Frau besteht darauf, mit Doktortitel angesprochen zu werden

Frau besteht darauf, mit Doktortitel angesprochen zu werden
Mit einem Gedicht an der Tür ihres Büros hat eine US-amerikanische Wissenschaftlerin eine Debatte über Feminismus entfacht.

"Shannon, Sharon oder Mrs. McGregor" – so wurde und wird die US-amerikanische Dozentin Shannon McGregor vom Großteil ihrer Studierenden angesprochen. Das will die Kommunikationswissenschaftlerin nicht länger hinnehmen. Vor knapp einem Monat klebte McGregor, die an der University of Utah unterrichtet, deshalb ein Gedicht an die Tür ihres Büros. Die Zeilen stammen von Susan Harlan, einer Professorin für englische Literatur, und drücken aus, was McGregor in ihrer Arbeit als Dozentin täglich erlebt.

"Du kannst mich nicht beim Vornamen nennen"

"Nein, du kannst mich nicht bei meinem Vornamen nennen, und ja, ich weiß, dass ein männlicher Professor dir gesagt hat, dass Titel dumm sind", heißt es in dem Gedicht. Gewisse Männer würden sich nur allzu gern "demonstrativ ihrer einfach gewonnenen Autorität entledigen", die mit ihrem akademischen Titel einhergeht.

Sowohl Harlan als auch McGregor empfinden das als problematisch. Denn dies würde zur Folge haben, dass auch Frauen salopp und ohne Titel angesprochen werden – und das obwohl sie sich diesen hart erarbeitet hätten. McGregor schrieb dazu auf Twitter: "Eine wichtige Botschaft für alle männlichen Professoren: Wenn ihr Studierenden erlaubt, euch mit eurem Vornamen anzusprechen, macht mich das zu der 'anderen Person', die auf ihren hart erarbeiteten Respekt besteht." McGregor ist demnach verärgert darüber, dass sie durch den betont lässigen Umgang, den männliche Professoren oftmals mit ihren Studierenden pflegen, zu einem Außenseiter degradiert wird, der auf der Nennung seines Titels besteht – und dafür nicht selten mit Spott bedacht wird.

"Seid feministische Verbündete"

Sie appelliert daher an ihre Kollegen, sich solidarisch zu zeigen: "Seid feministische Verbündete: Sprecht alle eure Kollegen vor den Studierenden mit ihrem Titel an & bittet eure Studierenden euch ebenfalls so anzusprechen."

Mit ihren Tweets scheint McGregor einen Nerv getroffen zu haben. Bisher wurden die Beiträge über 8.000 Mal gelikt. In den Kommentaren pflichten ihre viele Professorinnen bei, andere finden ihr Anliegen kleinlich.

Uni-Professoren: Frauenanteil wächst langsam

Obwohl im deutschsprachigen Raum das Anredepronomen "Sie" und die schriftliche Höflichkeitsform im universitären Kontext automatisch Distanz und Hierarchie herstellen, waren auch hierzulande lange Zeit Frauen im Studium sowie in der Lehre und Forschung stark unterrepräsentiert.

2014 lag der Frauenanteil an Uniabsolventinnen laut unidata, der Statistik-Datenbank des Wissenschaftsministeriums, in Österreich erstmals bei über 60 Prozent. Männer dominieren allerdings weiterhin das Doktorat. An den Unis steigt der Frauenanteil bei den Professoren unterdessen nur langsam an: In den Jahren 2014 bis 2016 wurden insgesamt 667 Professuren neu besetzt – dabei kamen 202 Frauen (30 Prozent) zum Zug. Das liegt über dem aktuellen Professorinnenanteil von 24 Prozent, wie die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von NEOS-Wissenschaftssprecherin Claudia Gamon durch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am 14. Mai dieses Jahres zeigte.

Deutliche Unterschiede gibt es dabei nach Fachrichtungen und nach Universitäten. Während in den Geisteswissenschaften mit einem Frauenanteil von über 49 Prozent bei den Neuberufungen praktisch Gleichstand erreicht ist, sind die neun Prozent in der Technik und die 19 Prozent in den Naturwissenschaften davon noch weit entfernt. Die Sozialwissenschaften sowie die Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften liegen mit etwa 30 Prozent genau im Schnitt. Das spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Quoten an den Unis: Während die Uni Wien bei den Neuberufungen auf einen Professorinnenanteil von 44 Prozent (59 von 133) kommt, sind es an den Technischen Unis in Wien und Graz nur 16 (fünf von 32) bzw. sieben Prozent (zwei von 28). Aber auch an den Unis mit vergleichbaren Studien können die Unterschiede deutlich sein: Gegenüber den 44 Prozent der Uni Wien nehmen sich die 26 Prozent (18 von 70) der Uni Graz und die 23 Prozent (16 von 69) der Uni Innsbruck bescheiden aus.

Diese Zahlen und die Debatte, die McGregor durch ihren Tweet ausgelöst hat, machen jedenfalls deutlich, dass das Thema nach wie vor polarisiert und an den Universitäten dieser Welt in Sachen Gleichberechtigung noch Nachholbedarf besteht.

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