Eine Erfindung in der Atem-Not

Eine Erfindung in der Atem-Not
Der kleine Leukämie-Patient Aaron vertrug keine Sauerstoff-Maske. Seine Mutter bastelte deshalb einen "Beatmungsschnuller".

Es war Anfang Jänner 2010: Während für andere Familien nach den Ferien der Schul- und Kindergartenalltag begann, änderte sich für den damals dreijährigen Aaron aus Niederösterreich und seine Familie das Leben schlagartig: "Seine Lymphknoten waren stark angeschwollen (durch die enorme Vermehrung unreifer weißer Blutkörperchen, Anm.), ich fuhr mit ihm ins Krankenhaus", erzählt seine Mutter Karin.

Der Blutbefund war eindeutig: 300.000 krankhaft veränderte weiße Blutkörperchen (Leukozyten) pro Mikroliter Blut statt normalerweise maximal rund 10.000 - Leukämie. "Mit Blaulicht kam Aaron ins St. Anna Kinderspital in Wien. Ein Blutaustausch war notwendig, um die hohe Leukozytenzahl - dadurch kann es u. a. zu lebensbedrohlichen Gefäßverschlüssen kommen - zu reduzieren.

Vier Wochen war Aaron auf der Intensivstation, nach drei Monaten und zahlreichen Komplikationen durfte er erstmals für ein paar Tage nach Hause. "Wir hatten schon Hoffnung geschöpft, dass Aaron es überstanden hat, doch Ende 2010 wurden erneut Leukämie-Zellen nachgewiesen", erzählt die Mutter. Wieder drei Monate Spital, am 21. 3. 2011 dann der "Tag null des neuen Lebens": Aaron erhielt von einem Fremdspender blutbildende Stammzellen transplantiert.

In den Wochen vor der Transplantation musste Aaron aufgrund einer Komplikation phasenweise zusätzlich Sauerstoff bekommen - doch er akzeptierte weder die
Beatmungsmaske noch einen Beatmungsschlauch in der Nase. "Nach der ersten durchwachten Nacht habe ich mir überlegt, ob es nicht noch eine andere Möglichkeit gibt", erzählt die Mutter. Nach einigem Nachdenken hatte sie die zündende Idee: "Ich habe das Beatmungsschläuchchen so am Schnuller befestigt, dass der Luftstrom in Richtung Nase geblasen wurde. Diesen ,Beatmungsschnuller' hat Aaron dann zum Glück akzeptiert."

Wie ihr diese Idee gekommen ist? "Ich bin halt eine Bastlerin und ein Heimwerkertyp. Ich setze mich hin und überlege, welche Lösung des Problems es geben könnte", erzählt die AHS-Professorin: "Ich repariere auch die kaputten Spielsachen." Mit der Motorsäge kann sie ebenfalls gut umgehen: "Ich habe erst vor Kurzem mit meinem Vater ein Gartenhaus gebaut. Mein Mann hat sich in der Zwischenzeit vorbildlich um unsere drei Kinder gekümmert."

Hohe Heilungsrate

Eine Erfindung in der Atem-Not

70 bis 80 Kinder erkranken in Österreich jährlich an einer von mehreren Leukämieformen - etwa 80 Prozent können heute geheilt werden, sagt Univ.-Doz. Michael Dworzak, stv. ärztlicher Direktor des St. Anna Kinderspitals. "Rund ein Viertel benötigt eine sehr intensive Behandlung über einen langen, oft mehrjährigen, Zeitraum. Die Mehrzahl der Kinder kann durch die Chemotherapie allein geheilt werden, rund zehn Prozent bekommen eine Stammzell-Transplantation."
"Der Krebs sollte jetzt nicht mehr kommen", hofft die Mutter von Aaron: "So hoch wie derzeit war seine Chance schon lange nicht."

Elterninitiative: Hilfe für an Krebs erkrankte Kinder

Die Familie von Aaron ist eine von vielen, die jedes Jahr von der "Kinder-Krebs-Hilfe Elterninitiative" für Wien, NÖ und Burgenland unterstützt werden. Etwa durch die Finanzierung einer speziellen Therapie mit Pferden. "Die Kinderkrebshilfe hat für die großen Geschwister, die sehr unter meiner langen Abwesenheit, sowie unter der Sorge um den kleinen Bruder gelitten haben, und auch für Aaron diese Therapie finanziert", erzählt Mutter Karin. Auch in anderen Belangen wird den Familien direkt und schnell geholfen.

Dem KURIER liegt am 1. 11. ein Erlagschein der Kinder-Krebs-Hilfe bei.

Info: Explosion unreifer Leukozyten

Leukämie ("weißes Blut") ist eine Erkrankung des blutbildenden Systems (Knochenmark und Lymphsystem). Der normale Reifeprozess der weißen Blutkörperchen wird unterbrochen, unreife weiße Blutkörperchen nehmen rasch zu. Dadurch kommt es zu einer Verdrängung und verminderten Neubildung der roten und der anderen weißen Blutkörperchen.

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