Viele Krisenherde: Feuerwehrausrüster Rosenbauer in Alarmbereitschaft
Nachdem Dieter Siegel nach mehr als zehn Jahren das Steuer bei Rosenbauer abgegeben hat, sprach der KURIER mit dem neuen Chef, Sebastian Wolf, wohin die Reise der Leondinger in Zukunft gehen soll. Wolf will sich weniger auf Neuentwicklungen, dafür mehr aufs Verkaufen konzentrieren.
KURIER: Was wird mit dem neuen Chef bei Rosenbauer anders?
Sebastian Wolf: Der operative Fokus wird sich verstärken. Wir haben zur Interschutz im Juni (Branchenmesse, Anm.) viele Produktentwicklungen abgeschlossen, jetzt konzentrieren wir uns voll auf das Verkaufen und Bauen von Feuerwehrfahrzeugen. Mein Vorgänger Dieter Siegel hatte einen starken strategischen Fokus. So ist etwa unter seiner Ägide unsere langfristige Konzernstrategie „Rosenbauer City 2030“ entstanden, die einen Schwerpunkt auf die E-Mobilität legt. Diese wird weiterverfolgt. Unsere Elektrofahrzeuge sind bereits in Amsterdam, Berlin, Dubai und Los Angeles im Einsatz, das wollen wir mehr vermarkten.
Wieso kam es zum Chefwechsel?
Der Aufsichtsrat wollte in einer schwierigen Zeit einen starken operativen Fokus haben. Das Ergebnis war im Halbjahr negativ, hier gab es Unzufriedenheit. Das führte letztlich zum Wechsel. Ich werde die Vorstandsarbeit der vergangenen Jahre fortführen, aber das Ergebnis steht im Vordergrund, noch vor dem Umsatz.
Wollte Herr Siegel nicht noch bleiben?
Dieter Siegel hat seine Funktion im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat niedergelegt.
Er wollte den Umsatz in den kommenden Jahren verdoppeln. Sie auch?
Das gilt unverändert. Wir wollen den Umsatz bis 2030 von einer auf zwei Milliarden Euro verdoppeln und den Absatz von zirka 2.000 auf 3.000 Fahrzeuge steigern. E-Fahrzeuge haben einen höheren Stückpreis. Wir wollen nicht nur das Fahrzeuggeschäft ausbauen, sondern auch die Bereiche Digitalisierung, Ausrüstung und Service. Wir wollen unseren technologischen Vorsprung behalten, werden aber gleichzeitig gewisse Produkte auslaufen lassen.
Bereiten Ihnen die unterbrochenen Lieferketten Probleme in der Produktion?
Das ist derzeit ein schwieriges Thema. Es gibt Engpässe bei Fahrgestellen und Chips. Laut Infineon (Halbleiterhersteller, Anm.) werden Chips noch bis 2023 Mangelware sein. Wir brauchen sie für unsere Module, für Displays und Steuerungen. Wir haben bei Motoren Wartezeiten von 100 Wochen, bei Fahrgestellen zwölf bis 16 Monate. Früher haben wir sie in drei bis sechs Monaten bekommen.
Wie stark spürt Rosenbauer die Teuerung?
Vorprodukte wie Alubleche oder Stahlkomponenten werden teurer. Wir sind Auftragseinzelfertiger und bauen lauter verschiedene Fahrzeuge. Das hat den Nachteil, dass unsere Prozesse komplex sind. Das muss man aktiv managen.
Und wie sehr ist Rosenbauer von Gas abhängig?
Gas brauchen wir wenig. In Leonding haben wir bei der Heizung im Büro und in der Produktion auf Fernwärme umgestellt. In Neidling (Bezirk St. Pölten-Land, Anm.) verwenden wir noch Gas, wir sind aber ein sehr kleiner Gasverbraucher. Bei größeren Gasproblemen würden wir eher dadurch Probleme bekommen, dass manche unserer Lieferanten die Produktion einstellen müssten.
Wie trifft Sie der Krieg in der Ukraine?
Die Ukraine ist einer unserer Märkte, aber kein sehr großer. Wir spüren eher die Folgeeffekte. Der Hersteller Leoni hat Kabelbäume aus der Ukraine an MAN geliefert, MAN hat im ersten Halbjahr 2022 rund 30 Prozent weniger Fahrgestelle ausgeliefert. Ein kurzfristiger Wechsel des Fahrgestelles ist nicht möglich, da sich unsere Kunden die Fahrgestelle bei verschiedenen Herstellern aussuchen und wir den Aufbau fertigen und auf das Fahrgestell montieren.
Was würde für Rosenbauer eine Eskalation des Krieges in der Ukraine bedeuten?
Wir sind auf einen Gaslieferstopp vorbereitet, wir könnten dann noch zwei Wochen lang produzieren. Die Lieferketten würden dann wahrscheinlich abbrechen. Wir haben einen Krisenstab nominiert, aber noch nicht einberufen.
Dass aus China weniger Waren kommen, beeinträchtigt Sie nicht?
Wir spüren eher die starke Abschottung Chinas, der Protektionismus wurde ausgebaut. Wir beziehen 80 Prozent der Vorprodukte aus Europa, auch in den USA haben wir viel lokale Beschaffung. Wir sind sehr resilient. Aus China wären die Transportkosten zu hoch. Außerdem beziehen wir High-Tech-Produkte, da haben wir in Europa noch einen Vorsprung.
Sind Ihre Kunden von der Teuerung betroffen?
Während Corona war die Entwicklung am Heimmarkt sehr positiv. Unsere Kunden sind hauptsächlich Kommunen. Wir haben einen Auftragsstand von 1,3 Milliarden Euro, das ist Rekord. Wir wollen heuer eine Milliarde abarbeiten, wir haben noch Arbeit bis weit ins nächste Jahr und dadurch eine hohe Planungssicherheit.
Bremsen die hohen Strompreise den Absatz von Elektro-Fahrzeugen?
Das hat wenig Einfluss. Feuerwehrfahrzeuge fahren vergleichsweise nur wenige Kilometer. Ich sehe den Trend hier ungebrochen. Wir haben eine gute Nachfrage, es ist aber noch Pionierarbeit.
Wie groß ist der Anteil der Elektrofahrzeuge vom Absatz?
Sie haben noch einen geringen Anteil, von 2.000 Fahrzeugen werden es im nächsten Jahr etwa 40 sein. Das sind vier Prozent vom Umsatz. Unser Ziel ist es, bis 2030 circa 50 Prozent alternativ betriebene Fahrzeuge zu verkaufen.
Sind E-Fahrzeuge eher für die Stadt geeignet?
Ja, der Wendekreis ist wie bei einem Pkw, aber sie können auch auf dem Land eingesetzt werden. Unser elektrisches Feuerwehrfahrzeug bildet den Trend zur Urbanisierung ab. Wir gehen davon aus, dass die Städte größer werden.
Wie sollen sich die Zahlen bis Jahresende entwickeln?
Wir haben heuer einen Umsatz von einer Milliarde Euro geplant. Im ersten Halbjahr hatten wir einen Verlust von 11,7 Millionen, für das Gesamtjahr rechnen wir mit einem positiven Ergebnis, knapp über der schwarzen Null. Für nächstes Jahr gehen wir von einem klar positiven Ergebnis aus. Das wird eine Herausforderung, wegen der hohen Materialpreise und der steigenden Zinsen.
Wie kam es zum Verlust?
Dazu kam es wegen der unterbrochenen Lieferketten und einem niedrigeren Umsatz in Europa und in den USA, da haben sich die Fixkosten zu Buche geschlagen.
Wie weit ist Corona bei Rosenbauer noch ein Thema?
Wir haben die Pandemie zwar noch nicht für beendet erklärt und haben einen Krisenstab, der aber aktuell nicht tagt. Wir haben dennoch einige Maßnahmen aufrechterhalten, wie Homeoffice. Wir beobachten, wie sich die Sache weiterentwickelt.
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