Wirecard fliegt noch im August aus dem DAX
Die Deutsche Börse hat angesichts der Insolvenz des DAX-Mitglieds Wirecard ihr Regelwerk überarbeitet. Gemäß der neuen Regeln werden insolvente Unternehmen nun mit einer Frist von zwei Handelstagen aus den DAX-Auswahlindizes herausgenommen.
Die Regeländerung tritt mit Donnerstag, 19. August in Kraft. Die sich daraus aktuell ergebenden Veränderungen in der Zusammensetzung von DAX und TecDAX werden entsprechend am selben Abend nach 22.00 Uhr bekanntgegeben und nach Börsenschluss am Freitag, 21. August, umgesetzt.
Wer nimmt Platz von Wirecard ein?
Erwartet wird von Index-Experten bereits, dass der Corona-Krisengewinner und Online-Essenslieferant Delivery Hero den Platz der in einen Bilanzskandal verstrickten und inzwischen zahlungsunfähigen Wirecard einnehmen wird. Chancen wurden aber auch dem Duftstoff- und Aromenhersteller Symrise eingeräumt.
Im Technologiewerte-Index TecDAX gelten die beiden Unternehmen LPKF und Stratec als die Favoriten für den frei werdenden Platz des Zahlungsabwicklers.
"Gewerbsmäßiger Bandenbetrug"
Wirecard selbst hatte im September 2018 den frei gewordenen Platz der Commerzbank im DAX eingenommen. Im Juni dieses Jahres kam es dann zum Eklat. Der Konzern räumte Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro ein. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht mittlerweile von einem "gewerbsmäßigen Bandenbetrug" bei Wirecard aus, und zwar seit 2015.
Die neue Regelung zu insolventen Unternehmen wurden von der Deutschen Börse im Rahmen einer Marktkonsultation in den vergangenen drei Wochen abgestimmt. Konkret bezieht sich die Änderung auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als ein gesetzlich festgelegtes Verfahren und umfasst alle relevanten öffentlichen Mitteilungen dazu, präzisierte der Marktbetreiber aus Eschborn bei Frankfurt. Da auch Unternehmen aus anderen EU-Staaten Indexmitglied werden können, beziehe sich die Regelung daher nicht nur auf das deutsche Insolvenzrecht.
Im milliardenschweren Bilanzskandal bei Wirecard fahndet das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) öffentlich nach dem flüchtigen Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek. Der Österreicher war bis Juni 2020 Vorstandsmitglied bei Wirecard. Der Fall wurde nun Thema bei der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst".
"Aufgrund der derzeitigen Ermittlungsergebnisse wird ein Aufenthaltsort des Gesuchten im Ausland für sehr wahrscheinlich gehalten", teilte das deutsche Bundeskriminalamt am Mittwoch in Wiesbaden mit.
Marsalek wird verdächtigt, zusammen mit anderen Beschuldigten die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen des Zahlungsdienstleisters durch Scheingeschäfte aufgebläht zu haben, um so das Unternehmen finanzkräftiger und für Investoren und Kunden attraktiver darzustellen. Die Ermittler verdächtigen ihn des besonders schweren Falls der Untreue und des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Banken und Investoren über drei Milliarden Euro verloren haben könnten.
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