Hygiene Austria: Streit unter den Eigentümern Lenzing und Palmers
Die Tage des Maskenherstellers Hygiene Austria LP GmbH mit Sitz in Wiener Neudorf könnten gezählt sein. Denn: Nach Platzen des Skandals rund um die Umetikettierung von chinesischen FFP2-Masken auf „Made in Austria“ und dem Verdacht der Schwarzarbeit sollte eigentlich eine forensische Aufarbeitung erfolgen. Diesen Plan hatte zumindest die Lenzing AG, der Mehrheitseigentümer (50,1 Prozent). Doch das Vorhaben ist offenbar am Minderheitseigentümer Palmers gescheitert.
„Lenzing hat vergangene Woche auf Basis der vertraglichen Vereinbarung mit Palmers versucht, die operative Kontrolle von Hygiene Austria zu übernehmen“, heißt es in einer Aussendung der Lenzing AG. „Da wir keinen vollständigen Zugang zu wichtigen Unterlagen sowie verlässlicher Dokumentation erhalten haben, sieht sich Lenzing außer Stand, die operative Geschäftsführung im Interesse der Kunden der Hygiene Austria auszuüben und die beabsichtigte forensische Arbeit zur Aufarbeitung der Vorgänge umfassend und in der erforderlichen Qualität umzusetzen.“
Kein Zugriff
Die Geschäftsunterlagen der Hygiene Austria sollen sich in Räumen des Minderheitseigentümers Palmers AG befinden, für die Lenzing „weder Zutritt noch Zugriff bekommen hat“. Der Ball liege jetzt bei den Strafbehörden. Palmers hat die Lenzing-Reaktion kalt erwischt. „Zu keiner Zeit hat Palmers die Aufklärung der Untersuchung behindert oder Unterlagen zurückgehalten“, ließ Palmers wissen.
Der Faserkonzern Lenzing zieht nun die Konsequenzen. Die Nominierung von Stephan Sielaff als Geschäftsführer der Hygiene Austria wird zurückgezogen und Stephan Trubrich wird als Geschäftsführer abberufen. „Ein ehest baldig zu bestimmender Wirtschaftstreuhänder wird mit der Verwaltung der Lenzing-Anteile an Hygiene Austria betraut.“ Im Vorstand der Lenzing AG wird ausschließlich Stephan Sielaff für die Beteiligung an der Hygiene Austria zuständig sein. „Er wird alle Entscheidungen mit dem Aufsichtsrat abstimmen“, heißt es weiter.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie des schweren gewerbsmäßigen Betrugs.
Die Hygiene Austria hatte eingeräumt, dass wegen der enormen Nachfrage ein chinesischer Lohnfabrikant mit der Produktion von Masken nach dem Baumuster der Hygiene Austria beauftragt wurde. Die Masken wurden aber als österreichische Produkte verkauft. Sie sind anscheinend in Ungarn zertifiziert worden und sollen im Einkauf angeblich deutlich teurer gewesen, als die selbstproduzierten Masken.
Schadensbegrenzung
Der verbliebene Geschäftsführer Tino Wieser vom Minderheitsgesellschafter Palmers muss sich nun alleine um Schadensbegrenzung im Maskenskandal kümmern. Eigentlich habe er das Unternehmen ganz übernehmen wollen, aber Lenzing habe den Kontakt abgebrochen, sagte Wieser am Montagabend zur APA.
"Letzte Woche haben wir zusammen mit der Lenzing an der Aufklärung der ganzen Sache gearbeitet, auch das ganze Wochenende bis auf gestern um acht Uhr, wo ich dann auf einmal allein da gesessen bin", sagte Wieser zur APA. "Heute kam das Statement zu Mittag, während alle Mitarbeiter zu einem Team Lunch eingeladen wurden, dass alle Mitarbeiter der Lenzing abgezogen werden."
Lenzing sei bis dahin mit 15 bis 20 Leuten vor Ort gewesen. "Von der Aufgabenaufteilung her war von Anfang an klar, dass die Lenzing die Produktion und die Materialbeschaffung plus Qualitätssicherung und Zertifikate macht", so Wieser. Die Aufgaben von Palmers seien Verkauf, Marketing, Logistik und Buchhaltung gewesen. "Ich finde es einfach nicht in Ordnung, wenn sich ein Partner in dieser Zeit, salopp gesagt, ein bissl davonstiehlt."
"Alles beschlagnahmt"
Die Begründung von Lenzing, wonach man keinen Zugang zu wichtigen Unterlagen erhalten habe, lässt Wieser nicht gelten. "Wissen Sie, was bei einer Hausdurchsuchung passiert? Die beschlagnahmen alles. Wir sind bis Samstagabend hier gesessen, haben alles zusammen ausgearbeitet. Gestern noch sind Daten ausgetauscht worden, heute in der Früh sind die letzten Daten ausgetauscht worden." Aber es sei eben keine Einsicht in Unterlagen möglich, die bei der Staatsanwaltschaft seien.
Am Wochenende sei die Maskenproduktion unterbrochen gewesen, inzwischen habe man sie aber wieder aufgenommen, berichtete Wieser. Man produziere jetzt eben vorerst auf Lager. "Die letzte Woche war jetzt nicht die umsatzstärkste, das muss man ganz klar sagen." Die Qualität der Masken sei aber hervorragend, auch wenn geringe Mengen in China zugekauft worden seien. Das habe man am vergangenen Wochenende neuerlich überprüfen lassen.
Er habe weiterhin vor, die Hygiene Austria ganz zu übernehmen. "Ich habe ein Übernahmeangebot gelegt, wir waren schon in Vertragsausarbeitung, es war für 14 Uhr heute der Notar bestellt", sagte Wieser. Stattdessen habe es aber die überraschende Presseaussendung der Lenzing gegeben. Er sei nach wie vor an der Übernahme interessiert, aber "da muss man mit mir reden. Wenn der Mehrheitsgesellschafter nicht mehr mit dir redet, dann wird's ein bissl schwierig. Ich habe alle angerufen, es hebt keiner ab."
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