Hameseder: "Wir müssen mit den Kosten runter“

„Wir waren alle sehr überrascht“: Hameseder über Monika Lindner.
Erwin Hameseder über Banken-Hausaufgaben, Monika Lindner und seinen Porsche.

KURIER: Raiffeisen hat gerade eine Filiale in der Wiener Innenstadt zugesperrt. Sind Schließungen auch bei Ihnen Thema?
Erwin Hameseder: Es gibt kein Filialschließungskonzept, aber die Standorte werden optimiert. Unser Konzept ist es sicher nicht, die persönlichen Kundenkontakte durch elektronische zu ersetzen.

Banken beklagen, dass sie im Privatkundengeschäft kaum mehr etwas verdienen. Geht es Ihnen auch so?
Auch wenn der Nettozinsertrag unserer 68 Raiffeisenbanken in Wien-NÖ zurückgeht, werden wir vielleicht sogar ein Ergebnis auf Vorjahreshöhe haben, weil wir die Risikokosten möglichst gering halten. Jeder Kredit, der zurückbezahlt wird, ist ein guter Kredit.

Muss Raiffeisen sparen?
Wir versuchen die Struktur im Backoffice zu straffen, ohne dass es die Kunden trifft. Künftig werden in der Finanzwirtschaft weniger Menschen arbeiten. Wir müssen mit den Kosten runter.

Hameseder: "Wir müssen mit den Kosten runter“
Mag. Erwin Hameseder, Aufsichtsratspräsident der Raiffeisen Zentralbank und Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien, im Interview. Wien, Raiffeisen-Haus am 06.11.2013.
Unternehmen klagen, dass es immer schwieriger wird, Kredite zu bekommen. Kommt die Kreditklemme? Wegen der strengeren Basel-III-Regulatorien, die ab 2014 kommen, ist Wachstum für uns derzeit kein vorrangiges Ziel mehr. Das wird sich wohl auch auf die Kreditvergabepraxis auswirken.

Ist Österreich bei den neuen Bankregeln übers Ziel hinausgeschossen?
Ich finde die Grundtendenz richtig, Banken krisensicher zu machen. Aber in Zeiten dramatischer Kostenbelastung und schwacher Konjunktur mit niedrigstem Leitzinssatz – gerade erst wurde er ja nochmals gesenkt – ist die Umsetzung der neuen Regeln ab 2014 schwierig. Andere Länder nutzen die nationalen Spielräume offenbar offensiver als wir. Die Kosten dafür sind in Österreich außerdem höher als in Großbritannien oder in Deutschland.

Hat Raiffeisen Probleme mit dem Eigenkapital?
Die Raiffeisenbanken haben ihre Gewinne seit Jahrzehnten in Rücklagen gegeben. Das ist hartes Kernkapital. Wir sind gut aufgestellt.

Dann könnte man die Staatshilfe ja zurückzahlen.
Die Raiffeisen Bank International wird den geeigneten Zeitpunkt dafür finden. Wir wollen, dass eine eventuell damit verbundene Kapitalerhöhung zu einem angemessenen Aktienkurs erfolgt. Uns ist wichtig, dass – anders als beim Mitbewerber – die deutliche Mehrheit der Raiffeisen International in österreichischer Hand bleibt.

Die RBI zahlt aber über acht Prozent Zinsen dafür.
Das ist jetzt marktüblich.

Raiffeisen NÖ-Wien hatte Problembereiche wie NÖM in England oder Epamedia. Gibt’s noch andere Verlustbringer?
Nein. Beide wurden verkauft, damit ist das Thema erledigt. Optimierungsbedarf gibt es immer. Die Rentabilität der Medienwirtschaft zum Beispiel ist momentan sicher nicht befriedigend.

Wird bei Ihnen darüber diskutiert, ob man an Medien beteiligt bleiben soll?
Nein.

Stichwort Epamedia: Wie sehr sind Sie von deren ehemaliger Chefin Monika Lindner enttäuscht, die nun als wilde Abgeordnete im Parlament sitzt?
Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Wir waren alle sehr überrascht.

Haben Sie noch Kontakt?
Na selbstverständlich!

Sie steht also nicht auf einer Raiffeisen-Watchlist?
Nein, bei mir nicht, das wäre doch absurd! Ich habe es auch als sehr korrekt empfunden, dass sie mir sofort ihr Aufsichtsratsmandat in der ORF-Tochter ORS angeboten hat, als Sie sich für das Parlament entschieden hat.

Es gab die Überlegung, die Bankenabgabe für eine Banken-Beteiligung an der Abbaubank für die Hypo Alpe-Adria zu widmen.
Wir wären schon zufrieden, wenn es wenigstens eine Gesprächsbasis darüber gäbe, diese Abgabe zweckzuwidmen. Wir wissen bis zum heutigen Tag nichts über eine Bad Bank.

Sie erhoffen sich mehr Gesprächsbereitschaft vom neuen Finanzminister?
Von der ganzen Regierung. Natürlich müssen auch wir unsere Hausaufgaben machen.

Ärger gibt es auch in Ungarn: Die Regierung enteignet quasi die Banken. Umgekehrt haben viele heimische Institute die dortigen Konsumenten in Frankenkredite getrieben...
In den Boomjahren bis 2007 gab es starke Nachfrage. Wir haben uns lange gegen solche Kredite gewehrt und wurden dafür als wenig innovative Bauernbanken abgekanzelt. Leider Gottes haben wir diese Produkte dann auch angeboten. Niemand außer Ungarn kommt aber auf die Idee, einen künstlichen Wechselkurs einzuführen, der den Banken diktiert wird. Da fragt man sich schon, wie so etwas in der Europäischen Union möglich sein kann.

In Österreich und anderswo findet aufgrund niedriger Zinsen eine schleichende Enteignung der Sparer statt. Jetzt gab es noch einen IWF-Vorschlag, zehn Prozent des Vermögens einmalig für die Budgetsanierung der Länder zu kassieren.
Ein völlig absurder Vorschlag. Das Vertrauen des Sparers wurde heuer schon stark strapaziert – auch durch die Debatte in Zypern (wo überlegt wurde, alle Einlagen von bankrotten Banken heranzuziehen). Bei Raiffeisen hat noch nie ein Sparer Geld verloren.

Ob man das Geld unterm Polster oder auf der Bank liegen hat macht, was die Zinsen betrifft, aber kaum einen Unterschied.
Daheim kann es gestohlen werden. Die Niedrigzinspolitik ist wirtschaftlich zweifelsohne notwendig, führt aber zum negativen Effekt, dass mühsam gespartes Geld weginflationiert wird. Aber wenn die Konjunktur, was wir erwarten, anspringt, könnten auch die Zinsen wieder steigen.

Raiffeisen ist ein großer Sponsor und sehr präsent am gesellschaftlichen Parkett. Jetzt gibt es neue Regeln durch die Korruptionsdebatte. Hat das Auswirkungen auf Ihre Sponsorentätigkeit?
Wir werden unsere Marketingaktivitäten überprüfen, 1:1 wird es nicht bleiben. Die Konzentration auf Soziales, Sport, Kultur wird es aber weiterhin geben. Am Land gibt es fast keine Veranstaltung, wo Raiffeisen nicht als lokaler Sponsor auftritt. Das hängt übrigens auch damit zusammen, dass 50 Prozent unserer Mitarbeiter ehrenamtlich engagiert sind. Wir sind deutlich mehr als eine Bank.

Sie sind im Frühjahr wegen des Unfalls mit Ihrem Porsche stark kritisiert worden. Wie ist es Ihnen damit gegangen?
Der Unfall hat mir natürlich zu denken gegeben, weil ich ein sehr vorsichtiger Autofahrer bin. Das war ein privat finanziertes Auto, ich habe den Schaden zu 100 Prozent selbst getragen. Was da von manchen Medien an Unterstellungen gekommen ist, hat mich sehr bestürzt! Seither sehe ich den Journalismus auch noch einmal anders.

Die „Krone“ liebt Sie offenbar nicht. Sie schreibt jetzt, dass man im Raiffeisenhaus den runden Geburtstag des in die Telekom-Affäre verwickelten Michael Fischer feierte.
Es handelte sich um eine private Einladung zweier Vereine, wir haben nur den Raum zur Verfügung gestellt.

Karriere

Seit 4. Mai 2012 ist Erwin Hameseder (57) Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und damit neben Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner der einflussreichste Manager bei Raiffeisen. Der studierte Jurist trat 1987 – nach zwölf Jahren beim Bundesheer – in die Raiffeisen-Organisation ein.

Raiffeisen-Holding

Von 2001 bis Mai 2012 war Hameseder Vorstandschef der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien. Diese hält 740 Beteiligungen, darunter die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, Agrana, Strabag, Leipnik-Lundenburg und Medien. Am KURIER hält Raiffeisen 50,6 Prozent, die deutsche Funke-Gruppe 49,4 Prozent.

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