Wifo-Tourismus-Experte: „Skeptisch, ob Städte altes Niveau erreichen“

Wifo-Tourismus-Experte: „Skeptisch, ob Städte altes Niveau erreichen“
Das Ende der Billigtickets ist nur ein Grund, warum Städte schwer an ihre alten Erfolge anschließen können, meint Oliver Fritz

„Es geht von Monat zu Monat weiter bergauf“, kommentiert Oliver Fritz, Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), die Buchungsentwicklung in Österreich. „Lagen die Nächtigungszahlen im Dezember noch 46,5 Prozent unter dem Vergleichsmonat 2019, so betrug das Minus im Jänner 32,6, im Feber 25 und im März 19,1 Prozent“, erläutert Fritz am Rande des Hotelierskongresses der ÖHV diese Woche in Wien.

In der Bundeshauptstadt fehlen Geschäftsreisende wie Touristen aus Übersee. „Ich bin skeptisch, dass Städte überhaupt noch einmal das Vorkrisenniveau erreichen“, sagt Fritz. Auch aus ökologischen Gründen. Denn nimmt Europa seine Ansagen in Richtung Umweltschutz ernst, wird Fliegen zwangsläufig teurer bzw. höher besteuert. Fritz: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir wieder Flüge nach London um 20 Euro sehen werden.“

Dazu kommt, dass Geschäftsleute tendenziell eher die Kamera am Computer einschalten, als sich für einen zweistündigen Geschäftstermin in ein Flugzeug zu setzen. „Optimistischer bin ich bei Kongressen, da diese auch wegen der Kommunikation abseits des offiziellen Programms besucht werden. Das kann man nicht in die virtuelle Welt verlegen.“

Relativer Höhenflug

Jedenfalls ungebrochen ist die Urlaubslust. 2021 haben die Österreicher um 28 Prozent mehr Urlaube gemacht als im Jahr zuvor. Klingt viel, ist aber relativ. Die Reisetätigkeit liegt nämlich nach wie vor um fast ein Viertel unter dem Vorkrisenniveau, geht aus den Zahlen der Statistik Austria hervor (siehe Grafik).

Jede dritte Reise entfiel demnach in die Kategorie Bekannten- und Verwandtenbesuche, 60 Prozent der Urlaube fanden innerhalb der eigenen Landesgrenzen statt. Ein geliehener Erfolg. Denn heuer dürfte es viele wieder ans Mittelmeer ziehen. „Der Boom im Inland wird nicht mehr so groß sein wie in den vergangenen zwei Jahren“, schätzt Fritz.

Was nichts daran ändert, dass die Feriendestinationen in den Bundesländern schon jetzt gut gebucht sind, wie etwa Leo Bauernberger, Chef des Salzburg Land Tourismus, bestätigt. 39 Prozent seiner Gäste kommen aus Deutschland, 20 Prozent aus Österreich, zehn Prozent aus den Niederlanden. „In der Pandemie konnten wir Gäste zurückgewinnen“, sagt Bauernberger. Die Buchungslage für den Sommer sei gut. Mehr als 90 Prozent der Gäste kommen aus den genannten Ländern und Osteuropa, Fernreisende spielten seit der Pandemie eine kleine Rolle.

Urlaub statt Elektronik

Dass die Österreicher wieder mehr Geld für Urlaub ausgeben, spiegelt sich in einer aktuellen E-Commerce-Umfrage des Handelsverbands wieder. Demnach haben die Österreicher im Vorjahr mit hochgerechnet 23 Milliarden Euro in etwa so viel im Internet ausgegeben wie im Jahr zuvor. Allerdings floß davon deutlich weniger in den Erwerb physischer Waren (für Unterhaltungselektronik wird zum Beispiel ein Minus im Onlineumsatz von 36 Prozent ausgewiesen). Dagegen wurde viermal so viel für Charter- und Pauschalreisen ausgegeben, für Hotelzimmer immerhin um 22 Prozent mehr, so die Erhebungen des Handelsverbands.

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