Gefangen in der Warteschleife: Warum Firmen Kunden hängen lassen
Ewiges Warten in der Telefonwarteschleife, wer kennt das nicht? Ob man eine Billigfluglinie oder einen Servicedesk oder einen Energieversorger anrufen will – oft nimmt das Warten kein Ende und nach einer gefühlten Ewigkeit gibt man auf. Nicht selten lassen einen die Unternehmen 30 Minuten oder länger in der Leitung hängen.
Kosten-Nutzen-Rechnung
30 Minuten lang einen Telefonanruf nicht entgegenzunehmen – geht das in der heutigen Zeit noch, wo angeblich Zufriedenheit großgeschrieben und Kunden heißer denn je umworben werden? Und vor allem: Warum machen Unternehmen das und riskieren den Unmut oder gar Verlust des Kunden?
„Offenbar handelt es sich um eine Kosten-Nutzen-Rechnung“, sagt Gabriele Zgubic, Leiterin der Abteilung Konsumentenschutz in der Arbeiterkammer (AK). So lange Callcenter-Mitarbeiter teurer sind als das Verärgern oder Verlieren von Kunden, würde man es hinnehmen. Hier werde auf Kosten der Kunden gespart.
So lange sich diese Praxis ökonomisch auszahle, werde das auch weiterhin so gehandhabt. Denn Kunden würden sich nicht gleich von einem Unternehmen abwenden, jene mit langfristigen Verträgen ohnehin nicht. Dass viele Unternehmen nicht gerne angerufen werden, bemerke man bereits daran, dass Telefonnummern gut versteckt oder gar nicht vorhanden seien, sagt Zgubic.
Standardisierte Antworten
Oft könne man nur per eMail oder Chatbots Kontakt aufnehmen. „Es gibt aber viele Probleme, die man nur im Gespräch mit einer Person lösen kann.“ Stattdessen bekomme man oft nur standardisierte Antworten, die einem nicht weiterhelfen würden. Dass der Kunde König sei, wertet sie bei vielen Unternehmen nur als Lippenbekenntnis. „Wenn es ums Geld geht, dann ist man nicht mehr so bemüht.“
Laut ihrer Beobachtung würden zu den schwer erreichbaren Unternehmen ausgerechnet jene zählen, die eigentlich leicht erreichbar sein sollten, wie Telekomunternehmen, Banken oder Energieversorger.
Manuela Robinson, Bereichsleiterin Beratung im Verein für Konsumenteninformation (VKI), erhält immer öfter Beschwerden darüber, dass Unternehmen schwer erreichbar sind: „Das wird leider immer schlechter.“ Immer öfter würden Kunden in Kontaktformulare gedrängt, was für Unternehmen günstiger sei. „Leider gibt es in Österreich dazu wenig Vorschriften“, sagt Robinson.
Laut Gesetz müsse der Kunde mit einem Unternehmen einfach und effizient kommunizieren können, Telefonnummer müsse aber keine angegeben werden. Hier herrsche rechtlich Unklarheit. Zu einem echten Problem wird die Abschottung der Unternehmen, wenn es schnell gehen muss. „Wenn jemand am Flughafen rasch eine Rückmeldung von einer Fluglinie braucht, ist ein eMail-Kontakt wenig hilfreich“, so Robinson.
Dumm stellen
Warteschleifen wollen oft, dass man etwas sagt oder bestimmte Tasten drückt, um weiter zu kommen. Wenn man das vermeidet, wird man oft automatisch an einen verfügbaren Mitarbeiter weitergeleitet. Das funktioniert aber nicht immer beim ersten Mal
Forsch sein
Häufig findet man nur Fax-Nummern. Wählt man statt dem letzten Zahlenblock z. B. 0 oder eine andere Nummer (z. B. statt -150 für das Fax einfach -100, -110 oder Ähnliches) kommt man oft zu einem Mitarbeiter durch
Locker bleiben
Hauptanrufzeiten sollte man vermeiden. Von 12 bis 14 und nach 17 Uhr wartet man am längsten
Verschiedene Gründe
Unternehmen aus den diversen Branchen versuchen, die Vorwürfe zu entkräften: Täglich rufen bis zu 10.000 Menschen im Kundenservice der Wien Energie an, rund 800 Kunden suchen jeden Tag persönlich Unterstützung im Servicezentrum, berichtet Wien-Energie-Sprecherin Astrid Salmhofer: „Ein Ansturm, den es so noch nie gab.“
Grund dafür sind die Entwicklungen am Energiemarkt und eine hohe Verunsicherung der Kunden. Die Beratungen seien viel zeitintensiver geworden, die Wartezeit könne auch einmal länger dauern. Um dem Ansturm besser gerecht zu werden, wurde die Zahl der Mitarbeiter im Kundenservice um ein Drittel aufgestockt sowie eine Abend- und Wochenendschicht eingeschoben.
"Transparent veröffentlicht"
Die Aussagen der AK und des VKI kann man beim Telekomanbieter A1 nicht nachvollziehen. „Unsere Rufnummern und Kontaktmöglichkeiten veröffentlichen wir sehr transparent auf unserer Website“, sagt A1-Sprecher Jochen Ohnewas-Schützenauer. Im Jänner seien 85 Prozent der Kunden innerhalb einer Minute serviciert worden.
Die Callcenter würden anhand historischer Werte geplant, also z .B. wie viele Menschen typischerweise an einem Montag zwischen 8 und 9 anrufen. „Sollte es durch eine Häufung von Kundenanfragen zu längeren Wartezeiten kommen, bieten wir das Rückrufservice an“ sagt Ohnewas-Schützenauer. Dabei warten die Kunden nicht in der Warteschleife, sondern erhalten einen Rückruf, sobald ein Serviceberater frei ist. Der Rückruf erfolgt im Schnitt innerhalb von 30 Minuten.
„Die Bawag hat in den letzten 18 Monaten die telefonische Erreichbarkeit im Kundenservicecenter signifikant gesteigert“, sagt Unternehmenssprecher Manfred Rapolter. Beleg dafür sei die Verkürzung der durchschnittlichen Wartezeit an der Telefonhotline um rund 40 Prozent. Dies spiegle sich auch in positiverem Kundenfeedback wider.
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