Wiehag-Chef: "Es wurde zu viel Steuergeld mit der Gießkanne ausgeschüttet"
Das oberösterreichische Holzbauunternehmen Wiehag feiert weltweit Erfolge. Firmenchef Erich Wiesner über den Standort Österreich und die grüne Transformation.
Holzhochhäuser im australischen Sydney, in Milwaukee in den USA oder in Singapur, Ladeparks und Logistikzentren in Deutschland und die Volvo World im schwedischen Göteborg. Das Innviertler Unternehmen Wiehag ist weltweit erfolgreich.
Erich Wiesner führt das Familienunternehmen in fünfter Generation. Vor Kurzem wurde er von den Beratern von EY als Entrepreneur of the Year ausgezeichnet.
KURIER: Die wirtschaftliche Lage ist zurzeit eher trist. Wir sehen Jobabbau und Insolvenzen, zuletzt auch KTM, das nicht weit von Ihrem Standort entfernt ist. Wie geht es Ihrem Unternehmen?
Erich Wiesner: Die Stimmung in der Region ist tatsächlich sehr gedrückt. Das Innviertel ist ein stark ausgeprägter Industriestandort. Der Industrieanteil ist höher wie anderswo in Österreich. Wiehag hingegen nimmt in diesem Umfeld eine Sonderstellung ein. In der kleinen Nische des Ingenieurholzbaus zählen wir weltweit zu den führenden Unternehmen. Wir verzeichnen einen stark steigenden Auftragseingang, sind vollbeschäftigt und suchen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die schwache Baukonjunktur spüren Sie nicht?
Die schwache Baukonjunktur ist Realität. Aber wir spüren sie nicht. Die Nachhaltigkeit treibt unser Geschäft. Es gibt weltweit viele Investoren, die CO2-reduziert bauen wollen. Immer mehr nachgefragt sind anspruchsvolle und große Bürobauten in Städten. Es gibt (noch) nicht so viele Unternehmen, die diese Nachfrage bedienen können.
Sie bauen weltweit und haben eine Exportquote von mehr als 70 Prozent. Wie sieht es in Österreich mit dem Holzbau aus?
In Österreich gibt es zwar ausreichend den Rohstoff und das Know-how, beim CO2-reduzierten Bauen hinkt das Land allerdings hinterher.
Warum ist das so?
Darauf habe ich auch keine Antwort. Bei Großbauten dominieren traditionell die klassischen Baumaterialien wie Beton und Stahl. Aber manche Baufirmen beginnen bereits sich umzuorientieren. Früher oder später werden wir das eine oder andere großvolumige Bürohaus in einer österreichischen Landeshauptstadt sehen. Unser Wachstum findet aber vor allem im Ausland statt.
Im Holzbaumarkt bewegt sich interessanterweise derzeit viel in Australien und auch in Südostasien. Singapur ist ein Hotspot. Stark sind auch Dänemark und Schweden. In den USA beginnt sich ebenfalls der Markt stark zu entwickeln. Wir werden Gott sei Dank von den weltweiten Investoren aufgrund unserer tollen Referenzen gefunden. Als mittelständisches Unternehmen könnten wir es uns nicht leisten, in all diesen Märkten vertrieblich vor Ort zu sein.
Sie bauen Hochhäuser aus Holz in Sydney und Milwaukee. Gefertigt wird in Österreich. Wie kann man sich den Transport vorstellen?
Wir liefern das Holzskelett. Die tragenden Bauteile für Hochhäuser sind nicht so riesig. Es wird alles exakt vorgeplant und vorproduziert. Die Bausätze werden in Container verladen, die per LKW zu einem Hafen transportiert werden. Von dort geht es per Schiff weiter. Am Zielort werden die Bauteile ausgeladen und auf der Baustelle zusammengesetzt. Es ist alles exakt konfiguriert und muss millimetergenau passen.
Gegründet wurde Wiehag 1849 als Zimmereibetrieb von Josef Wiesner, dem Ur-Ur-Großvater Erich Wiesners. In den 1960er-Jahren begann man mit Ingenieursholzbau und errichtet etwa die Klagenfurter Messehalle. Internationale Großbauten folgten ab 2000. Ab 2018 baute die Innviertler Firma auch Hochhäuser aus Holz. U. a. in den USA, Australien und Singapur.
104 Mio. Eurosetzte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2023 um
370 Mitarbeiter werden bei Wiehag beschäftigt
Warum ist der Holzbau gerade jetzt so gefragt?
Die Bauwirtschaft steht vor einer immensen Herausforderung. 38 Prozent des weltweiten CO2-Fußabdrucks gehen auf sie zurück, weil energieintensive Materialien wie Stahl oder Zement zum Einsatz kommen. Hier muss eingespart werden und Holz bietet sich als klimapositives Baumaterial regelrecht an. Darüber hinaus kann der Holzbau seine Vorteile durch einen hohen Vorfertigungsgrad ausspielen, weil Bauzeiten und Kosten verringert werden können. Aber auch die Ästhetik spielt eine Rolle. Firmen wollen vermehrt die Leute aus dem Homeoffice wieder ins Büro locken und eine wohnliche Atmosphäre hilft dabei.
Das Holz beziehen Sie weitgehend regional?
Österreich ist ein Holzland und für uns ein genialer Standort. 48 Prozent der Fläche sind mit Wald und Forsten bedeckt und der Rohstoff für uns ist ausreichend verfügbar.
Sie führen Wiehag in fünfter Generation. Haben Sie auch schon Ihre Nachfolge geregelt?
Es wird bei Wiehag auch eine 6. Generation unserer Familie geben. Mit unseren beiden Kindern besteht eine klare Nachfolgeregelung. Beide werden beteiligt und unser Sohn wird sich leitend im Management einbringen.
Zuletzt haben Sie ihr Werk erweitert und modernisiert. Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen?
Wir haben nicht nur ein grünes Produkt, sondern gestalten auch unsere eigene Produktion möglichst CO2-neutral. Die komplette Wärmeenergie und 60 Prozent der Stromenergie kommen aus unserem eigenen Kraftwerk, das wir mit Biomasse, also Spänen und Holzresten betreiben. Was Energiekostensteigerungen betrifft, sind wir immun.
Viele Firmen klagen über die hohen Löhne in Österreich. Macht Ihnen das auch zu schaffen?
Das muss man ernstnehmen. Wir hatten im vergangenen Jahr sehr hohe Kollektivvertragsabschlüsse, weil auch die Inflation höher war. Natürlich ist es nicht ideal, wenn man an Wettbewerbsfähigkeit verliert. Das trifft auch uns. Aber wir haben keine Mitbewerber aus Billiglohnländern, wie etwa aus China. Denn dort gibt es keine Holzbauindustrie. Die Konkurrenten, die sich mit uns um internationale Aufträge bewerben, sitzen alle im DACH-Raum. Das macht es leichter.
Was braucht es, damit der Wirtschaftsstandort Österreich wieder in Fahrt kommt?
Energie und Bürokratie sind Riesenthemen. Wir müssen in Zukunftsfaktoren investieren und Rahmenbedingungen schaffen, dass wir in Forschung, Entwicklung und in der Bildung vorne mit dabei sind. Auch unsere Verschuldung ist zu hoch. Es wurde zu viel Steuergeld mit der Gießkanne ausgeschüttet. Ebenso kostet der Föderalismus viel Geld. Man muss einen vernünftigen Weg finden, wie Bund und Länder zusammenarbeiten. Da gibt es viel Potenzial. Ich wünsche unseren Politikern den Mut, die notwendige Transformation anzupacken und mit Sachverstand und Vernunft die richtigen Entscheidungen zu treffen.
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