Gestiegenes Bewusstsein
Die Österreicherinnen und Österreicher hegen zwar eine größere Liebe zum Verzehr von totem Tier als die Deutschen: Im Schnitt wurden im Vorjahr 60,5 Kilogramm Fleisch pro Person verzehrt. Aber auch dieser Wert ist gesunken – 2007 waren es noch knapp 67 Kilo. Laut einer Studie der Beratungsfirma Kearney isst ein Viertel der Menschen im deutschsprachigen Raum zumindest einmal pro Woche Alternativfleisch.
Warum die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten steigt, ist schnell erklärt: Das Bewusstsein für mögliche Auswirkungen auf Klima und Gesundheit bei einem zu hohen Fleischkonsum ist gestiegen, ebenso die Sensibilität für das Tierwohl.
Ein Fakt, den natürlich auch Lebensmittel-Giganten längst für sich erkannt haben. Und nutzen wollen. Viele Marken von Fleischersatzprodukten gehören zu großen Lebensmittelkonzernen. Ein Beispiel ist die aktuell vielbeworbene Marke „The Vegetarian Butcher“, der zu keinem geringeren als dem britischen Unilever-Konzern gehört. Ein anderer Lebensmittel-Riese, der Schweizer Konzern Nestlé, vertreibt unter der Marke „Garden Gourmet“ Fleischersatzprodukte. Nestlé macht mit reinen Fleischersatzprodukten einen Umsatz von mehr als 700 Millionen Franken (652 Mio. Euro), wie Konzernchef Mark Schneider im Herbst des Vorjahres dem Schweizer Tages-Anzeiger erklärte.
Stolze Wachstumsraten
Die Wachstumsrate liege im zweistelligen Bereich – jedes Jahr. „Hier tut sich etwas Gewaltiges“, erklärte Schneider. Nachdem ein paar vegane Produkte aber noch lange nicht ethisch sauber und umweltverträglich bedeutet, schon gar nicht für den gesamten Konzern, sind gerade die Giganten immer wieder in der Kritik. Etwa, wie im Fall von Nestlé , wegen des Wassergeschäfts oder der Nutzung von Palmöl.
Nur weil die Produkte selbst fleischlos sind, heißt das übrigens keinesfalls, dass auch die Unternehmen dahinter ausschließlich mit Vegetarischem oder Veganem ihr Geld verdienen. Auch hinter Beyond Meat steckt zumindest in Deutschland ein Fleischproduzent: Deutschlands größter Geflügelproduzent, die PHW-Gruppe, ist für den Vertrieb im Land verantwortlich.
Steigende Preise für Rohstoffe und Transport problematisch
Wie bedeutend Fleischersatzprodukte global sind, zeigt auch die jüngste Zusammenarbeit des Unternehmens: Zusammen mit PepsiCo hat man das Joint Venture PLANeT ins Leben gerufen und will Snacks und Getränke entwickeln. Auch in Österreich gibt es Hersteller von Fleischersatzprodukten, wenn deren Anzahl auch überschaubar ist. Die Marke Vegini von der Firma VeggieMeat etwa hat ihren Sitz in Österreich.
Problematisch sind allerdings die steigenden Preise für Rohstoffe und Transportkosten. Die Margen schrumpfen, weil die höheren Einkaufspreise nicht 1:1 weitergegeben werden können. Beyond Meat etwa bleibt hinter den Erwartungen zurück, das Erreichen der Gewinnschwelle ist weiterhin nicht in Sicht. An der Börse hat die Aktie daher seit Jahresbeginn um 60 Prozent auf zuletzt gut 25 Dollar verloren. Der Ausgabepreis lag im Mai 2019 bei rund 66,8 Dollar.
Der oberösterreichische Lebensmittelhersteller Neuburger wiederum hat seine vegetarische Marke Hermann wegen der zu hohen Kosten vorübergehend sogar eingestellt, wie das Unternehmen im März bekannt gab. Vielleicht bereut das Neuburger bald. Auch der größte Fleischproduzent Deutschlands, Tönnies, hat vor vier Jahren seine Veggie-Produkte weitgehend eingestellt. Jetzt investiert man aber wieder in Fleischersatzprodukte. 8,3 Millionen Euro Umsatz im Veggie-Bereich waren es 2019, bis 2025 sollen es 120 Millionen Euro sein.
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