Wer kauft noch Masken von Hygiene Austria?
Seit Anfang März kommt die Hygiene Austria LP GmbH nicht aus den Schlagzeilen. Das Unternehmen hatte FFP2-Masken als „Made in Austria“ verkauft, die zum Teil von einem chinesischen Lohnfabrikanten hergestellt wurden, wie das Unternehmen zugab. Außerdem stehen u.a. Vorwürfe des Lohndumpings im Raum.
Seither ist viel passiert: Die Lenzing AG ist aus dem Joint Venture mit Palmers ausgestiegen, aus dem die Hygiene Austria hervorging. Zuletzt wurden mit Claudia Witzemann und Michael Schleiss zwei externe Manager an Board geholt, von denen Letzterer schon nicht mehr dabei ist. Und: Viele Vertriebswege sind weggebrochen.
Bei den Handelsketten von Rewe, bei Spar und dm sind die Masken seit Bekanntwerden der Vorwürfe nicht mehr gelistet. Das wird auch so bleiben, wie alle bestätigen. Rewe erklärte, dass aktuell ein Verfahren anhängig sei. Ob bei dm und Spar rechtliche Schritte gegen Hygiene Austria eingeleitet wurden, wollte man nicht beantworten.
Vertrag gekündigt
Bei der Bundesbeschaffungsgesellschaft BBG ist die Hygiene Austria seit Anfang März als Auftragnehmerin „inaktiv“ gestellt, seither sind keine Bestellungen über die BBG möglich. Außerdem habe man per 30. März 2021 die Vertragsbeziehung ordentlich aufgekündigt.
Bleibt die Frage, wem die Hygiene Austria noch Masken verkauft und wie sie aktuell Geld verdient. Öffentliche Auftraggeber könnten direkt und nicht über die BBG Bestellungen bei der Hygiene Austria tätigen. Auch Unternehmen können dort bestellen. Die Hygiene Austria selbst erklärte, Masken sowohl im In- als auch im Ausland zu verkaufen. Über Stückzahlen und aktuelle Produktionsmengen wollte man aber keine Auskunft geben. Unbeantwortet blieben auch eine Reihe weiterer Fragen des KURIER, darunter jene nach dem Zeitpunkt, an dem der Kaufpreis der Anteile an Hygiene Austria der Lenzing AG zurückgezahlt werden soll. Die Lenzing AG hatte vorläufig ja auf die Zahlung des Kaufpreises verzichtet, als deren Anteile an Palmers gingen – um Palmers zu ermöglichen, die Gesellschaft mit weiteren Finanzmitteln auszustatten. Apropos Palmers: Dort wollte man Fragen zu Hygiene Austria nicht beantworten.
Hygiene Austria wollte auch nicht beantworten, wann die interne Prüfung zu Fragen wie, wie viele Masken in China produziert wurden, abgeschlossen ist.
Die angekündigten Klagen von Arbeiterkammer und Gewerkschaft im Zuge der Causa sind angelaufen. Zum einen geht es um – kollektivvertragliche – Ansprüche von Arbeitnehmern gegenüber den Leiharbeitsfirmen, die die Hygiene Austria beauftragt hatte. Aktuell haben sich über 120 betroffene Arbeitnehmer bei den Interessensvertretungen gemeldet. 50 Klagen wurden bereits eingebracht, wöchentlich gibt es Termine mit Betroffenen.
Klagen
Darüber hinaus sind Haftungsklagen gegen eine der Leiharbeitsfirmen und die Hygiene Austria geplant bzw. bereits eingebracht, außerdem einige Strafanzeigen, erklärt Arbeiterkammer-Juristin Andrea Ebner-Pfeifer.
Der VKI hat außerdem im Auftrag des Sozialministeriums eine Klage eingebracht. Grund ist die Bewerbung der FFP2-Masken als „Made in Austria“.
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