Warum Gewerkschaften Arbeitgeber immer wieder ins Schwitzen bringen
Am Dienstag gehen die Verhandlungen für einen neuen Kollektivvertrag für den Handel weiter. Und auch bei den Verhandlungen um einen neuen Bahn-KV und beim Sicherheitspersonal am Flughafen spitzt es sich zu. Der KURIER hat sich davor angesehen, wie stark eigentlich die Gewerkschaften noch sind und wieweit sie untereinander kooperieren oder konkurrieren.
Auch wenn die Mitgliederzahlen ihre Höchststände aus den 80er-Jahren schon lange überschritten haben, sollte man die Macht der Gewerkschaften auch heute nicht unterschätzen. Deren Kraft beruht vor allem auf dem hohen Organisierungsgrad, erklärt Brigitte Pellar, Historikerin mit dem Spezialgebiet Gewerkschaft und Inte
Die Gewerkschaft kann die Arbeitgeber bei Verhandlungen also noch immer ordentlich in den Schwitzkasten nehmen, weil sie für große Gruppen verhandelt. „Sie verhandelt auch Kollektivverträge für Nicht-Mitglieder. Das ist weltweit einzigartig“, sagt Pellar. Deshalb seien in Österreich die Durchschnittslöhne relativ hoch, auch wenn die Abschlüsse nicht immer hoch seien.
Schwer zu erreichen
Den tiefsten Mitgliederstand hatte die Gewerkschaft während der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 bis 2009. „Da gab es viel Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. In Zeiten der Unsicherheit ist es immer schwierig, an die Leute heranzukommen“, erzählt die Historikerin. Nach der Krise ist die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder gestiegen, ehe es wegen der Corona-Pandemie zu leichten Rückgängen kam.
Etwas verschlechtert hat sich der Stand der Gewerkschaften allerdings dadurch, dass sich die Regierungen seit dem EU-Beitritt zunehmend aus der Sozialpartnerschaft zurückgezogen haben – vor allem das erste Kabinett-Schüssel im Jahr 2000. Die Gewerkschaft wurde nur noch konsultiert, wenn es unbedingt nötig war, sagt Pellar.
An einem Strang ziehen
Die Macht innerhalb der Gewerkschaften ist laut der Historikerin recht ausgeglichen. Zwar gebe es interne Konflikte, doch würden die Gewerkschaften immer im Sinne der Arbeitnehmerinteressen handeln. Und das, obwohl die sieben Teilgewerkschaften verschieden stark sind. Sie sind unter dem Dach des „überparteilichen aber nicht unpolitischen ÖGB organisiert“, sagt Pellar.
Auch das ist einzigartig – in anderen Ländern seien die Gewerkschaften meist Richtungsgewerkschaften, also politischen Ideologien zuzurechnen und würden sich oft gegenseitig „befetzen“. Bezogen auf die Stärke der Teilgewerkschaften würde Pellar diese folgendermaßen reihen:
Reihung
Von der Mitgliederzahl her ist die Angestelltengewerkschaft GPA durch Fusionen in den vergangenen Jahren die Nummer eins geworden, von der Organisationsstärke ist sie das aber nicht.Das ist nach wie vor die Metaller-Gewerkschaft Pro-Ge, auch wenn die Zahl der Mitglieder leicht zurückgegangen ist. Ein Grund für die Stärke ist, dass die Wertschöpfung sehr hoch ist.Die Eisenbahnergewerkschaft vida ist eine sehr starke und selbstbewusste Gewerkschaft, wenn auch nicht die größte. Sie hat sich stabil gehalten.
Ebenfalls stabil geblieben ist die Beamtengewerkschaft GÖD, die sehr durchsetzungsfähig ist. Sie hat die stärkste finanzielle Macht, weil die Beamten gut organisiert sind.
Die Younion – die ehemalige Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – ist eher in Wien stark, in den Bundesländern etwas weniger.
Die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten hat einen großen Strukturwandel in der Branche hinter sich, der sich auf ihre Durchsetzungskraft aber kaum ausgewirkt hat.
Die Gewerkschaft Bau-Holz hat zwar einige Probleme mit Schwarzarbeit, konnte ihre Durchsetzungskraft aber ebenfalls behaupten.
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