"Bauchgefühl" ist in der Forschung nicht unbedingt fehl am Platz

Symbolbild
Eine neue Methode soll Intuition mit rationalen Auswertungsschritten verbinden und objektive Forschungsergebnisse liefern.

Das Ausblenden von Intuition im Forschungsprozess ist - entgegen gängigen Vorstellungen - nicht immer sinnvoll. Denn unter Umständen können mit Hilfe des " Bauchgefühls" sehr schnell verborgene Zusammenhänge oder auch Widersprüche erkannt werden, berichteten Barbara Kump von der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien und Christina Schweiger von der FH Wien der WKW in einer aktuellen Studie.

Große menschliche Stärke ungenutzt

In der qualitativen Forschung - bei der etwa stark auf Datenerhebung mittels Interviews oder Beobachtung gesetzt wird - werde angestrebt, das "Bauchgefühl" möglichst auszuklammern, also beispielsweise Gespräche möglichst rational und objektiv auszuwerten. Dabei "zergliedere" man Daten zunächst, um danach Zusammenhänge herzustellen. Eine der größten Stärken des menschlichen Gehirns, das intuitive Erkennen von Mustern in den Daten, bliebe hier aber ungenutzt. Denn bei einer intuitiven Herangehensweise betrachte man die verfügbaren Informationen eher "als Ganzes" und nutze außerdem unbewusst viele weitere Informationen.

Die Forscherinnen haben deshalb in ihrer aktuellen Arbeit, die bei der europäischen Management-Konferenz "EURAM 2018" mit dem "Most Inspirational Paper Award" ausgezeichnet wurde, ein Forschungsdesign entwickelt, das die menschliche Intuition mit rationalen Auswertungsschritten verbindet und trotzdem objektive Ergebnisse liefern soll. "Intuition kann oftmals sehr rational sein", erklärte Kump dazu in einer Aussendung der WU.

Ausgangspunkt war ein Forschungsprojekt zur Innovationsfähigkeit von Unternehmen. Bei der Auswertung tauchten innerhalb des Teams verschiedene Konflikte, Metaphern und Assoziationen (etwa "aussterbende Dinosaurier") auf, die sich in den untersuchten Betrieben widerspiegelten und von den Unternehmern als besonders treffend befunden wurden. Ähnlich war es bei den Emotionen. Auf diesem gemeinsamen Muster aufbauend wurde schließlich eine mehrstufige Methode entwickelt.

Eigene Reaktionen auf Daten

Konkret werden dabei beispielsweise Interviews nicht in kleinere Auswertungseinheiten aufgeteilt, sondern jeder Wissenschafter achtet auf die eigene Reaktionen auf die Daten. Das können Emotionen (Ärger über Umgang mit Mitarbeitern), Metaphern ("Das ist wie in einem Feriencamp") oder Bilder ("ein Termitenbau") sein. Anschließend tauschen sich die Forscher untereinander aus und diskutieren die wechselseitigen Reaktionen. Zur Anknüpfung an die rationale Auswertung werden sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die möglichen Widersprüche und Konflikte als Hypothesen formuliert und an den Originaldaten "getestet". Was nicht belegt werden kann, wird verworfen.

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