Wir lassen schon seit vielen Jahren bewusst kaum in Asien fertigen. Uns ist der regelmäßige Kontakt mit den Produzenten wichtig, und Fertigung in Europa kostet eben mehr. Die Marktforschung hat uns 2018 gesagt, dass nur drei bis fünf Prozent der Österreicherinnen bereit sind, Blusen in der Preisklasse von 120 Euro zu kaufen. Daraufhin haben wir die Preise gesenkt ...
... und kurz darauf haben Sie Insolvenz angemeldet ...
Wir waren Opfer des Erfolgs, haben nach der Preissenkung stückmäßig um ein Drittel mehr verkauft. Uns ist schlicht die Ware ausgegangen, ein Mitgrund für die Insolvenz.
Handelsvertreter malen ein düsteres Bild der Modebranche. Nach wie vor zeigen die Umsatzkurven nach unten.
Da ist auch eine Portion Lobbyismus dabei, weil man Förderungen abholen will.
Das heißt, aus Ihrer Sicht läuft es rund?
Im 1. Halbjahr waren wir beim Umsatz wieder über dem Niveau von 2019. Im Juli und August waren die Frequenzen schlechter. Ob das primär an der Urlaubszeit, der Hitze oder Inflation gelegen ist, wird sich im Herbst zeigen. Der September ist traditionell einer der stärksten Monate in der Modebranche.
Derzeit kämpfen alle mit steigenden Energiepreisen. Sparen Sie schon bei der Beleuchtung?
Tatsächlich sind auch unsere Stromkosten um 100 Prozent gestiegen. Wir haben reagiert und uns entschieden, wo möglich die Beleuchtung eine halbe Stunde nach Ladenschluss abzudrehen und Strom zu sparen.
Handelsvertreter argumentieren, dass die Beleuchtung auch zur Sicherheit in den Straßen beiträgt. Falsch?
Ich denke, die Stadtverwaltungen sind beim Thema Sicherheit nicht auf die Schaufenster angewiesen.
In Deutschland hat der Handelsverband seine Mitglieder aufgerufen, in der Heiz- und Klimaanlagensaison die Ladentüren geschlossen zu halten. Eine gute Idee oder unnötige Bevormundung?
Alle Modeketten reden vom Klimaschutz, aber bei den Geschäften wird immer noch bei der offenen Tür hinausgeheizt. In Frankreich gibt es ein klares Gesetz und ich würde das auch in Österreich begrüßen.
Können Sie die Türen nicht auch ohne Gesetz geschlossen halten?
Wir tun das bereits, aber ich würde klare Regeln befürworten. Dann wären alle gleichgestellt, und wir müssten nicht fürchten, dass Kundinnen bei uns vorbeigehen, weil unsere Tür, im Gegensatz zu denen nebenan, geschlossen ist.
Die Kollektivvertrags-Verhandlungen stehen vor der Tür. Auf wie viel Plus stellen Sie sich schon ein?
Ein Abschluss unter acht Prozent wird es wohl nicht sein, was einem als Kaufmann natürlich weh tut. Aber ein Abschluss unter der Inflationsrate sichert eben auch keine Kaufkraft, die wir im Handel dringend brauchen.
Blöd nur, wenn die Kaufkraft letztlich auf Konten der Onlinehändler abfließt, oder?
Der Onlinehandel hat in der Pandemie einen Schub erlebt und die Frequenz in den Einkaufsstraßen ist noch nicht auf das alte Niveau zurückgekehrt. Das spiegelt sich auch in den gesunkenen Mieten wider. Treffen wird es die kleineren Städte, aus denen sich Händler zurückziehen. Ersetzt werden sie durch Dienstleister – von Kosmetik- bis Massagestudios – doch die können nicht alle frei werdenden Flächen bespielen.
Wie lange wollen Sie selbst noch arbeiten?
Die Arbeit macht mir Spaß und ich habe gute Gene. Mein Vater hat bis zum 90. Lebensjahr gearbeitet. Aber irgendwann werden wir einen strategischen Partner suchen.
Die Idee hatten Sie ja schon – allerdings fehlten die Interessenten, oder?
In der Coronazeit war es unmöglich, einen Investor für einen Modehändler zu finden.
Wird eines Ihrer drei Kinder den Betrieb übernehmen?
Sie haben alle drei einmal bei uns gearbeitet, dann aber andere Wege eingeschlagen. Sie bewegen sich alle im Digitalbereich, wo es eine vielversprechende Zukunft gibt.
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