Das ist beachtlich, weil ja in Wien noch viele traditionell wichtige Gäste fehlen. Die Russen gänzlich, die Japaner zu drei Vierteln, China weist noch immer ein Minus von 75 Prozent aus, die Nächtigungen britischer Gäste eines von 21 Prozent. Gleichzeitig gibt es bei den Touristen aus den USA aber schon ein Plus von 1,3 Prozent. Offensichtlich hält sich die Angst vor dem Krieg in der Ukraine doch in engeren Grenzen als wir in Europa befürchtet hatten.
Für die heimischen Tourismuswirtschaft viel bedeutender sind allerdings die deutschen Gäste ...
Das stimmt. In Tirol kommen 90 Prozent der Gäste aus dem Ausland, davon jeder zweite aus Deutschland. Im Dezember lag das Minus bei 11,3 Prozent, in Wien sogar bei knapp 20 Prozent. Es gibt kein Bundesland, das kein zweistelliges Minus bei deutschen Gästen hat.
Schlechte Vorzeichen auch für die Sommersaison?
Nicht unbedingt. Es wird eher auf den Winter- als auf den Sommerurlaub verzichtet. Der Winterurlaub ist erstens teurer und zweitens der klassische Zweiturlaub.
Gespart wird offenbar nicht beim, sondern im Urlaub. Sehen Sie das auch schon in der Statistik?
Ja, zum Beispiel in der vergangenen Sommersaison. Da weisen die 4- und 5-Sternhotels ein Nächtigungsminus von 3,4 Prozent aus, während es bei den gewerblichen Ferienwohnungen über das Land hinweg ein Plus von 30 Prozent gegeben hat. Für die gesamte Wintersaison ist eine ähnliche Entwicklung zu erwarten. Es gab übrigens kein Bundesland mit weniger als zehn Prozent Plus bei den gewerblichen Ferienwohnungen. In Niederösterreich waren es sogar Plus 60 Prozent.
Vielleicht mit ein Grund, warum in Tourismusregionen noch immer gebaut wird. Oft entstehen letztlich aber weniger gewerbliche Ferienwohnungen als Zweitwohnsitze. Also das Gegenteil von dem, was Politiker in Sonntagsreden fordern ...
Gewerbliche Ferienwohnungen und Chalets liegen weiterhin im Trend, das scheint mehr als ein Sondereffekt der Pandemiezeit zu sein. Das sehen natürlich auch Investoren, die weiter entsprechende Projekte planen. Verhindern können diese letztlich nur die Gemeinden selbst, es liegt ja in ihrer Kompetenz.
Was die wenigsten Bürgermeister tun, tendenziell wird großzügig in Bauland umgewidmet ...
... und damit Boden versiegelt. Am schlimmsten ist der Flächenverbrauch, wenn Zweitwohnsitze entstehen, die nur ein paar Wochen im Jahr genutzt werden. Hier ist ein touristisches Raumordnungsgesetz nötig, um die Bodenversiegelung zu bremsen. Ich glaube, das wird nur über mehr Richtlinien seitens der Länder funktionieren.
Apropos Nachhaltigkeit. In Kärnten, konkret in Reifnitz, wurde das GTI-Treffen abgesagt. Auch mit dem Argument, dass es nicht mehr zum Nachhaltigkeitsgedanken passt. Ist das nicht verlogen, wenn man bedenkt, dass die Anreise, der größte CO2-Verursacher ist?
Mich hat die Entscheidung auch gewundert. Sie ist schon mutig, schließlich geht der Gemeinde so auch Umsatz verloren. Beim Thema Nachhaltigkeit muss man natürlich über die Anreise mit der Bahn bzw. über den Ausbau der Verbindungen reden. Nicht über den Ausbau eines Regionalflughafens, wie Klagenfurt. Auch mit dem Einsatz von E-Fuels sind wir in den nächsten 20 bis 30 Jahren weit davon entfernt, klimaneutral zu fliegen.
Werden Klimafragen bei der Urlaubsplanung künftig eine große Rolle spielen?
Reiseplanungen werden schon jetzt vom Klimawandel beeinflusst. Da muss man nur an die Warmwetterphasen diesen Winter denken, die dazu führen, dass viele künftig noch kurzfristiger buchen und noch mehr wert auf großzügige Stornobedingungen legen.
Wird der Skitourismus in Österreich bald an Bedeutung verlieren?
Davon muss man langfristig ausgehen. Die Saisonen werden kürzer, Destinationen fallen weg und damit auch Gästeschichten. Viele müssen sich vom Schnee unabhängige Alternativen überlegen.
Der Winter ist seit Jahrzehnten die Cash-Cow im Tourismus – wird es eine Verschiebung zurück zur Sommersaison geben?
Der Sommer wird an Bedeutung gewinnen. Schlicht, weil vielen bei Temperaturen von 40 Grad im Schatten ein Urlaub am Mittelmeer als zu schweißtreibend erscheint. Als Alternative kommen die Berge infrage. Die Infrastruktur für die Bespielung gibt es ja bereits. Vielleicht wird es im November bald mehr Sinn machen, Mountainbiken als Skifahren zu gehen.
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