Wie ausländische Unternehmer beim Lohn tricksen

Rund 10.000 Baufirmen gibt es in Österreich, aber nur knapp 400 Finanzpolizisten, die Kontrollen durchführen.
Im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping fordern Arbeiterkammer und Baugewerkschaft eine Aufstockung der Finanzpolizei auf 1.000 Personen.

Das hohe Lohnniveau lockt viele ausländische Arbeitnehmer nach Österreich. Die Zahl der unselbstständig beschäftigten Ausländer hat sich in den vergangenen 12 Jahren auf 975.000 Personen fast verdoppelt. Davon sind 140.000 Personen sogenannte Einpendler, die nach Österreich zur Arbeit fahren.

Dazu kommen aber noch 221.000 Personen, die von ausländischen Unternehmen zur Arbeit nach Österreich geschickt werden. Man spricht dabei von Entsendungen. Diese Zahl hat sich in den vergangenen 15 Jahren sogar verfünffacht.

➤ Mehr dazu: Die Trickkiste der Finanz-Gurus

Österreich ist von diesen Entsendungen im EU-Vergleich besonders stark betroffen. Nur Deutschland und Frankreich zählen mehr Entsendungen.

Das ergibt eine Studie im Auftrag der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft Bau-Holz. „Das Lohn- und Sozialdumping feiert in Österreich fröhliche Urständ, weil die Strafen 2021 gesenkt worden sind“, sagt Baugewerkschafter Josef Muchitsch.

Ein Beispiel: Ein Arbeitgeber beschäftigt 15 Mitarbeiter über einen Zeitraum von fünf Monaten und zahlt ihnen statt 1.800 Euro nur 800 Euro im Monat. Er erspart sich daher nur rein an Lohnkosten 75.000 Euro – ohne Nebenkosten. In weiterer Folge wird die Baustelle kontrolliert, auf der diese Arbeitnehmer werken. Dabei wird der Vorlage der Lohnunterlagen verweigert.

„Lohndumping kann somit nicht festgestellt werden“, sagt Muchitsch. „Es kann nur eine Strafe wegen Verweigerung der Vorlage der Lohnunterlagen verhängt werden.“ Es droht eine maximale Strafe in Höhe von 20.000 Euro. Das heißt: Das Nicht-Vorlegen von Lohn-Unterlagen kommt den Arbeitgeber am Ende billiger als das Vorlegen, die eine Unterentlohnung belegen würden. Nach der alten Rechtslage (vor 2021) hätte der Arbeitgeber zumindest pro Arbeitnehmer bis zu 20.000 Euro zahlen müssen.

Konkurrenz

Ein Spezialfall bei den Entsendungen ist Slowenien. Dort zahlen Unternehmen für entsendete Arbeitnehmer deutlich weniger Sozialversicherungsbeiträge. Muss eine Baufirma hierzulande 643 Euro monatlich Lohnnebenkosten pro Facharbeiter hinblättern, zahlen slowenische Unternehmen bisher für entsendete Mitarbeiter in der Heimat nur 190 Euro.

Mit dieser Konkurrenz konnten viele Unternehmen in der EU nicht mithalten. Dieser Entsendebonus wird von Slowenien mit Jänner 2024 abgeschafft. „Der neueste Trick ist, dass Slowenien Personen aus Drittstaaten entsendet“, sagt Muchitsch. „Die fischen in Bosnien, Kosovo und Serbien nach neuen Arbeitskräften, melden sie in Ljubljana an und überstellen sie auf Baustellen in Europa.“

Wer in Österreich arbeiten will, muss zuerst bei der Sozialversicherung angemeldet werden und kann dann zu arbeiten beginnen. „Bei Entsendungen heißt es, zuerst auf die Baustelle, und das Entsendeunternehmen hat vier Monate Zeit, die Unterlagen für die Mitarbeiter nachzubringen“, sagt Muchitsch. „Da sind die schon wieder weg.“

Rund 28 Prozent der in Österreich tätigen ausländischen Bauunternehmen stehen laut Muchitsch im Verdacht der Unterentlohnung. AK-Präsidentin Renate Anderl und der Gewerkschafter fordern daher eine Aufstockung der Finanzpolizei von 400 auf 1.000 Personen.

Kommentare