Sacher-Chef Winkler: "Das Geld kommt über die Stiege"
Lange Schlangen vor dem Kaffeehaus des Wiener Hotels Sacher lassen vermuten, dass diverse Krisen – von Corona bis zur Teuerungsrate – abgeschafft sind. Doch so ist es nicht, sagt Matthias Winkler, Chef der Sacher-Gruppe am Rande des Neujahrsempfangs der Bundessparte Tourismus am Montagabend. Wie auch seine Kollegen, kämpft er in mehreren Bereichen. Trotz stark gestiegener Zimmerpreise und wieder angesprungenem Tourismus.
"Das Geld kommt über die Stiege", formuliert es Winkler. Soll heißen - über ausgelastete Gästezimmer. Schlicht, weil sich dort mehr Ertrag erwirtschaften lasse, als beim Verkauf von Schnitzel und Sachertorte.
Zugegeben, Weihnachten und Silvester hat es sich heuer in Salzburg und Wien abgespielt. Ausgebuchte Häuser, deutlich höhere Zimmerpreise. Winkler spricht von einem Preisaufschlag in Höhe von 20 Prozent. Den Jänner könne dieser Aufschlag aber auch nicht retten – schlicht, weil zu wenige Touristen in der Stadt sind. Kaum Japaner, keine Russen und Chinesen. Wobei letztere traditionell eher selten in der 5-Stern-Kategorie eingecheckt haben. Sie reservieren ihr Reisebudget tendenziell lieber für ausgedehnte Shoppingtouren von Markenwaren.
"Öffi-Ticket zum Jobeinstieg"
Was ebenfalls fehlt, sind die Mitarbeiter. "Wir suchen noch 40 bis 45 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bis Mai", sagt Winkler. Gezahlt werde um durchschnittlich 25 Prozent mehr als noch vor Ausbruch der Pandemie, dazu kommen Zuckerl wie eine Öffi-Jahreskarte und Energieprämien. "Ein Lehrling verdient bei uns 1.250 bis 1.450 Euro", wirbt Winkler, dem vor allem im Service noch Mitarbeiter für die Sommersaison fehlen.
Leichter wird die Suche nicht, schließlich öffnet in Wien von der Pandemie relativ unbeeindruckt ein Hotel nach dem anderen. Aus Sicht der Branchenexperten eine nachvollziehbare Entwicklung. Für Immobilieninvestoren scheinen Hotelprojekte nach wie vor lukrativer als die Entwicklung von Kaufhäusern, Büro- oder Wohnhäusern. Das operative Geschäft wird ausgelagert. Nämlich an einen Betreiber. Zumindest in der Stadthotellerie ist das Usus.
Ob es in Österreich zu viele Gästebetten gibt, ist jedenfalls umstritten. Der ehemalige Neos-Abgeordnete Sepp Schellhorn geht seit Jahren davon aus, dass 30.000 Gästebetten zu viel am Markt sind. Er prangert an, dass sich viele Hoteliers das Zusperren schlicht nicht leisten können. Wobei hier vor allem von Hoteliers in der Ferienhotellerie die Rede ist, die traditionell auch Eigentümer der Immobilie sind.
Das Problem: Beim Verkauf der Immobilie fallen hohe Steuern an, die die Hoteliers in den finanziellen Ruin, sprich in den Privatkonkurs treiben würden. Schellhorn forderte daher schon vor der Pandemie eine Art Abwrackprämie für Hotels. Die Erfolgsaussichten sind allerdings überschaubar.
Das machte Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler am Rande der Branchenveranstaltung der WKO am Montagabend auch nochmals klar. "Wir sind ein historisch gewachsenes Tourismusland. Da ist klar, dass es auch Angebote gibt, die nicht mehr wettbewerbsfähig sind." Es könne aber nicht Aufgabe der Politik sein, diese vom Markt zu nehmen.
Covid-Hilfen rennen aus
Apropos Betriebe: Diese sind laut einer Umfrage des Market-Instituts im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich überwiegend (zu zwei Dritteln) optimistisch. Sechs von zehn befragten Hoteliers haben die Pandemie für Investitionen in ihre Häuser genutzt, sagt David Pfarrhofer vom Market-Institut. Laut der Tourismusbank ÖHT haben die Tiroler in Sachen Investitionstätigkeit die Salzburger wieder überholt und damit ihren alten Spitzenplatz wieder eingenommen. Investiert wurde viel in Sachen Nachhaltigkeit, sagt ÖHT-Vorstand Matthias Matzer. Etwa ein Drittel der Covid-Hilfen laufen übrigens demnächst aus. "Wir als ÖHT haben eine Milliarde an Covid-Hilfen draußen, 330 Millionen laufen aus, wobei sich die Ausfälle in Grenzen halten“, sagt Matzer. Und beziffert sie mit „zehn Millionen Euro".
Jeder zweite Hotelier konnte demnach seine gestiegenen Kosten an den Kunden weitergeben. Gelungen ist das vor allem in der gehobenen 4- und 5-Sternhotellerie, weniger im 1- bis 3-Sternbereich.
Auch die Wirte kämpfen mit gestiegenen Kosten. Tourismusobmann Robert Seeber, selbst Gastronom aus Oberösterreich rechnet vor: "Wir haben früher 60.000 Euro Stromkosten im Jahr gehabt, jetzt sind es 240.000 Euro, also vier Mal so viel. Wir haben gut verhandelt, es gibt Kollegen, die sechs Mal so viel bezahlen." Seeber fordert daher die rasche Umsetzung des Energiekostenzuschusses 2: "Wir müssen Druck machen, dass die Betriebe schnell an ihr Geld kommen."
Was die Kollegen zudem eint, ist der Mitarbeitermangel. Derzeit fehlen in der Branche bis zu 30.000 Beschäftigte. Gute Nachrichten gibt es laut Seeber bei den Lehrlingen im ersten Jahr, deren Zahl um 25 Prozent auf 8.000 gestiegen sei. "Damit ist die Branche der viertstärkste Lehrausbildner. So unattraktiv kann eine Ausbildung bei uns also nicht sein", sagt Seeber.
46 Prozent
der befragten ÖsterreicherInnen einer Market-Umfrage gaben an, heuer einen Winterurlaub zu planen. Laut Market-Chef David Pfarrhofer ein "Alltime-High". Besonders reiselustig sind demnach "die jungen Bildungseliten" und diese vor allem im Osten des Landes. Was wenig verwunderlich ist - im Westen müssen viele nicht extra auf Urlaub fahren, um Skifahren zu gehen
Rückblick
Jeder Dritte, der diesen Winter noch auf Urlaub fahren will, war vorigen Winter nicht auf Reisen
Winterdestination Österreich
95 Prozent der Befragten geben an, dass sie Österreich als attraktives Urlaubsland sehen. "Eine ähnliche Zustimmung wie man sie in Nordkorea sehen könnte, nur ohne Gewaltandrohung", scherzt Pfarrhofer
Normalität is back
Drei Viertel gehen nach Jahren der Pandemie von einem "ganz normalen Urlaubsgefühl" aus
Teuerung
Die Inflation spiegelt sich vor allem im Urlaubsverhalten in der 3-Stern-Kategorie wieder. Viele weichen in Regionen aus, die vergleichsweise günstig sind oder bleiben weniger lang im Urlaub. Anders die Gäse der 4- und 5-Sternkategorie, die tendenziell ihr Urlaubsbudget nicht anpassen müssen
Kommentare