Eine bedeutende Komponente könnte in der menschlichen Nase sitzen, wie die Forschungen demonstrieren. So könnten spezialisierte Immunzellen im Riechorgan das Virus im frühesten Stadium abwehren, noch bevor eine Infektion zustande kommt.
Wie die Nase auf das Virus reagiert
In der Studie wurde 36 gesunden Freiwilligen eine Mini-Dosis des Covid-19-Virus in die Nase appliziert. Das Experiment fand im Jahr 2021, die Pandemie hatte gerade einen Höhepunkt erreicht, statt. Die Probandinnen und Probanden hatten keine Covid-Vorgeschichte, waren noch nicht infiziert gewesen – und hatten auch keine Impfung erhalten.
Im Anschluss beobachteten die Forschenden die Aktivität der Immunzellen im Blut und in der Nasenschleimhaut genau. Sechs Personen entwickelten eine Infektion und wurden krank; drei wurden vorübergehend positiv, ohne jedoch Symptome zu entwickeln. Sieben erlebten eine, wie es die Fachleute nennen, "abortive Infektion": Sie wurden nie positiv getestet, aus Bluttests ließ sich aber eine Immunreaktion ablesen.
Besondere Wächter des Immunsystems
Bei jenen, bei denen sich gar kein Infekt einstellte, wies man eine hohe Aktivität eines bestimmten Gens namens "HLA-DQA2" nach: Es trägt auf Zellebene dazu bei, dem Immunsystem anzuzeigen, wenn Viren sich den Weg in den Organismus bahnen. "Diese Zellen nehmen ein kleines Stück des Virus auf, zeigen es anderen Immunzellen und sagen: 'Das ist fremd, ihr müsst es beseitigen'", erklärt Molekularbiologin und Mitautorin Kaylee Worlock.
Bei Personen, die kurzzeitig positiv getestet wurden, verzeichneten die Wissenschafter und Wissenschafterinnen ebenfalls eine rasche Immunreaktion der Nasenzellen binnen eines Tages, sowie eine langsamere Immunreaktion in den Blutzellen. Im Gegensatz dazu zeigten jene, die ein volles Erkrankungsbild entwickelten, eine viel langsamere nasale Reaktion, die im Schnitt erst fünf Tage nach Viruskontakt einsetzte.
Die im Fachmagazin Nature veröffentlichten Ergebnisse deuten darauf hin, dass Menschen mit einer hohen Aktivität des besagten Gens möglicherweise eine effizientere Immunantwort auf Covid haben könnten. Das Virus kommt über die erste Schutzbarriere des Körpers nicht hinaus, kann kaum Schaden anrichten.
"Absolut relevante" Erkenntnisse
Dass die so genannte mukosale Immunität, spricht Immunreaktionen der Schleimhäute, bei Covid-19 eine entscheidende Rolle spielt, sei bekannt, führt Infektiologe Herwig Kollaritsch aus. "Wir wissen, dass die Schleimhäute des menschlichen Organismus den größten und kompetentesten Teilbereich im Immunsystem darstellen", sagt er. Das habe auch "schon früh in der Pandemie den Anstoß gegeben, Nasenimpfstoffe (werden über die Nase verabreicht, Anm.) zu entwickeln". Der große Durchbruch sei hier – anders als etwa bei nasalen Kinderimpfstoffen gegen Influenza – bislang nicht geglückt.
Die neuen Erkenntnisse, dass im Bereich des Nasen-Rachen-Raumes bestimmte Immunzellen und ihr genetisches Profil bei der Abwehr des Virus eine entscheidende Rolle spielen, seien "absolut relevant". Wie die Studienautorinnen und -autoren selbst, hält Kollaritsch es für möglich, dass "dieses Wissen Basis für die Entwicklung neuer Impfstoffe sein könnte".
Spektrum der Immunreaktionen verstehen lernen
"Die Ergebnisse werfen ein neues Licht auf entscheidende frühe Ereignisse, die es dem Virus entweder erlauben, sich festzusetzen oder schnell zu beseitigen, bevor sich Symptome entwickeln", wird Marko Nikolić, Studienleiter und Atemwegsmediziner, im Guardian dazu zitiert. "Wir haben jetzt ein viel besseres Verständnis für das gesamte Spektrum der Immunreaktionen", sagt er außerdem. Was wiederum Basis für die Entwicklung weiterer potenzieller Behandlungen sein könnte, "die diese natürlichen Schutzreaktionen nachahmen".
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