Vorbild Österreich: US-Arbeitsminister will die Lehre importieren

Vorbild Österreich: US-Arbeitsminister will die Lehre importieren
US-Delegation besucht Lehrbetriebe in Österreich. Zahl der Lehranfänger stieg im Vorjahr auf höchsten Wert seit 2013.

In Österreich nach wie vor im Imagetief, im Ausland heiß begehrt: Die duale Lehrlingsausbildung wird angesichts der wachsenden Fachkräftekrise immer mehr zum Exportschlager. Nach einigen asiatischen Ländern sowie Serbien wollen nun auch die Vereinigten Staaten die Lehre nach österreichischem Vorbild "importieren".

US-Arbeitsminister Marty Walsh schaut sich dieser Tage höchstpersönlich die betriebliche Ausbildung in den heimischen Betrieben an. Am Mittwoch stattete er mit einer Delegation der Wirtschaftskammer in Wien einen Besuch ab. Am Donnerstag besichtigt er mit seinem Amtskollegen Martin Kocher (ÖVP) das voestalpine-Ausbildungszentrum in Linz.

In den USA gibt es zwar eine Form der praktischen Ausbildung - genannt "vocational training" - doch ist diese auf bestimmte  Regionen und Branchen begrenzt und - wie zum Teil in Österreich - gesellschaftlich wenig angesehen.  "Wir planen eine enge Kooperation mit den USA. Davon profitieren auch unsere 140 österreichischen Niederlassungen in den USA", sagte Mariana Kühnel, die stv. Generalsekretärin der WKO. Sie hofft, dass noch weitere Länder folgen könnten. Die duale Berufsausbildung ist neben Österreich nur in der Schweiz und in Süddeutschland eine etablierte Ausbildungsform.

Wieder mehr Lehranfänger

In Österreich ist nach den coronabedingten Rückgängen die Zahl der Lehranfänger wieder deutlich im Steigen. Im Vorjahr haben 35.233 junge Menschen eine Lehre begonnen, so viele wie zuletzt 2013. Ein Plus von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Besonders viele Lehranfängerinnen und Lehranfänger verzeichneten die Sparten Information & Consulting (+29 Prozent), Tourismus & Freizeitwirtschaft (+28 Prozent) sowie Bank & Versicherung (+31 Prozent). Zahlenmäßig die höchsten Zuwächse gab es in der Industrie (+17 Prozent oder 684), erneut in Tourismus & Freizeitwirtschaft (+28 Prozent oder 605) sowie in Gewerbe und Handwerk (+3 Prozent oder 405). Im Bundesländervergleich gab es in Wien den größten Zuwachs.

Vorbild Österreich: US-Arbeitsminister will die Lehre importieren

"Digitale Inhalte wirken"

"Das Werben um die jungen Fachkräfte zeigte Wirkung, vor allem digitale Inhalte wirken", freute sich Kühnel über die Statistik. Zu den gefragtesten Lehrberufen zählten die Elektrotechnik (2.699 neue Lehrlinge), Metalltechnik (2.514), Mechatronik (866) sowie Restaurantfachkräfte (536) und IT-Lehrlinge (502). Gerade in diesen Berufen gibt es jedoch auch den größten Personalmangel. Beim AMS sind aktuell fast 10.000 mehr offene Lehrstellen als Bewerberinnen und Bewerber. Insgesamt wurden per Ende 2022 in Österreich 108.085 Lehrlinge ausgebildet, um 0,5 Prozent mehr als 2021.

Mit Lehrstelle zufrieden

Laut einer Market-Umfrage im Auftrag der WKÖ unter 487 Lehrlingen sind 73 Prozent der Befragten mit der eigenen Lehrstelle (sehr) zufrieden. 82 Prozent sind überzeugt, mit einer abgeschlossenen Lehre leicht einen Arbeitsplatz zu finden. Und 79 Prozent glauben laut der Umfrage, dass eine Lehre besser auf das Arbeitsleben vorbereite als die Schule. Dass mit der Lehre die Karrieremöglichkeiten beschränkt seien, sehen nur wenige Lehrlinge. Denn 85 Prozent wissen laut Umfrage um die Weiterbildungsmöglichkeiten nach einer Lehre. "Die Lehre wird längst nicht als Einbahnstraße empfunden, sondern als Highway in Richtung berufliche Zukunft", fasst Kühnel zusammen. 

Wertschätzung fehlt

Kritik von den Lehrlingen gibt es aber wegen der oft fehlenden Wertschätzung für die Lehre besonders bei der älteren Generation. So würden sich 47 Prozent von der breiten Öffentlichkeit "mehr Anerkennung und Respekt für die Lehre als Ausbildung" wünschen. "Jeder Lehrberuf wird alle vier Jahre überarbeitet, die Lehre verändert sich rascher als ihr Image", sagt Kühnel.

Die WKO fordert daher erneut mehr Durchlässigkeit zum schulischen System - Stichwort duale Akademie - sowie Reformen bei der höheren Berufsbildung. So soll wie in Deutschland der Meister als "Bachelor Professionell" anerkannt werden. "Die Titelfrage ist das Um und Auf bei der höheren Berufsbildung", so Kühnel.

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