Wifo-Studie: „Es braucht Plätze, wo man sich treffen kann“
Es passiert nicht oft, dass man die Möglichkeit für so breit angelegte Studien bekommt, sagt WIFO-Chef Christoph Badelt. Die Lebenssituation von 16.000 Niederösterreichern hat sein Institut unter die Lupe genommen, mit besonderem Augenmerk auf die Bereiche Arbeit, Wohnen, Mobilität und Lebenszufriedenheit im Allgemeinen. Auftraggeber war die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien.
Das Ergebnis in kurzen Worten: „Den Niederösterreichern geht’s gut“, sagt Badelt. Ein paar Eckpunkte dazu liefert Studienautorin Sandra Bilek-Steindl: 88 Prozent haben eine hohe Lebenszufriedenheit, 42 Prozent engagieren sich ehrenamtlich, 70 Prozent leben im Eigentum, 68 Prozent pendeln – durchschnittlich 30 bis 60 Minuten am Tag. Letzteres meist mit dem eigenen Fahrzeug (72 Prozent). Homeoffice und Gleitzeit sieht fast jeder Zweite (48 Prozent) als Möglichkeit, um Arbeit und Familie besser unter einen Hut zu bekommen.
„Natürlich macht es einen Unterschied, ob man in Perchtoldsdorf oder in einem Dorf im Waldviertel lebt“, sagt Badelt. Aber letztlich würde es überall Plätze brauchen, an denen sich die Menschen treffen und austauschen können. Egal ob im Kaffeehaus, bei einer Kulturveranstaltung oder bei Weiterbildungsangeboten. Hier will auch die RLB NÖ-Wien ansetzen, wie Obmann Erwin Hameseder betont: „Wir tragen die Erkenntnisse aus der Studie an die Spitzen der Politik und an die Bürgermeister heran.“ Und die Genossenschaft wolle auch eine aktive Rolle spielen, wenn es darum geht, Wertschöpfung in der Region zu halten.
Als ein Vorzeigebeispiel gilt Eichgraben. Dort hat die Raiffeisenbank Wienerwald gemeinsam mit dem gemeinnützigen Verein eine Elektro-Infrastruktur aufgebaut. Hameseder: „Dazu gehören mittlerweile vier Fahrzeuge, die laufend in Einsatz sind.“ 70 ehrenamtliche Fahrer helfen anderen Gemeindebürgern mit Fahrtendiensten, etwa bei Amtswegen. Bilanz fünf Jahre nach Start des Projekts: Die Fahrer haben mit den E-Autos des Vereins mehr als 50.000 Fahrten und mehr als 300.000 Kilometer zurückgelegt.
Botenfahrt im E-Auto
In der Gemeinde Scheibbs setzte die Bank dagegen auf die soziale Infrastruktur. Studien zufolge geht der Zusammenhalt in einem Ort spätestens dann flöten, wenn das letzte Gasthaus schließt und damit der zentrale Umschlagplatz für Neuigkeiten aller Art wegbricht. Als in Scheibbs das Kaffeehaus dicht machte, funktionierte die Bank kurzerhand einen ihrer Räume in einen Treffpunkt um. Kaffeeautomat und Automaten mit regionalen Lebensmitteln – von Käse bis Milch – inklusive. Überhaupt sollen die Räume der Bankfilialen vielerorts für neue Zielgruppen geöffnet werden, sagt Hameseder. Etwa für Jungunternehmer, die sich mit anderen ein Büro teilen – auf neudeutsch: einen Coworking-Space.
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