Wenn Roboter arbeitslos werden
Der US-Elektroautobauer Tesla hat die Erfahrung bereits gemacht. Als im April kurzfristig die Produktion zurückgefahren werden musste, weil die Lager voll waren und nicht so viele Autos verkauft werden konnten, wie erhofft, waren Roboter in den Tesla-Fabriken zur Untätigkeit verurteilt. Sie konnten nicht für andere Aufgaben herangezogen werden, standen herum und kosteten dem Unternehmen, das kräftig in die Automatisierung seiner Fabriken investiert hatte, viel Geld.
Man sollte Menschen nicht vorschnell durch Roboter ersetzen, denn genau dann beginnen die Dinge schiefzulaufen, sagt die Roboterforscherin Kate Darling: „Wenn es in einer Fabrik keine Menschen mehr gibt, wird vielen Unternehmen auch klar, dass ein Roboter keine Schraube aufheben kann, die auf den Boden gefallen ist.
Darling forscht am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston an der Beziehung zwischen Menschen und Robotern. Davon, dass Menschen in Zukunft verstärkt emotionale Verbindungen zu Robotern eingehen werden, sei sie überzeugt, sagte Darling auf der Konferenz Sphere, die Ende Mai in Helsinki stattfand.
Auf die Frage, was mit Robotern passieren soll, die ihre Arbeit verlieren, hat aber auch Darling keine Antwort. Die Gefahr, dass dies künftig häufiger vorkommen werde, sieht sie durchaus: „Ich denke, dass weniger kurzfristige, gewinnorientierte Entscheidungen und ein kreativeres und fundierteres Nachdenken über die Vorteile der Automatisierung zu weniger Verschwendung führen können“, sagt sie im Gespräch mit dem KURIER.
Die amerikanisch-schweizerische Wissenschafterin forscht am Media Lab des MIT in Boston zu gesellschaftlichen Fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Robotern.
In ihrem 2021 erschienen Buch „The New Breed“ untersucht sie, was Menschen aus ihren Beziehungen zu Tieren über zukünftige Interaktionen mit Robotern lernen können. Wie wir unsere Beziehungen zu Robotern gestalten, gewinne an Bedeutung, sagt Darling. Denn die automatisierte Technologie komme schon lange nicht mehr nur in abgetrennten Bereichen in Fabriken zum Einsatz.
Auswirkungen auf Arbeitsmarkt schwer abschätzbar
Die Auswirkungen der Automatisierung auf den Arbeitsmarkt seien schwer abschätzbar und würden nicht nur von der Technologie bestimmt, so die Forscherin. Dort, wo es einen starken Arbeitnehmerschutz gebe, werde man andere Arten von Robotern sehen als in Ländern, wo das nicht der Fall sei.
Roboter könne man deshalb auch nicht für den Abbau von menschlichen Arbeitsplätzen verantwortlich machen. Schuld daran seien nicht die Androiden, sondern die Unternehmen, die sie einsetzen: „Sie entscheiden, ob sie in Technologie investieren, die Menschen helfen kann, ihren Job besser zu machen, oder in solche, die Arbeitsplätze wegrationalisiert“, sagt Darling.
Umwälzungen durch Künstliche Intelligenz
Große Veränderungen in der Robotik sieht sie durch generative Künstliche Intelligenz, wie sie etwa bei Systemen wie ChatGPT zum Einsatz kommt. So wie Künstliche Intelligenz heute von Texten und Bildern lernt, könnten Roboter schon bald Bewegungsabläufe aus der realen Welt selbstständig erfassen.
So schnell, wie viele glauben, werde das aber nicht passieren, meint die Forscherin. Zum einen gebe es zu wenige Trainingsdaten. „Wir haben viele Sprachdaten, aber wir haben nur wenige Daten darüber, wie Roboter Aufgaben erledigen.“ Zum anderen bringe die Interaktion mit der physischen Welt weit größere Herausforderungen mit sich.
Einsatz auch im Haushalt
Erste Unternehmen, darunter die US-Start-ups Covariant und Figure AI, arbeiten bereits an solchen Lösungen. Eingesetzt werden sollen die mit KI aufgemotzten Androiden nicht nur in Fabriken, sondern auch in der Pflege oder bei der Hausarbeit. Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostizierte vor Kurzem, dass rund 10 Prozent der Haushalte in der entwickelten Welt bis 2035 auf humanoide Roboterhelfer zurückgreifen könnten.
Tesla-Gründer Elon Musk kündigte bereits vor Jahren den Roboter Optimus an. Er soll unter anderem Einkäufe erledigen, bügeln und putzen. Auch der Gründer und Ex-Chef der US-Robotaxi-Firma Cruise, Kyle Vogt, erhielt zuletzt 150 Millionen Dollar für die Entwicklung eines menschenähnlichen Androiden für Zuhause.
Hype um Roboter
„Es gibt momentan einen Hype um Roboter, besonders um Haushaltsroboter“, sagt Darling: Man sei aber noch weit davon entfernt, dass humanoide Roboter menschliche Tätigkeiten in vollem Umfang übernehmen könnten, ohne andere dabei zu gefährden.
Für sie mache es wenig Sinn, künstliche Intelligenz ständig mit menschlicher Intelligenz und Robotern mit Menschen zu vergleichen. „Die Frage sollte nicht sein, ob wir menschliche Intelligenz nachbilden können, sondern warum wir das tun sollten“, sagt die Forscherin. Wirklich sinnvoll sei der Einsatz von Androiden vor allem dann, wenn sie über Fähigkeiten verfügen, die Menschen nicht haben oder die jene von Menschen erweitern.
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