Tojner-Schadenersatzklage: Petrocelli im Burgenland
Nicht mehr ganz jugendlichen Semestern ist die amerikanische TV-Serie Petrocelli noch ein Begriff, die Ende der 1970-er Jahre auch in Österreich ausgestrahlt wurde. Die Hauptfigur Tony Petrocelli, ein idealistischer Strafverteidiger italienischer Herkunft, hatte ein großes soziales Herz und vertrat die kleinen Leute, die ihn oft gar nicht bezahlen konnte. Der moralische Sieg war ihm wichtiger als Geld.
Die Petrocelli GmbH in Wien, deren Firmenname der US-Serie entlehnt ist, dürfte keine Probleme mit notleidenden Kunden haben. Sie hat dem Investor Michael Tojner in zwei Honorarnoten insgesamt 165.000 Euro für Rechtsberatung im Zeitraum Jänner bis Juni 2019 verrechnet. Der Betrag ist längst an Petrocelli überwiesen.
Tojner hat die Summe heuer im Sommer vom Land Burgenland eingeklagt, gemeinsam mit weiteren Anwalts-, Gutachter- und PR-Beratungskosten, insgesamt 1,3 Millionen Euro.
Hinter Petrocelli steht der ÖVP-nahe ehemalige Justizminister und Ex-Richter am Verfassungsgerichtshof, Wolfgang Brandstetter. Er gründete die Firma vor Jahrzehnten, Unternehmensgegenstand ist laut Gesellschaftsvertrag die Durchführung von Filmproduktionen, Filmausstattung, der Verleih von Requisiten, Regie, Drehbücher etc.
Dieser Firmenzweck ist wohl nicht mehr ganz aktuell. Für die Zeit seiner Ministertätigkeit 2013 bis 2017 legte Brandstetter Petrocelli still, die Eigentümerschaft hatte er abgegeben. Petrocelli hat aber nicht ausgedient, mit dem Ausstieg aus der Politik wurde die Firma reaktiviert. Der Ex-Minister und Strafrechtsprofessor ist weiterhin, auch international, beratend aktiv.
Brandstetter beriet u. a. Tojners Anwalt Karl Liebenwein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt bekanntlich gegen Tojner und zahlreiche Beschuldigte aufgrund einer Betrugsanzeige des burgenländischen SPÖ-Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil. Tojner wird vorgeworfen, an das Land bei den Deals mit drei Wohnbaugenossenschaften zu wenig Abschlagszahlung geleistet zu haben. Doskozil beziffert den Schaden mit 180 Millionen Euro.
Außerdem wirft die WKStA wie berichtet dem inzwischen suspendierten höchsten Strafrechtsbeamten des Justizministeriums, Christian Pilnacek, vor, eine anstehende Hausdurchsuchung bei Tojner an Brandstetter verraten zu haben.
Offensive
Im Sommer ging Tojner in die Offensive. Er wirft dem Land vor, mit der Strafanzeige Anfang 2019 dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen gesetzeswidrig Medien zugespielt zu haben. Die Anzeige sei bereits breit veröffentlicht worden, als er noch gar nicht darüber informiert war. Das habe ihm hohe Kosten eingebracht, er habe für seine Unternehmensgruppe und seine Familie Schaden abwenden müssen. Tojners Anwälte meinen, einen Beweis dafür im Bericht des Landes-Rechnungshofes vom Mai 2020 gefunden zu haben. Die Prüfer listen in auffälliger zeitlicher Nähe zur Strafanzeige Anwaltskosten sowie Honorare eines Kommunikationsberaters (29.100 Euro) auf.
Wozu die Beauftragung von Anwälten, wenn ohnehin die WKStA ermittelt? Und wozu eine PR-Agentur, wenn das Land eine eigene Pressestelle hat?
Nach zwei Verhandlungen im Juni in Eisenstadt wurde kürzlich ein Oktober-Termin auf Dezember verlegt. Wegen Vergleichsgesprächen.
Brandstetter, der sich bereits einmal entschuldigen ließ, ist wieder als Zeuge geladen. Das kann spannend werden, denn es ist gut möglich, dass die Petrocelli-Rechnungen nach unten korrigiert werden müssen.
Brandstetter wird Auskunft darüber geben müssen, in welchem Umfang sein Tojner verrechnetes Honorar tatsächlich die Medien-Aktivitäten des Landes betrifft. Und nicht auch das Strafverfahren gegen Tojner persönlich. 165.000 Euro nur für die Medien-Sache wäre etwas zu üppig. Den von Liebenwein bei Gericht eingereichten Petrocelli-Rechnungen sind keine Leistungsverzeichnisse beigelegt.
„Ich schließe gänzlich aus, dass das Land Burgenland ein wie immer geartetes Fehlverhalten gesetzt hat. Die Vorwürfe sind schlichtweg falsch und wohl eine Reaktion auf die Entwicklung des laufenden Ermittlungsverfahrens der WKStA. Meiner Meinung nach handelt es sich um den Versuch, die Verteidigungskosten des Herrn Dr. Tojner auf die Steuerzahler abzuwälzen“, sagt der Anwalt des Landes, Johannes Zink, gegenüber dem KURIER.
Liebenwein will die Schadenersatz-Klage nicht kommentieren. In der Wohnbau-Causa hofft er nach wie vor auf einen Vergleich: „Wir sind wieder in Gesprächen mit dem Land und versuchen eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Um die Fehler, die beim damaligen Verfahren (Bewertung für die Abschlagszahlung) passiert sind und die der Rechnungshof klargelegt hat, aufzuarbeiten“.
Zur möglicherweise verratenen Hausdurchsuchung verweist Liebenwein darauf, dass eine Hausdurchsuchung von den Beschuldigtenvertretern „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ angenommen werden konnte. Aufgrund der vielen Ordnungsnummern, die aus dem Akt herausgenommen worden waren. Genau dasselbe passierte bekanntlich vor den Hausdurchsuchungen bei Ex-Kanzler Kurz & Co.
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