Haben früher ganze Generationen mit dem Berufswunsch „Friseurin“ in diversen Stammbüchern verewigt, fehlt der Branche heute der Nachwuchs.
„Die Anzahl der Lehrlinge hat sich in den vergangenen zehn Jahren praktisch halbiert, seit 2015 ist sie um 30 Prozent gesunken“, rechnet Wolfgang Eder, Bundesinnungsmeister der Friseure, vor. Nicht nur, weil die Jugend lieber andere Karrierewege einschlägt. „Uns sterben die Ausbildungsbetriebe weg“, sagt Eder. Der Kostendruck steigt, größere Salons bauen Stellen ab, bei überdurchschnittlich vielen Neugründen in der Branche (mehr als 30 Prozent) handelt es sich um Ein-Personen-Unternehmen – und diese bilden so gut wie keine Lehrlinge aus. Die Folge: „Friseur ist heute ein Mangelberuf.“
Schwarzer Schnitt
Zumindest offiziell – die Schattenwirtschaft scheint dagegen zu boomen wie selten zuvor. „In unserer Branche wird etwa jeder fünfte Euro schwarz erwirtschaftet. Das ist um 200 Prozent mehr als im Sektor Bau und doppelt so viel wie in der Beherbergung und Gastronomie“, verweist er auf Zahlen der Statistik Austria. Was ihn besonders ärgert, sind die vielen Billig-Barber-Shops, die mit Kampfpreisen von 15 Euro pro Haarschnitt werben. Erfreulich für den Kunden, weniger fürs Sozialsystem, findet Eder. „Zu solchen Preisen kann man gar nicht arbeiten, wenn man seine Mitarbeiter ordnungsgemäß anmeldet.“ Genau das würde in vielen Betrieben aber nicht passieren. Detail am Rande: 2021 lag die Zahl der geringfügig beschäftigen Frauen in der Branche bei elf Prozent, jene der Männer bei 24 Prozent.
Geht es nach den Vorstellungen des Innungsmeister, müsste es in der Branche viel mehr Kontrollen wegen Sozialbetrug geben – „das hätte zumindest eine Zeit lang eine abschreckende Wirkung“. Eder ist zudem der Meinung, dass all jene, die vom AMS Geld beziehen, keine Zuverdienstmöglichkeiten haben sollten. „Derzeit ist es ja gelebte Praxis, dass viele geringfügig und schwarz dazuverdienen, weil es sich gar nicht auszahlt, eine Vollzeitbeschäftigung anzunehmen, wenn man im Gegenzug diverse Sozialleistungen, wie die Wohnungsbeihilfe, verliert.“
Laut den Angaben der Bundesinnung sind im Friseurhandwerk aktuell 8,8 Prozent der auf dem Markt zur Verfügung stehenden Mitarbeitenden arbeitslos gemeldet – trotz Fachkräftemangel.
Der Kollektivvertragsgehalt für Friseure liegt auch nach der 9,95-prozentigen Erhöhung per 1. April 2023 am unteren Ende der Einkommensskala. Aktuell zählt die Branche rund 9.000 Friseursalons mit insgesamt 20.000 Mitarbeitenden.
Detail am Rande: Aufgrund der Kleinstunternehmerregelung muss bis zu einer Umsatzgrenze von 35.000 Euro keine Umsatzsteuer abgeführt werden. Eder spricht von einer „Zweiklassengesellschaft“, bei der Salons, die Mitarbeiter anstellen, benachteiligt seien. Seiner Schätzung nach liegen bereits 60 Prozent der Betriebe unter dieser Umsatzgrenze. Er fordert eine Mehrwertsteuer-Senkung von 20 auf 10 Prozent, um die Betriebe zu entlasten.
Gehälter
Mit 1. April 2023 steigen die KV-Gehälter für Friseure um 9,95 Prozent auf 1.770 Euro
Frisur sitzt
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