Europas Wasserstoff-Wettrennen startet - und es sind Milliarden im Spiel

Eine der wenigen Anlagen, die bereits laufen, von Iberdrola in Spanien
Solarpaneele bis zum Horizont, gleich daneben riesige Stahlbehälter und Pipelines und darüber die gleißende Sonne: Auf der Leinwand in einem Brüsseler Konferenzsaal sieht es wirklich beeindruckend aus, das „Tal des Grünen Wasserstoffs“ in Andalusien, in Spaniens tiefem Süden. Drei Milliarden Euro will Spaniens Mineralöl-Riese CEPSA in das Projekt investieren. „Unser Beitrag zur Energiewende“ nennt es einer ihrer Sprecher.
Geschäftsfeld der Zukunft
Für den Konzern, der heute noch Millionenumsätze mit fossiler Energie erwirtschaftet, soll es das Geschäftsfeld der Zukunft sein.
Kunden in ganz Europa
300.000 Tonnen Wasserstoff sollen die zwei Anlagen unweit von Gibraltar jährlich produzieren. Angetrieben allein durch den Strom, den Solar- und Windkraftanlagen produzieren, soll Wasserstoff durch Elektrolyse von Wasser produziert werden und Kunden in ganz Europa versorgen.

Solarpaneele, Energielieferant für die Elektrolyse
Wasserstoff im Einsatz
Und die dürften – so das Kalkül der Hersteller – demnächst Schlange stehen. Stahlproduzenten wollen ihre Produktionsanlagen umstellen, auf Wasserstoff, oder einen daraus hergestellten Brennstoff. Die Flugindustrie braucht klimaneutralen Treibstoff, ebenso jene Flotten an schweren Lkw, die gerade im Fernverkehr nur mit Mühe elektrisch betrieben werden können.
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Graue Realität
„Derzeit sind sehr viele Leute unterwegs, die überzeugt sind, bald sehr viel Geld verdienen zu können“, analysiert Marta Lovisolo, Wasserstoff-Expertin des Think Tanks Bellona in Brüssel, die derzeitige Startposition für Europas Rennen um den Grünen Wasserstoff. Nicht nur die CEPSA, auch Österreichs OMV plant – wenn auch in kleinerem Maßstab – die Produktion von Wasserstoff durch Elektrolyse. Der Autohersteller Porsche hat mit seinem Elektrolyse-Projekt in Chile begonnen, dort will man E-Fuels aus Wasserstoff herstellen.
Die Pläne sind fertig, werden in Hochglanz vor Medien und Investoren präsentiert, die Realität aber ist noch deutlich grauer – und zwar im wahrsten Sinn des Wortes. Fast der gesamte Wasserstoff, der heute schon praktisch zum Einsatz kommt, ist sogenannter „Grauer Wasserstoff“, und der wird ganz und gar nicht klimafreundlich aus Erdgas aus fossilen Quellen hergestellt, von Energiekonzernen wie CEPSA, oder der OMV.
EU hält Milliarde bereit
Doch der Umstieg soll jetzt deutlich beschleunigt werden, das ist das erklärte Ziel der EU, die sich ja mit ihrem Green Deal in ein sehr enges Zeitkorsett gezwängt hat, um klimaneutral zu werden. Für den Umstieg auf Grünen Wasserstoff hat man eine eigene „Wasserstoff-Bank“ konzipiert. Drei Milliarden Euro an Förderungen soll die in die Wasserstoff-Produktion pumpen.
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Marktpreis ausgeglichen
Das Prinzip ist simpel: Produzenten, die Grünen Wasserstoff investieren, sollen einen garantierten Fixpreis für jede Tonne erhalten. Den Unterschied zum aktuellen Marktpreis gleicht die EU-Förderung über mehrere Jahre aus. Das System steht, das Geld soll noch heuer fließen – und die potenziellen Produzenten sind mit ihren Projekten in Lauerstellung.
Lauerstellung
„Jeder wartet quasi darauf, dass der Mitbewerber sich traut und loslegt“, analysiert die Expertin. Doch so einfach, wie in den Unternehmensbroschüren dargestellt, sei Wasserstoff nicht zu handhaben. Transport, egal ob über Pipelines, oder Tankschiffe, sei technisch aufwendig und riskant: „Wir werden uns genau überlegen müssen, wofür wir ihn einsetzen – um unsere Häuser zu heizen, das wäre die falsche Anwendung.“
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