Warum Tojner mit Varta immer noch ein gutes Geschäft macht
Andrea Hodoschek
20.08.24, 05:00Der Sanierungsplan für den schwer angeschlagenen deutschen Batteriehersteller Varta steht: Schuldenschnitt von fast einer halben Milliarde Euro auf 200 Millionen, Herabsetzung des Grundkapitals auf Null. Alle Aktionäre werden kalt enteignet, Abflug von der Börse.
Einer der Bestandsaktionäre zählt allerdings nicht zu den Verlierern.
Der umstrittene Investor Michael Tojner, dessen Lack als erfolgreicher Industrieller abgeblättert ist, „soll bzw. könnte an der geplanten Restrukturierung partizipieren“, was die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) „besonders absurd“ findet. „Wenn das alles so kommt wie geplant, hat Tojner trotzdem gewonnen. Das hat schon ein G’schmäckle“, sagt DSW-Sprecher Erik Bethkenhagen. Der DSW hat ein Expertenteam zusammengestellt und sammelt Vertretungsvollmachten von Aktionären ein, „der nächste Schritt ist die Klage gegen das Vorgehen und mögliche Managementfehler, die das Unternehmen überhaupt in diese Lage brachten“. Tojner ist Aufsichtsratsvorsitzender.
Frisches Kapital kommt von Porsche und Tojners MT InvestCo, jeweils 30 Millionen. Beide sollen je 32 Prozent an Varta halten, den Rest neue Investoren.
Tojner stellt sich gerne als Opfer hin, um das Unternehmen mit fast 4000 Jobs zu retten. Seine Aktien als Mehrheitseigentümer würden ja ebenfalls wertlos. Doch Aktionärsvertreter sehen in Tojner keineswegs den Weißen Ritter. Unter den Titel „Großaktionär Michael Tojner – auch nach Restrukturierung der Gewinner“ präsentierte der DSW kürzlich auf einer Videokonferenz für die Aktionäre seine etwas andere Sicht der Dinge: „Teilverkäufe und Dividenden überkompensieren Investitionen, Kapitalerhöhung und Rekapitalisierung“.
Aktienverkäufe und Dividenden
Seit der Varta-Übernahme 2007 von der Deutschen Bank und der Industriellenfamilie Quandt habe Tojner Aktienpakete im Gesamtwert von 194 Millionen verkauft. 2021 und 2022 konnte er sich über Dividenden von 100,4 Millionen Euro freuen. Beim Börsegang 2017 sammelte Varta 225 Millionen ein, davon entfielen 80 Millionen auf Tojner.
Macht in Summe 374 Millionen. Davon wurden 50 Millionen für die Kapitalerhöhung 2023 und nochmals geschätzte 50 Millionen für die Übernahme der restlichen Varta-Anteile 2011 abgezogen.
Bleiben laut DSW unterm Strich 274,4 Millionen realisierter Ertrag.
„Für Tojner ist das ein Geschäft. Er bekommt jetzt für wenig Geld Anteile an einem teilentschuldeten Unternehmen und kann als einziger Altaktionär am Wiederaufstieg teilhaben“, kritisiert Florian Beckermann, Vorstand des Interessenverbandes für Anleger. Einst rangierte der Varta-Kurs im SDax über 180 Euro, „jetzt kämpft man mit der Null - eine beispiellose Geldvernichtung“.
„Seit 2008 wurden 1,1 Milliarden in Varta investiert. Der Umsatz hat sich fast versechsfacht und von diesem wirtschaftlichen Erfolg haben alle Aktionäre in gleicher Weise profitiert. Die nunmehrige Sanierung ist gesetzlich genau geregelt und auch die Herabsetzung des Grundkapitals ist dabei zwingend vorgesehen“, kontert ein Tojner-Sprecher. Varta und Tojner berufen sich dabei auf das deutsche StaRUG, das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz.
Damit hatte bereits einmal ein österreichischer Industrieller die Anleger entschädigungslos hinausgedrängt, _ KTM-Chef Stefan Pierer bei der Übernahme des Autozulieferers Leoni AG.
andrea.hodoschek@kurier.at
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