Wie Europa den Ausverkauf an China verhindern will

Wie Europa den Ausverkauf an China verhindern will
Nach der Corona-Krise geschwächte Unternehmen sollen vor Übernahmen geschützt werden. EU-Kommission legt Pläne vor. Österreich plant noch strengere Vorgaben.

„Wenn Sie einen Club betreiben, können Sie die Leute beim Eingang kontrollieren oder Sie schauen auch drinnen, ob sich die Besucher an die Regeln halten.“ Das einfache Beispiel, das EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch in Brüssel brachte, könnte auf die EU-Wirtschaft umgelegt ungeahnte Ausmaße annehmen.

Sie könnte den Expansionskurs chinesischer Staatskonzerne in Europa deutlich erschweren.

Es geht um die „Besucher“ – also ausländische Investoren, die künftig viel strenger kontrolliert werden sollen, ehe sie sich an EU-Firmen beteiligen oder diese überhaupt übernehmen. Die Coronakrise machte dieses Vorhaben noch dringlicher: Nach der Pandemie angeschlagene Konzerne sollen ausländischen Einkäufern nicht einfach zum Schnäppchenpreis zufallen.

Wie Europa den Ausverkauf an China verhindern will

EU-Wettbewerbskommissarin Margethe Vestager

Ohne es explizit beim Namen zu nennen, haben die Kommissionspläne vor allem China im Visier: Chinesische Firmen, Fonds oder Banken erhalten oft staatliche Zuschüsse – können also auf ihren Einkaufstouren in Europa dank staatlicher Mittel aus dem Vollen schöpfen – während EU-Unternehmen dies verboten ist.

Damit soll nun Schluss sein. „Deswegen brauchen wir die richtigen Werkzeuge, um sicherzustellen, dass ausländische Investitionen nicht unseren Markt verzerren“, sagt Vestager.

Kontrollen ab Konzernumsatz von 100 Millionen Euro

So sollen Kaufangebote für Firmen mit einem Mindestumsatz von 100 Millionen von der Kommission geprüft werden. Ebenso, wenn mindestens 35 Prozent der Anteile einer Firma erworben werden. Prüfen will die Kommission auch bei kleineren, sicherheitsrelevanten Firmen.

Kommen die Wettbewerbshüter dann zum Schluss, dass Staatsgeld den Kauf erleichtert hat, können sie die Übernahme verbieten. Oder sie zwingen den Anbieter, Firmensparten abzustoßen.

Sollte der Schaden aber bereits angerichtet sein und ein Unternehmen übermäßig von Zahlungen aus dem Ausland profitiert haben, soll eine Behörde eingreifen dürfen. Sie könnte Strafzahlungen verhängen oder veranlassen, dass anderen Firmen Zugang zu Forschungsergebnissen gewährt wird.

Auch die Vergabe öffentlicher Aufträge wird neu gedacht: Staatlich finanzierte Unternehmen haben häufig bessere Karten, weil sie günstige Angebote abgeben können. Bieter sollen finanzielle Beiträge aus dem Ausland künftig einer Behörde melden müssen - und könnten letztlich von der Auftragsvergabe ausgeschlossen werden.

Auch soll verhindert werden, dass aus dem Ausland unterstützte Unternehmen bei der Vergabe von EU-Geldern bevorzugt werden.

Nach einer nun bis September laufenden Konsultation will die Brüsseler Behörde nächstes Jahr den Gesetzesentwurf vorlegen.

Letzlich aber sind die strengen Subventionskontrollen für die EU auch ein Balanceakt. Der offene Markt sei durch diese Maßnahmen gefährdet, das Fließen der Auslandsinvestitionen könnte so stark abgebremst werden, lauten die Befürchtungen von Kritikern.

"Wir wollen offen bleiben für Auslandsinvestitionen", untertreicht Kommissarin Vestager mehrmals. "Aber wir wollen auch unser eigenes Territorium kontrollieren."

Wie Europa den Ausverkauf an China verhindern will

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck

Noch viel straffere Zügel als die EU würde Österreich künftigen Auslandsinvestoren anlegen, wenn das derzeit in Planung befindliche Investitionskontrollgesetz durchgeht.

Immer wieder hat Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck gedrängt: Österreichs Schlüsselindustrien müssten besser geschützt werden. Laut Gesetzesentwurf müssten demnach bereits Direktinvestitionen ab 10 oder 25 Prozent in bestimmten Industriesektoren genehmigt werden.

„Gold Plating“

Die Wirtschaftskammer hält massiv dagegen: „Das wäre ein überschießender Eingriff in die unternehmerische Freiheit“ – und einmal mehr „Gold Plating zulasten der heimischen Wirtschaft“.

Der Gesetzesentwurf ging am Dienstag durch den Ministerrat und liegt dem Parlamentsplenum zur Begutachtung vor.

Nur sechstgrößter Investor

Größter Auslandsinvestor in Österreich ist nach wie vor Deutschland, gefolgt von den USA und der Schweiz. China ist nur der sechstgrößte Investor, wobei im Vorjahr erstmals seit 2010 keine Übernahme durch ein chinesisches Unternehmen stattfand.

2018 haben Investoren aus China drei heimische Unternehmen gekauft, darunter das Vorarlberger Traditionsunternehmen Wolford. Europaweit erwarben chinesische Investoren im Vorjahr  182 Unternehmen (2018 waren es noch 196) mit einem Gesamtkaufswert von 17,3 Milliarden Euro (2018 rund 31 Miliarden Euro).

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