Drogen im Abwasser: Cannabis weitverbreitet, Anstieg bei Kokain
Was in Österreichs Kläranlagen landet, mag für den Großteil der Bevölkerung unbedeutend wirken. Das Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck hat sich Österreichs Abwässer genauer angesehen.
Als Teil des von der EU geförderten Netzwerk SCORE zum Thema Nachhaltigkeit in Konsum und Produktion wurden mit der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht die Mengen einzelner verbotener Substanzen in den Abwässern europäischer Städte untersucht.
In dem von der Gerichtsmedizin Innsbruck organisierten Teil der Studie wurde der Drogenkonsum in den fünf Kläranlagen Innsbruck, Hall-Wattens, Hofsteig, Millstättersee und Bozen untersucht. Das Abwasser dieser Kläranlagen stammt von insgesamt 70 Gemeinden mit rund 514.000 Einwohnern. Damit ist die Studie die umfangreichste ihrer Art in Österreich und liefert erstmals auch Daten zu THC, dem Wirkstoff in Cannabis, sowie für Südtirol.
Regionale Unterschiede
"Das wichtigste Ergebnis der Studie vorweg: In jeder Kläranlage konnten wir Drogenrückstände nachweisen. Unterschiede gibt es bei der Pro-Kopf-Menge sowohl auf Ebene der untersuchten Substanzen als auch auf Ebene der einzelnen Kläranlagen", berichtet Herbert Oberacher, Leiter des forensisch-toxikologischen Forschungslabors an der Innsbrucker Gerichtsmedizin.
Die Abwasseranalysen ergaben, dass insgesamt ca. sechs bis 15 Gramm Drogen pro Tag pro 1000 Einwohner konsumiert werden. Über 90 Prozent dieser Menge entfällt in Österreichs Abwässern auf THC und vier bis acht Prozent auf Kokain. Im Bozner Abwasser war der relative Anteil von Kokain höher (82 Prozent THC und 18 Prozent Kokain). Amphetamin, MDMA und Methamphetamin machten in allen Abwässern zusammen weniger als ein Prozent der nachgewiesenen Drogenmengen aus. "Die Abwasserdaten lassen mutmaßen, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung regelmäßig Drogen konsumiert", sagt Oberacher.
Eine auf Basis der Abwasserdaten erfolgte Schätzung ergibt einen Schwarzmarktwert der konsumierten Drogen von zehn bis 100 Millionen Euro pro Region beziehungsweise ein österreichweites Umsatzvolumen von weit über einer Milliarde Euro pro Jahr.
Im Rahmen der Studie wurde die Ergebnisse aus Österreich und Südtirol mit jenen von weiteren 79 Städten beziehungsweise Regionen verglichen. Es zeigte sich, dass die untersuchten Abwässer bei allen analysierten Substanzen lediglich Plätze im Mittelfeld einnahmen. "Bezogen auf die von uns untersuchten Abwässer waren die höchsten Pro-Kopf-Mengen an Drogen im Innsbrucker Abwasser zu beobachten. Nur bei Kokain lag das Bozner Abwasser vorne", sagt Oberacher.
Verdoppelung des Kokainkonsums
Die Abwasseranalyse lässt nicht nur geografische Vergleiche zu. Durch die Analyse tagesspezifischer Proben lassen sich auch Unterschiede im Konsumverhalten im Wochenverlauf erkennen.
So sind etwa am Wochenende höhere Kokain-, MDMA- und Amphetaminmengen im Abwasser zu finden als unter der Woche. Die Abwasseranalyse ermöglicht auch eine Langzeitbeobachtung. So wurde in den letzten drei Jahren das Innsbrucker Abwasser an mehr als 200 Tagen auf Drogenrückstände hin untersucht. "Innerhalb von zwei Jahren hat sich die im Innsbrucker Abwasser nachweisbare Menge an Kokain in etwa verdoppelt", sagt Oberacher.
Mehrwert für Drogenpolitik
Relevant seien die Ergebnisse laut Oberacher im Kontext einer nachhaltigen Drogenpolitik. So könnten die Daten staatlichen Behörden und politisch Verantwortlichen als Entscheidungshilfen dienen, um geeignete Maßnahmen auszuarbeiten.
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