Welt steuert laut IEA auf massives Erdöl-Überangebot zu

Ein Arbeiter neben Ölfässern in Chennai, Indien
Insbesondere in Amerika wird die Förderung bis 2030 massiv ausgebaut. Die Folge könnten Überkapazitäten von acht Millionen Fass pro Tag sein.

Die Nachfrage von Erdöl wird noch bis Ende des Jahrzehnts weiter steigen, prognostiziert die Internationale Energieagentur (IEA) in einem aktuellen Report. Zwar werde Europa bis dahin etwas weniger von fossilen Energieträgern abhängig sein, in Asien steigt der Bedarf aber noch.

Die weltweite Ölindustrie wird diesen Bedarf aber nicht nur decken können, sondern sogar über-erfüllen. Insbesondere auf dem amerikanischen Kontinent soll die Produktion ausgeweitet werden. Die Folge wäre nach Prognose der IEA ein Überangebot von acht Millionen Fass (je 159 Liter) pro Tag.

"In diesem Jahr erwarten wir einen Anstieg der Nachfrage um rund eine Million Fass pro Tag," sagte IEA-Chef Fatih Birol bei der Präsentation der Zahlen. Allerdings werde sich das Wachstum der Nachfrage abschwächen.

Das liege zum einen an der immer größeren Rolle der E-Mobilität. Zweitens werden aufgrund des weltweiten Erneuerbaren-Ausbaus weniger fossile Energieträger für die Stromproduktion verwendet. Laut dem Londoner Datenanalyse- und Beratungsunternehmen Global Data erreicht etwa China sein Ausbauziel 2030 für Photovoltaik und Windkraft bereits 2025. Steigen wird die Öl-Nachfrage aber voraussichtlich in den Sektoren Luftfahrt und Petrochemie.

Die Internationale Energieagentur (IEA) ist eine Kooperationsplattform der Industriestaaten zu Energiefragen. Sie wurde im Jahr 1974 als Reaktion auf die Ölkrise ins Leben gerufen, Österreich gehörte zu den Gründungsmitgliedern. Neben den inzwischen 31 Mitgliedern, haben elf weitere Volkswirtschaften, darunter China und Indien, den Status eines assoziierten Landes. Der Sitz der IEA ist in Paris, Exekutivdirektor ist seit 2015 der türkische Wirtschaftswissenschaftler Fatih Birol.

Die vielleicht wichtigste Veränderung finde in China statt, sagte Birol. In den letzten zehn Jahren seien etwa 60 Prozent des Nachfrageanstiegs auf dieses Land alleine entfallen. Die chinesische Volkswirtschaft werde allerdings in den nächsten Jahren weniger stark wachsen, dementsprechend sollte auch der Energiehunger weniger stark zunehmen.

In Zahlen ausgedrückt: Nach Prognose der IEA wird die weltweite Öl-Nachfrage bis 2030 um etwa drei Prozent auf 106 Millionen Fass pro Tag wachsen, die Produktionskapazitäten aber auf 114 Millionen Fass. Das wäre ein mit Ausnahme der Zeit der Corona-Pandemie noch nie dagewesener Überschuss. In den Jahren danach wird die Nachfrage voraussichtlich stabil bleiben, bevor sie langsam zu sinken beginnt.

Die Prognose geht von aktuellen Regelungen und Gegebenheiten aus. Welche zusätzlichen Maßnahmen große Wirtschaftsräume treffen, um ihre Klimaziele zu erreichen, kann dabei nicht mit ein einberechnet werden.

Auch ist nicht klar, wie schnell die Industrie auf einen etwaigen Preisverfall reagieren würde. So hat etwa das Ölkartell OPEC in den vergangenen Jahren die Förderung gekürzt, um in Anbetracht der schwachen Konjunktur den Preis zu stützen. Profitiert haben davon vor allem Öl-Produzenten in den USA, die ihre Förderungen ausgeweitet haben. der Marktanteil der OPEC+ (OPEC und weitere Förderländer, inklusive Russland) ist deswegen auf 48,5 Prozent gefallen, den niedrigsten Wert seit dem Auftreten des Zusammenschlusses im Jahr 2016. Da diese höhere durchschnittliche Produktionskosten haben als etwa die staatlichen arabischen Produzenten, könnte das Geschäft für sie auch schneller wieder unattraktiv werden. Absehbar ist laut der IEA zudem, dass Öl-Produzenten andere Geschäftsfelder forcieren und etwa ihre Raffinerien für biogene Treibstoffe erweitern, oder mehr Erdgas fördern.

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