In der teilstaatlichen OMV, Österreichs größtem Industrieunternehmen, spielt es sich wieder heftig ab.
2021 beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat die umstrittene Langfrist-Strategie 2030, sprich, die Transformation von Öl und Gas in Richtung Chemie und Kunststoffe.
Konkrete Schritte wurden bis dato nicht gesetzt. Jetzt aber kommt der Mitaktionär Adnoc, die Abu Dhabi National Oil Company, die knapp 25 Prozent hält, der OMV zuvor.
Adnoc bündelt alle internationalen Chemie- und Kunststoffbeteiligungen und will dieses Business verdreifachen.
Den neuen Chemie-Giganten baut Adnoc rund um die Tochter Nova Chemicals auf. Weiterer Bestandteil soll die Kunststoffgruppe Borouge werden, die zu 54 Prozent Adnoc und zu 36 Prozent Borealis gehört.
Mastermind
Womit wir bei der OMV wären, denn Borealis wiederum gehört zu 75 Prozent den Österreichern und zu 25 Prozent Adnoc. Auch der knapp 25-prozentige Anteil von Adnoc an der OMV soll integriert werden.
Durchaus möglich, dass Adnoc wieder die Mehrheit an Borealis zurückkauft, die OMV zahlte dafür rund vier Milliarden Euro an Abu Dhabi.
Die industrielle Leadership über den neuen Chemie-Riesen hat natürlich Adnoc. Die OMV hätte nichts mitzureden. Sie würde um die 20 Prozent halten, als rentable Finanzbeteiligung. Wie man hört, sollen Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), ÖBAG-Chefin Edith Hlawati und Günther Ofner, Aufsichtsratschef der Staatsholding, bei ihrem Besuch in Abu Dhabi im Vorjahr die Grundzüge schon besprochen haben.
Mastermind hinter dem Deal dürfte Ex-OMV-Chef Rainer Seele sein, der Adnoc berät. Er begann seine Karriere in der deutschen BASF, dem weltweit größten Chemiekonzern. Seele möchte, hört man aus der Branche, ein arabisches Gegenstück zu BASF zimmern.
Der Deal soll noch heuer durchgezogen werden. Damit aber hat sich die geplante Transformation der OMV, langfristig raus aus dem traditionellen Öl- und Gas-Geschäft in Richtung Chemie und Kunststoff, erledigt.
Umso wichtiger wird daher wieder der Energiebereich. E&P (Exploration & Production) soll wieder das Kernstück werden, hört man aus Eigentümerkreisen.
Insider sorgen sich jedoch, dass die OMV unter CEO Alfred Stern das Öl- und Gasgeschäft, die Cash-Cow der OMV, vorzeitig zurückfährt.
Heute, Donnerstag, dürfte sich der Aufsichtsrat der ÖBAG ausführlich damit beschäftigen. Vorgeladen zur Fragestunde ist der neue E&P-Vorstand, Berislav Gaso, ein ehemaliger Manager der ungarischen MOL. Stern soll digital dabei sein.
Stern will die Förderung in Malaysien und Neuseeland verkaufen. Das, obwohl die OMV dort eine Milliarde Dollar investierte und die Produktion ab 2023 auf 60.000 Barrel pro Tag versechsfacht wird, das Projekt also jetzt so richtig in Schwung kommt.
Skeptiker befürchten, dass der OMV beim Abverkauf von einzelnen E&P-Standorten im Konzern die Cashflow fehlt, um die Förderung in Österreich und Norwegen für die Zukunft zu stabilisieren. In E&P muss laufend viel investiert werden, ansonsten dünnen die Fördermengen aus und Produktionen würden stillgelegt. Mit allen negativen Konsequenzen für die Energieversorgung und den Standort Österreich.
Für die Fokussierung des Energiebereichs fehlt es der OMV allerdings derzeit an fachlich geeignetem Personal. Sowohl Aufsichtsrat als auch Vorstand haben zu wenig Energie-Expertise.
Mit der Hauptversammlung am 31. Mai läuft das Mandat von Aufsichtsratschef Mark Garrett ab. Er dürfte, wie der KURIER bereits berichtete, nicht verlängert werden. Der einzige Energie-Experte im Aufsichtsrat ist Univ.Prof. Karl Rose, fraglich aber, ob er den Vorsitz übernimmt.
Chemie-Experte Sternwerden Ambitionen nachgesagt, in die Borealis zurückzukehren. Dort aber sitzt längst schon der ehemalige Seele-Vertraute Thomas Gangl als CEO und macht, wie man hört, einen guten Job. Zufall, dass Gangl kürzlich von Stern mit Rückendeckung von Garrett nicht entlastet wurde? Der Streit wird von den Eigentümern nicht goutiert.
Ausgerechnet in diesen turbulenten Zeiten kam der OMV ihr langjähriger E&P-Chef Johann Pleininger abhanden, dessen Vertrag nicht verlängert wurde. Der Top-Manager dockt mit Mai bei Tatweer Petroleum an, der nationalen Öl- und Gasgesellschaft von Bahrain. Als CEO, versteht sich.
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