Hotelier: "Skiurlaub werden sich viele nicht mehr leisten können"
Walter Veit geht davon aus, dass die Zimmerpreise diesen Winter um bis zu 15 Prozent über dem Vorjahr liegen werden. "Den Skiurlaub werden sich viele nicht mehr leisten können", fürchtet der Hotelier in Obertauern und Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Noch immer sei unklar, wie viel das Liftticket heuer kosten wird, ob die Pisten beschneit und die Pools in den Wellnessanlagen eingelassen werden dürfen.
KURIER: Im Tourismus waren kurz vor Start in die Hochsaison bis zu 30.000 Stellen offen. Schaut so aus, als würde Jammern allein das Problem nicht lösen ...
Walter Veit: Es gibt ein Sammelsurium an Gründen, warum wir nicht genügend Mitarbeiter finden ...
... schlechte Bezahlung und unattraktive Arbeitszeiten zum Beispiel?
Wir beschäftigen jetzt mehr Mitarbeiter als noch 2019, also vor Ausbruch der Pandemie. Aber viele wollen nicht mehr Vollzeit arbeiten, also brauchen wir immer mehr Köpfe. Zudem haben wir heute österreichweit 3.000 Gästebetten mehr als noch 2019. Obendrein ist ein Strukturwandel im Gange. Kleine Pensionen und Hotels, bei denen die Eigentümerfamilie quasi rund um die Uhr gearbeitet hat, sperren zu. Vier- und Fünf-Sterne-Häuser mit hohem Personalbedarf sperren auf oder bauen ihre Kapazitäten aus.
In der Bundeshauptstadt Wien, bisher Wachstumstreiber der Branche, ist die Zahl der Hotels in der Pandemie aber gesunken ...
Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern. Wir haben in Wien um 16 Prozent weniger Betriebe, aber nur um acht Prozent weniger Betten. Und im ersten Quartal 2023 sind wir wieder auf Vorkrisenniveau, weil neue Luxushotels aufsperren werden. Es werden also weitere Mitarbeiter für die Rezeption, Massage, Kosmetik und so weiter gesucht. Gleichzeitig sinkt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer seit den 1980er-Jahren jährlich um 0,1 Nächtigungen. Auch das erhöht den Personalaufwand, etwa im Zimmerservice.
So weit, so bedenklich. Was ist Ihr Lösungsvorschlag?
Es gibt viele Mitarbeiter, die in Pension gehen, aber gern noch ein, zwei Tage die Woche weiterarbeiten würden. Das zahlt sich für sie aber nicht aus, weil sie sofort voll besteuert werden und zwei Mal Sozialversicherung, rund 35 Prozent vom Zusatzeinkommen, zahlen müssen. Kommt nach dem ersten Quartal auch noch die Einkommenssteuervorschreibung, sind sie für den Arbeitsmarkt verloren. Hier braucht es Anreize, dass diese topfitten 65-Jährigen noch arbeiten gehen.
Warum setzen Sie nicht auf Studenten als Aushilfe?
Studenten verlieren mit einem Bruttoeinkommen von mehr als 15.000 Euro jährlich die Studienbeihilfe. Auch für sie zahlt es sich nicht aus, mehr zu arbeiten. Auch hier müssen die Grenzen nach oben gesetzt werden.
Klingt jetzt nach Lobbyismus, allerdings nicht ganz an der richtigen Stelle ...
Wir haben schon mit Arbeitsminister Kocher darüber gesprochen. Entsprechende Änderungen wären eine Win-Win-Situation für die Unternehmen und den Staat. Die Leute hätten ja mehr Geld zum Ausgeben, der Staat damit mehr Einnahmen über die Mehrwertsteuer.
Hoteliers haben in den vergangenen Jahren stark in Mitarbeiterunterkünfte investiert. Profitieren sie auch davon?
Wir haben in Tirol oder Salzburg Vollbeschäftigung, da brauchen wir Leute von auswärts und müssen sie auch unterbringen. Allerdings gibt es auch hier immer mehr findige Finanzbeamte, die Geld eintreiben wollen.
Ein Beispiel?
Mitarbeiterquartiere bis zur Größe von 30 Quadratmetern sind sachbezugsfrei. Jetzt kommt die Finanz und zählt plötzlich Gemeinschaftsräume wie Küche, Tischtennisraum oder Fitnessräume, die mitbenutzt werden können, aliquot dazu. Es ist eigentlich unglaublich, womit man sich plötzlich als Unternehmer herumschlagen muss.
Werden sich Urlauber kommenden Winter mit höheren Zimmerpreisen herumschlagen müssen?
Ja, ich schätze, dass die Preise um durchschnittlich zehn bis 15 Prozent steigen werden. Den Skiurlaub werden sich viele nicht mehr leisten können. Ich rechne mit einer schlechten Auslastung die ganze Saison über, abgesehen von Weihnachten und Neujahr. Das zeichnet sich schon jetzt bei den Buchungen ab.
Auch wegen der hohen Liftpreise?
Normalerweise stehen die Skiliftpreise spätestens im Mai/Juni fest. Die Veranstalter und auch Hoteliers müssen ja ihre Pakete kalkulieren. Wir wissen aber noch immer nicht, wie hoch die Liftpreise sein werden. Wir wissen vieles nicht, werden von der Politik im Stich gelassen. Ich höre immer nur, wie hoch die Speicherstände sind, aber nicht, was das für uns Touristiker bedeutet.
Welche konkreten Ansagen erwarten Sie denn?
Werden wir heuer voll beschneien können? Ist sichergestellt, dass wir alle Pools einlassen dürfen? Wenn ich jetzt Preise anbiete, bei denen ich von beidem ausgehe, und im Oktober kommt eine Verordnung, die sagt, dass ich den Pool nicht mehr heizen darf, hab ich als Hotelier programmierte Diskussionen über angemessene Zimmerpreise.
Würden Gäste solche Einschränkungen akzeptieren?
Sowohl Unternehmer als auch Urlauber hätten Verständnis. Allerdings nur, wenn die Maßnahmen rechtzeitig kommuniziert werden und sich alle darauf einstellen können. Das ist aber schon bei den Lockdowns nicht der Fall gewesen, die plötzlich beschlossen wurden. Was das angeht, sind uns die Deutschen mit den klaren Aussagen von Wirtschafts- und Energieminister Habeck um einiges voraus.
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