Wohnungsnot treibt die Preise

Wohnungsnot treibt die Preise
Die Zahl der Neubauten sinkt. Sozialpartner fordern Wiedereinführung der Zweckbindung.

Die steigenden Preise fürs Wohnen sorgen nicht nur für Wahlerfolge bei den Grazer Kommunisten. Auch die Sozialpartner beobachten die Entwicklung mit Sorge. Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer drängen die Regierung nun gemeinsam, gegenzusteuern.

Rund 2,7 Milliarden Euro beträgt das gesamte Volumen der Wohnbauförderung, 1,8 Milliarden zahlt der Bund an die Länder. Seit 2008 sind diese Mittel aber nicht mehr zweckgebunden. Die Folge: Die Zahl der geförderten Wohnbauten geht zurück (siehe Grafik). AK-Direkter Werner Muhm pocht nun gegenüber dem KURIER auf eine erneute Zweckbindung: „Die Wohnbauförderung muss wieder fürs Wohnen eingesetzt werden und darf nicht zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet werden.“

Wohnungsnot treibt die Preise

Alle Länder müssten „über die Zweckbindung wieder verpflichtet werden, die vom Bund überwiesenen Wohnbaufördergelder und die Rückflüsse aus der Wohnbauförderung gänzlich für den Wohnbau zu nutzen.“

Ähnlich lautet die Forderung der Wirtschaftskammer: Die Wohnbauförderung sei zwar Aufgabe der Länder. „Die Mittel, die zu einem wesentlichen Teil aus den Lohnnebenkosten gespeist werden, müssen aber wieder zweckgebunden verwendet werden“, so Präsident Christoph Leitl. „Damit könnte das Volumen bei Neubauten und der thermischen Sanierung erheblich gesteigert werden.“

7000 Wohnungen fehlen

Tatsächlich blieb die Höhe der Mittel seit 1996 zwar konstant. Neben der fehlenden Inflationsanpassung (–450 Millionen) wirkt sich auch eine neue Verteilung der Gelder negativ auf den Wohnbau aus: „2008 flossen noch 67 Prozent der Wohnbaumittel in den Neubau, 2011 waren es nur noch 57 Prozent“, klagt Karl Wurm, Chef des Verbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV). Andere Quellen sprechen gar nur von 49 Prozent, wenn man die Mittel für die Eigenheim-Schaffung abziehe. Laut Wurm fließen die Gelder vermehrt Richtung Sanierung und persönliche Wohnbeihilfe.

Wurm klagt: „Die Neubauproduktion hinkt dadurch der Nachfrage hinterher.“ Rund 7000 Wohnungen pro Jahr würden fehlen. „Das führt zu einem Preisauftrieb.“ Allein in Wien ortet Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen eine Lücke von 2000 Wohnungen. Zum fehlenden Angebot käme „die Flucht aus der Geldanlage“. Heißt: Investoren kaufen statt Aktien Wohnungen. Er plädiert für einen Mechanismus, der sicherstellt, dass die Länder dauerhaft für ausreichenden Neubau sorgen: „Ungeachtet kurzfristiger wahlpolitischer Initiativen.“

Seiner SPÖ wirft er Untätigkeit vor, den Ländern will er die Fördergelder wegnehmen, Hofratswitwen den Mieterschutz aufkündigen. SPÖ-Abgeordneter und Bau-Gewerkschafter Josef Muchitsch über ...

die SPÖ als Mieterpartei „Wie Graz zeigt, hat die SPÖ das Thema eindeutig vernachlässigt. Leistbares Wohnen ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Graz zeigt, wenn man das Thema ernsthaft betreibt, kann man punkten. Mein großer Traum wäre, dass die SPÖ das Thema wieder bundesweit stärker annimmt und sich für die Zukunft klar positioniert.“

steigende Wohnkosten „Ein Viertel der Haushalte gibt bereits rund die Hälfte des Einkommens für Wohnen aus. Für 2012 rechnen wir mit weiter steigenden Wohnpreisen. Die durchschnittliche Kaltmiete (inkl. BK, ohne Heizung) wird im geförderten Wohnbau auf 6,2 Euro pro Quadratmeter, im freifinanzierten Bereich auf 7,4 Euro pro Quadratmeter steigen. “

Gegenmaßnahmen „Uns schwimmen die Instrumente für leistbares Wohnen davon. Mit Aufhebung der Zweckwidmung errichten wir immer weniger geförderte Wohnungen. Zudem hat man verabsäumt, eine Grundstücksbevorratung zu machen.“

günstige Wohnungen „Die Anzahl der geförderten Wohnungen ist zwischen 2009 und 2011 kräftig gesunken. Private investieren zwar kräftig, aber es ist nicht Aufgabe des privaten Marktes, Wohnungen für einkommensschwache Haushalte zu bauen. Das muss wieder Aufgabe der Politik sein.“

Wohnbauförderung „Nur noch 49 Prozent der Wohnbauförderung fließen in den Bau von Wohnungen. Immer wieder wurden Dinge gefördert, die hier nichts verloren haben. In Klagenfurt gab es Geld fürs Stadion, in Tirol für einen Bahnhof, in der Steiermark für Alarmanlagen. Das Geld darf nicht das Taschengeld für Landesfürsten sein. Die Wohnbauförderung gehört weg von den Ländern. Es braucht eine Bundeswohnbauagentur und eine bedarfsorientierte gesicherte Förderung.“

Mietobergrenzen „Man kann natürlich überall einen Deckel draufgeben. Aber von Beschränkungen profitieren auch die Wohlhabenden. Das stört mich. Es ist nicht zu erklären, dass auch die Hofratswitwe zu einem Spottpreis wohnt. Das Mietrecht soll zum Schutz von Einkommensschwachen da sein.“

Das Land Salzburg beschreitet bei der Wohnbaufinanzierung neue Wege und gilt als Vorzeige-Modell. Wohnbau-Landesrat Walter Blachfellner (SPÖ) ist demnächst in Wien zu einem Vortrag eingeladen. Er sagt, die Grundidee sei dem ursprünglichen Bausparkassenmodell abgekupfert. Und so funktioniert es:
Früher ging Frau Huber zur Landes-Hypo, nahm einen Kredit auf, das Land schoss aus der Wohnbauförderung die Zinsen zu. Heute geht Frau Huber zum landeseigenen Wohnbaufonds. Dieser gibt ihr den Kredit zu zwei Prozent Fixzinsen auf 30 Jahre. Blachfellner: „Bei einer 90-Quadratmeter-Wohnung erspart man sich 42.000 € Zinsen, die früher die Bank bekam. Jetzt sind wir selbst die Bank.“

Auf diese Art und Weise gelang es im Land Salzburg: Das Volumen für den Wohnbau von 170 Millionen im Jahr 2005 auf 280 Millionen im Jahr 2012 zu erhöhen und damit um 800 Wohnungen im Jahr mehr zu bauen und zusätzlich im selben Zeitraum den außerbudgetären Schuldenstand des Landes beim Wohnbau von 1,5 Milliarden auf 1,2 Milliarden zu verringern.

Blachfellner: „Das Beste an dem Modell ist: In fünfzehn Jahren wird es selbsttragend sein. Da kommen dann so viele Mieteinnahmen herein, dass wir damit den gesamten geförderten Wohnbau finanzieren können.“

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