Hameseder: "Es ist unsere Pflicht zu helfen"

Die Versorgung mit den notwendigsten Lebensmitteln funktioniert im Krisengebiet. Jetzt bedarf es vor allem auch Saatguts, um die nächste Ernte zu retten.
Raiffeisen-Obmann Hameseder über die Folgen der Flut-Katastrophe in Südosteuropa.

KURIER AID AUSTRIA unterstützt die Flut-Opfer in Bosnien, Serbien und Kroatien. Einer der Aktionspartner, Erwin Hameseder, Obmann der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, dankt den KURIER-Lesern für die große Spendenbereitschaft und bittet um weitere Mithilfe.

KURIER: Raiffeisen macht sich für die rasche und umfassende Hilfe für die vom Hochwasser betroffenen Regionen in Südosteuropa stark. Warum?

Hameseder: "Es ist unsere Pflicht zu helfen"
Mag. Erwin Hameseder, Aufsichtsratspräsident der Raiffeisen Zentralbank und Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien, im Interview. Wien, Raiffeisen-Haus am 06.11.2013.
Erwin Hameseder: Bei der Flutkatastrophe haben unglaublich viele Menschen ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Ernten wurden vernichtet und somit vielen Familien ihre Existenzgrundlage genommen. Es ist unsere Pflicht als Nachbarn, zu helfen, diese Existenzgrundlage wieder aufzubauen. Raiffeisen unterstützt seit vielen Jahren mit seinem Netzwerk in Kooperation mit dem Österreichischen Bundesheer und im Speziellen mit dem Militärkommando Niederösterreich den Einsatz bei Hochwasserkatastrophen in Niederösterreich. Wir sehen es daher als Selbstverständlichkeit, auch über die heimischen Grenzen hinaus rasche Hilfe zu leisten, wenn Menschen in Not sind.

Welche Sofortmaßnahmen wurden von der Raiffeisen-Gruppe getroffen?

Die Sofortmaßnahmen sind vielfältig. Einige Unternehmen der Gruppe sind in den Krisenregionen mit Niederlassungen vertreten und deren Mitarbeiter direkt vom Hochwasser betroffen. Ein Beispiel dafür ist die Zuckerraffinerie Brcko der AGRANA Beteiligungs-AG in Bosnien-Herzegowina. Die AGRANA hat sofort reagiert und ihre Mitarbeiter vor Ort finanziell unterstützt. Darüber hinaus wurde auch eine interne Hilfsaktion für die betroffenen Kollegen gestartet. Auch die Raiffeisen Bank International organisiert derzeit eine große Mitarbeiter-Spendenaktion. Die NÖM AG wiederum hat bereits einen LKW mit Haltbarmilch ins Krisengebiet geschickt – ein weiterer steht bereit.

Die Soforthilfe - etwa die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und Trinkwasser – funktioniert mittlerweile recht gut und nahezu flächendeckend. Welche Maßnahmen sind in der Katastrophenregion jetzt vorrangig?

Jetzt, wo sich die Wassermassen zurückgezogen haben, geht es vor allem um den Wiederaufbau. Die Trockenlegung der Häuser steht nun an vorderster Stelle. Es ist wichtig, dass die Menschen so schnell wie möglich in ihr gewohntes Umfeld und in ein möglichst „normales“ Leben zurückkehren können.

Ein Augenmerk von Raiffeisen liegt im Wiederbeleben der Landwirtschaft. Tausende Hektar Agrarland wurden durch die Wassermassen vernichtet. Wie hilft man den Bauern im Krisengebiet?

Wir agieren hier nach dem Raiffeisen-Grundprinzip: „Hilfe zu Selbsthilfe“. Die Landwirtschaft ist in Südosteuropa nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die Felder müssen neu bestellt werden. Die Zeit drängt hier besonders, da es für eine Aussaat vor allem für Mais bald zu spät ist. Raiffeisen Ware Austria hat beispielsweise Mais Saatgut im Wert von 100.000 Euro zur Verfügung gestellt, um eine Fläche von 1.000 Hektar wieder anzubauen. Das Saatgut wird direkt vor Ort an die am stärksten betroffenen Landwirte verteilt. Auch das Paket „Landwirtschaft“ von KURIER Aid Austria schlägt hier in dieselbe Kerbe. Mit den Spendengeldern sollen neben Saatgut auch die Reparatur von Nutzgebäuden finanziert und der Viehbestand wieder aufgestockt werden.

Raiffeisen ist Partner von KURIER AID AUSTRIA. Mit einer eigenen Erlagscheinaktion versucht man, Kunden zu Geldspenden zu bewegen. Weshalb setzt man auf Geld und nicht auf Sachspenden?

Es ist klar, dass vor Ort am besten festgestellt werden kann, welche Hilfsmittel zu welchem Zeitpunkt benötigt werden. Unzählige Transporter mit Sachspenden in die Krisenregionen zu schicken, ist zwar gut gemeint, geht aber leider oft am Ziel vorbei. Solche Lieferungen bedeuten einen hohen logistischen Aufwand in der Verteilung vor Ort, Probleme beim Zoll und entsprechen oft nicht dem Bedarf. Mit Geldspenden kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die benötigten Hilfsgüter werden direkt im Krisengebiet eingekauft. Das hält den Transportaufwand vor Ort gering, kurbelt vor allem die regionale Wirtschaft an und sichert Arbeitsplätze. Sachspenden stellen eine wertvolle Ergänzung dar, nämlich dort, wo der Bedarf vor Ort nicht zuletzt aufgrund der entstandenen Schäden nicht gedeckt werden kann. Mit dem Österreichische Roten Kreuz und der Caritas sind zwei österreichische Hilfsorganisationen mit hoher Expertise in internationaler Katastrophenhilfe vor Ort, die für die zielgerichtete Verteilung der Spenden sorgen.

KURIER-Leser haben in der ersten Woche der Hilfsaktion bereits 100.000 Euro gespendet. Die ersten Unternehmen, darunter viele der Raiffeisen-Gruppe, haben Hilfsbausteine mit einem Wert zwischen 5.000 und 50.000 Euro erstanden. Ist dies in Ihren Augen ein erster Erfolg?

Selbstverständlich ist das ein Erfolg, aber aus meiner Sicht ist das erst der Anfang. Die Solidarität der österreichischen Bevölkerung ist enorm. Das hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt. Ich bin mir sicher, dass sich diese Summe in den nächsten Wochen und Monaten noch vervielfachen wird und danke schon jetzt jedem Einzelnen für seinen Beitrag. Jeder Euro wird gebraucht.

Es gibt mehr als 1,6 Millionen Betroffene gibt es in Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Serbien.

Die Zahl der Betroffenen ist erschütternd. Ich appelliere daher an alle – Unternehmen wie Privatpersonen – mitzuhelfen, die Lebensgrundlage der vielen Menschen in Bosnien-Herzegowina, Serbien und Kroatien wiederherzustellen. Bitte helfen Sie mit!

Vor einer Woche startete der große Spendenaufruf für die jüngste Hilfsaktion von KURIER AID AUSTRIA. Binnen weniger Tage konnten so bereits Spenden im Wert von rund 250.000 Euro erzielt werden, die allesamt in den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe in Südosteuropa fließen.
Besonderer Dank gilt den KURIER-Lesern, die für beinahe die Hälfte der bislang einlangten Spenden verantwortlich zeichnen. Auch Unternehmen aus Österreich beteiligen sich an der Aktion. Die Raiffeisen-Gruppe geht mit gutem Beispiel voran. 18 Bausteine a 5000 Euro wurden für den Wiederaufbau angekauft. Die Aufbausteine werden für drei Hilfsprojekte verwendet: Den Wiederaufbau der von der Flut zerstörten Häuser, die Unterstützung der Landwirtschaft und für soziale Projekte in der Krisenregion. Weitere Unternehmen haben sich mittlerweile bereit erklärt, in die Unterstützung für Bosnien, Serbien und Kroatien zu investieren. Mehr dazu nächste Woche im KURIER.

Mehr Details zu Aktion, Partner und Kontakte finden Sie auf: Wiederaufbau Südosteuropa

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