Wifo-Experte: Leerstandsabgabe bringt Wohnungsmangel nicht in Griff

Wifo-Experte: Leerstandsabgabe bringt Wohnungsmangel nicht in Griff
Klien: Helfen kann nur mehr Wohnbau - Zweit- und Ferienwohnsitze durch ein paar tausend Euro nicht einzudämmen. Steirische Abgabe begrüßt: Leere Wohnungen kosten Geld.

Nur mit einer Mobilisierung von Wohnraum durch eine Leerstandsabgabe "wird man den Wohnungsmangel in Österreich nicht in den Griff bekommen", sagt der Wifo-Ökonom Michael Klien zu der neu aufgeflammten Diskussion zu diesem Thema. Helfen könne nur mehr Wohnbau. Entscheidungen für einen Zweitwohnsitz würden durch eine Wohnungs-Leerstandsabgabe von einigen tausend Euro im Jahr nicht beeinflusst werden, meinte der Experte am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radio.

Wer sich eine Ferienwohnung an einem schönen Ort leisten könne, werde die im steirischen Modell angedachten 1.000 oder 2.000 Euro im Jahr in Kauf nehmen. Per Definition seien es ja eher wohlhabende Leute, die sich einen Zweitwohnsitz leisten. "Insofern wird nicht den großen Unterschied machen."

Einfach bauen

Um mehr Wohnungen auf den Markt zu bringen, müsse einfach mehr gebaut werden, "so banal es klingt". "Nur mit einer Mobilisierung aus dem Leerstand wird man den Wohnungsmangel in Österreich nicht in den Griff bekommen", so der Experte. Österreich sei in den vergangenen 20 Jahren um eine Million Köpfe gewachsen, "und damit geht einfach ein massiver Bedarf an Wohnraum einher".

Steiermark erstes Bundesland mit Abgabe auf Zweitwohnsitze

Grundsätzlich hält es Klien für "sicher sinnvoll", die Aspekte Leerstands- sowie Zweitwohnungs- oder Ferienwohnungsabgabe "in einem Aufwasch" anzugehen. Insofern sollte es für Ferienwohnungen oder Zweitwohnungen keine Ausnahmen wie etwa für Wohnungen für Kinder oder für Dienstwohnungen geben. Er gehe davon aus, dass Zweitwohnungen "sogar eine explizite Zielgruppe" einer solchen Abgabe seien.

Die Steiermark ist vorgeprescht und hat als erstes Bundesland eine Abgabe auf Zweitwohnsitze und leerstehende Wohnungen beschlossen. Dies begrüßt der Wifo-Experte, "weil man muss sehen, dass leere Wohnungen Geld kosten. Die Gemeinden verlieren Geld aus den Ertragsanteilen. Leere oder selten genutzte Wohnungen leisten keine oder geringe Beiträge zur Infrastrukturfinanzierung in den Gemeinden. Also allein schon auf Grund einer Kostenwahrheit oder eines gewissen Ausgleichs ist es sinnvoll, in die Richtung zu gehen." Manchen steirischen Gemeinden ist die Obergrenze von 1.000 Euro für die Leerstandsabgabe zu niedrig, Tourismusorte wie Schladming oder Ramsau wollen höhere Beträge.

Bundeskompetenz

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) verlangte Anfang der Woche mehr Spielraum für die Leerstandsabgabe und forderte eine Verfassungsänderung, nämlich eine Übertragung des "Volkswohnungswesens " vom Bund an die Länder. Eine hohe Leerstandsabgabe laufe nämlich Gefahr, als "Wohnungs-Bewirtschaftungsmaßnahme" qualifiziert zu werden, die somit dann in Bundeskompetenz eingreife. Platter kündigte an, bei der Landeshauptleutekonferenz Ende Mai den Antrag einzubringen. Die SPÖ stellte sich am Donnerstag hinter diesen Vorstoß und drängte auf eine Ermächtigung des Bundes für die Länder, um Leerstandsabgaben mit Lenkungseffekt einführen zu können.

Abgabe solle zwei Drittel des Richtwertmietzinses ausmachen

Mit einer Leerstandsabgabe könnte der Staat potenziell entweder bis zu 1,8 Mrd. Euro pro Jahr an Steuern einnehmen oder aber die Eigentümer von bis zu 198.000 Wohnungen zur Vermietung ihrer Wohnungen bringen. Diese Schätzung veröffentlichte am Donnerstag das Momentum Institut, basierend auf Daten der Statistik Austria und der Österreichischen Nationalbank (OeNB), wie erklärt wurde.

Die Grünen in Wien verlangten im April eine Leerstandsabgabe, damit leer stehender Wohnraum wieder für eine Vermietung auf den Markt kommt. Die Abgabe sollte zwei Drittel des Richtwertmietzinses ausmachen. Laut Grünen stehen in der Bundeshauptstadt mindestens 30.000 Wohnungen länger als ein halbes Jahr leer, ein Drittel davon über zweieinhalb Jahre. Für eine 50 Quadratmeter große Wohnung wären damit 205 Euro pro Monat fällig - bzw. 2.460 Euro im Jahr. Bei einer 75 m großen Wohnungen wären es 308 Euro monatlich, für eine 100 m2 große 410 Euro im Monat bzw. 4.920 Euro im Jahr.

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