen sie auch das Risiko für Infektionen, etwa jene der Lunge oder der Harnwege. Mit regelmäßigen Kontrollen ist dieses Risiko aber gut in den Griff zu bekommen, betonen die Rheumatologen. Erlacher: „Deshalb ist es auch wichtig, dass nicht jeder Patient sofort diese Präparate bekommt, sondern erst dann, wenn die Basistherapie nicht wirkt. Und man sollte die Dosis zu reduzieren, wenn keine Schwellungen mehr zu sehen sind und im Idealfall auch wieder zu beenden.“

Wie alt sind die Patienten im Schnitt?

Bereits Kinder und Jugendliche können betroffen sein, die meisten Neuerkrankungen gibt es zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, sagt Smolen. Vom abnützungsbedingten Rheuma ohne chronischer Entzündung sind 25 Prozent der Menschen über 60 und rund 40 Prozent der Menschen über 70 Jahre betroffen.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei der altersbedingten Gelenksabnützung?

„Hier haben wir keine Möglichkeit, direkt in den Krankheitsprozess einzugreifen, auch ist der Krankheitsverlauf ein viel langsamerer“, sagt Smolen. Schmerzmittel, physikalische Medizin, Gewichtsreduktion und – ausschließlich bei akuten Schwellungen – Kortisoninjektionen in die Gelenke können die Symptome lindern.

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