Lenzing gibt Anteile an Maskenfirma Hygiene Austria an Palmers ab

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Kaufpreis wird erst später ermittelt. Produktion soll unter neuen Geschäftsführern fortgesetzt werden.

Lenzing steigt bei der Maskenfirma Hygiene Austria aus. Das teilte der oberösterreichische Konzern in einer Aussendung Freitag Vormittag mit. Man habe sich mit Palmers über die Übertragung der Anteile an Palmers geeinigt. Lenzing hatte 50,1 Prozent, Palmers 49,9 Prozent an der Hygiene Austria gehalten.

Um den gründungskonformen Fortbestand zu gewährleisten, verzichtet Lenzing zunächst auf einen entsprechenden Kaufpreis. Das soll Palmers wiederum  ermöglichen, die Gesellschaft mit weiteren Finanzmitteln auszustatten, heißt es.

Zudem wird die Geschäftsführung neu besetzt: Mit Claudia Witzemann und Michael Schleiss werden mit heutigem Tag zwei erfahrene, externe Führungskräfte als Geschäftsführer der Hygiene Austria neu bestellt. Sie sollen die Gründungsidee, kostengünstige Masken herzustellen, fortführen.

Qualität der Masken

Die Qualität der Masken sei durch eine erneute Prüfung durch das ungarische Institut Gépteszt nochmals bestätigt. Somit sei auch die zukünftige Kennzeichnung der FFP2-Masken der Hygiene Austria durch die Prüfnummer gesichert. Und die Personaldienstleistungen werden neu ausgeschrieben: Die neue Geschäftsführung werde auf Arbeitskräfteüberlassungen mit höchsten Qualitätsansprüchen zurückgreifen, wird in der Aussendung versichert.

Der Maskenproduzent mit Sitz in Wiener Neudorf war im Zuge der Coronakrise vor knapp einem Jahr gegründet worden. Die beiden Gründungsunternehmen Lenzing und Palmers teilten damals mit, sie hätten "mehrere Millionen Euro" investiert und wollten mit der Schutzmaskenproduktion die heimische Versorgung sichern und den Standort stärken.

Hausdurchsuchung

Die Hygiene Austria geriet aber seit Anfang März 2021 in Folge einer Hausdurchsuchung im Zuge von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) massiv unter Druck. Ermittelt wird wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs.

Die Firma räumte daraufhin ein, FFP2-Masken zwar als "Made in Austria" beworben, einen Teil davon aber in China zugekauft zu haben. Außerdem wurden die Arbeitsbedingungen der großteils über Leiharbeitsfirmen beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kritisiert.

Verwandt mit Kurz

Der Skandal erhielt auch eine politische Dimension: Das Verwandtschaftsverhältnis der Büroleiterin des Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) mit dem Hygiene-Austria-Geschäftsführer (sie ist mit Palmers-Vorstand Luca Wieser verheiratet und mit Hygiene-Geschäftsführer Tino Wieser verschwägert) hat die Oppositionskritik befeuert. Tino Wieser wird laut dem Lenzing-Sprecher nicht mehr in der Hygiene Austria-Geschäftsführung vertreten sein.

Neben der WKStA wird sich auch das Handelsgericht noch mit der Causa beschäftigen: Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) geht im Auftrag des Sozialministeriums mit einer Klage gegen die nach Ansicht der Verbraucherschützer irreführende Bewerbung von FFP2-Masken der Hygiene Austria als "Made in Austria" vor. Das Handelsgericht Wien soll klären, ob zugekaufte Masken aus China als "Made in Austria" vertrieben werden dürfen.

 

 

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