Kurt Egger ist viel in ganz Österreich unterwegs. In seiner Rolle als Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes besucht er Unternehmen in allen Bundesländern. Und dabei geht es nach seiner Aussage primär um ein Thema: die fehlenden Arbeitskräfte. Aktuell sind es laut dem Stellenmonitor des Wirtschaftsbundes rund 185.000 offene Stellen. „Lange Zeit waren es konstant mehr als 200.000“, sagt Egger im KURIER-Gespräch. Die (auch saisonal bedingten) Probleme in der Baubranche hätten zu einem leichten Rückgang geführt.
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„Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist der Personalmangel herausfordernd. Es fehlt an Wertschöpfung und Steuereinnahmen werden liegen gelassen.“ Hinzu komme die Debatte über die Senkung der wöchentlichen Arbeitszeit. „Wir sollten eher darüber diskutieren, mehr statt weniger zu arbeiten“, sagt Egger. Das würde schon eine spürbare Entspannung bringen. Die durchschnittliche Arbeitszeit sei ohnehin in den vergangenen Jahren von über 33 auf knapp unter 30 Stunden gesunken.
Den Mangel reduzieren helfen würde auch längeres Arbeiten im Alter. „Es wäre schon super, wenn wir das Regelpensionsalter erreichen würden.“ Und danach Menschen, statt in Pension zu gehen, vor allem in KMU Teilzeit arbeiten würden. „Da geht aktuell viel Erfahrung verloren.“
Die Abschaffung der Arbeitnehmer-Pensionsbeiträge für arbeitende Pensionisten sei ein erster Schritt gewesen, aber es müsse nachgeschärft werden. Es sollte nur die Unfallversicherung selbst gezahlt werden müssen, „aber dafür gibt es keine politische Mehrheit“, bedauert Egger.
Bürokratieabbau
Für den Wirtschaftsbund wäre auch ein Bürokratieabbau nach deutschem Vorbild sinnvoll. „Deutschland hat dazu 2006 ein Beratungsgremium mit dem martialischen Namen Nationaler Normenkontrollrat geschaffen.“ Seine Hauptaufgabe sei es, Folgekosten neuer Gesetze und Verordnungen für Bürger und Verwaltung zu begrenzen. Der NRK werde von Anfang an im Gesetzgebungsprozess mit einbezogen. Wesentliche Gesetze und Verordnungen werden zwei Jahre nach Inkrafttreten vom Statistischen Bundesamt nachgemessen.
Unabhängige Experten hätten es so nach einigen Jahren geschafft, ein Viertel der Bürokratiekosten zu reduzieren. „Wir wollen nicht, dass es keine Regeln gibt, aber sie sollen nicht überbordend sein.“ Im Bereich Handwerk und Gewerbe liege die Regulierungsdichte in Österreich um 25 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der EU 15. Und wesentliche Steuergesetze hätten zusammen mit den abgeleiteten Verordnungen und Erlässen ein hohes Ausmaß an Unübersichtlichkeit und Komplexität erreicht.
Es gehe dabei aber auch um jene Regeln, die von der EU mit einem gewissen Spielraum vorgegeben würden. „Österreichs Tendenz ist eher überschießend.“ Dabei wären einheitliche Regeln wichtig im Wettbewerb. „Derzeit werden Hürden dort aufgebaut, wo andere Kontinente nur milde lächeln, etwa beim Green Deal.“ Niemand sei gegen Klimaschutz, aber man soll sich nicht selbst ohne Notwendigkeit fesseln. Es sei notwendig, Konsumenten zu schützen und zugleich Unternehmen Luft zum Atmen zu geben. Gleiches gelte für das Lieferkettengesetz. „Das betrifft nicht nur Große, weil Kleine sind deren Zulieferer. Und sie müssen sich auch daran halten, um Lieferant zu bleiben.
Bildung
Ein wichtiges Anliegen ist Egger, die Bildungsdefizite zu reduzieren. „Man muss schon bei der frühkindlichen Bildung anfangen, die sozialen Unterschiede werden dadurch besser abgefedert.“ Zudem fordert er die verpflichtende Überprüfung der Deutschkenntnisse im vierten Lebensjahr, „damit die Kinder nicht schon mit Defiziten in die Schule starten“. Derzeit gebe es de facto keine Konsequenzen, wenn Kontrollen nicht durchgeführt werden bzw. gebe es nur stichprobenartige Überprüfungen. „Wenn Sprachdefizite vorhanden sind, soll es ein verpflichtendes Vorschuljahr geben, um diese aufzuholen.“ Mit den Maßnahmen könnte auch die Beschäftigung steigen.
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Egger ist allerdings bewusst, dass dies trotz der 4,5 Mrd. Euro der Bundesregierung für die Gemeinden eine finanzielle und organisatorische Herausforderung werde. „Und es fehlen die ausgebildeten Arbeitskräfte.“
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