Warum trotz Rekordnachfrage bei Gas keine Engpässe drohen
Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) soll die globale Nachfrage nach Gas heuer mit 4.200 Milliarden Kubikmetern einen Rekordwert erreichen. 2025 wird mit einem weiteren Anstieg um 2,5 Prozent gerechnet.
Weil mit dem Auslaufen des Durchleitungsvertrags ab Ende Dezember kein russisches Gas über die Ukraine mehr nach Europa fließen könnte, sieht die IEA Risiken für die Gasversorgung im Winter.
"Bewährungsprobe"
Denn Flüssiggas (LNG) aus den USA, Katar oder anderen Quellen, das schon heute einen Gutteil des russischen Gases in Europa ersetzt, wird auch in Asien wegen der wieder anspringenden Konjunktur stark nachgefragt, so die IEA. Im britischen Economist war von einer „ersten echten Bewährungsprobe für den globalen Flüssiggasmarkt“ die Rede. Vor Deutschland sollen bereits Schiffe abgedreht sein, um LNG, das für den europäischen Markt bestimmt war, nach Asien zu liefern, weil dort mehr bezahlt wird.
Man habe zuletzt gesehen, dass mehr LNG nach Asien gegangen und weniger in Europa angekommen sei, sagt Leo Lehr, Volkswirt bei der Regulierungsbehörde E-Control. In Europa habe man es wegen der hohen Füllstände in den Speichern aber nicht benötigt. Dazu komme, dass in den nächsten Jahren erhebliche Kapazitäten an LNG dazukommen werden. Das dürfte ausreichen, um die steigende Nachfrage zu bewältigen, sagt Lehr.
Speicher prall gefüllt
In Europa sind die Gasspeicher prall gefüllt. In Österreich zu mehr als 92 Prozent. „Bei den Speicherständen gehen wir davon aus, dass wir für den nächsten Winter kein Problem haben werden“, sagt Carola Millgramm, Leiterin der Gasabteilung in der E-Control. „Wenn der Winter nicht sehr kalt werde und die Nachfrage nicht deutlich ansteige, sei man auch in den folgenden Jahren in einer “komfortablen Situation“.
Die Auswirkungen eines möglichen Lieferstopps aus Russland hat die E-Control gemeinsam mit der Österreichischen Energieagentur bereits im Juni analysiert. Eine Gasmangellage sei „selbst bei eingeschränkter Verfügbarkeit von alternativen Importen via Italien und Deutschland, hohen Gasverbräuchen in Österreich und gleichzeitig erhöhten Exporten in die Nachbarländer“ nicht zu erwarten, heißt es in der Analyse.
Kurzfristig teurer
Wie aber wirkt sich die steigende globale Nachfrage und ein mögliches Aus für russisches Gas auf die Preise aus? Preistreibende Effekte seien gegeben, sagt Lehr. Der Energiepreis könnte sich kurzfristig um bis zu 30 Prozent verteuern. Langfristig sehe man aber eine stabile Entwicklung auf jetzigem Niveau.
Daneben gebe es aber auch weitere Risiken, etwa die Lage im Nahen Osten und ob dort regionale Gaslieferanten betroffen sein könnten, sagt Lehr. Bisher sehe man aber noch keine Auswirkungen auf die Gasinfrastruktur.
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