"Viele Händler kämpfen um ihr Überleben"
Die wochenlange behördliche Schließung der Geschäfte könnte ein dramatisches Händlersterben nach sich ziehen. Sieben Prozent der Einzelhändler haben ihre Tätigkeit bereits eingestellt oder sind im Begrif das zu tun. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Handelsverbands unter 161 Mitgliedern. "Die Aussichten sind alles andere als rosig", sagt Handeslverbands-Obmann Rainer Will.
Laut Umfrage erwarten die heimischen Händler heuer einen Umsatzrückgang von im Durchschnitt einem Drittel zum Vorjahr. Ein Viertel der Händler rechnen sogar mit der Hälfte weniger Einnahmen. Sogar der Lebensmitteleinzelhandel, der ja während des Shutdowns offen haben durfte, rechnet mit weniger Umsatz.
Hohe Unsicherheit
"Es herrscht hohe Planungsunsicherheit", stellt Will fest. Vor allem seien die Mittel für Kurzarbeit in den überwiegenden Fällen nicht angekommen. "Jetzt kommt der 13. Gehalt auf uns zu, das wird eine große Herausforderung." Ähnlich sieht es Martin Wäg, Geschäftsführer von Kastner & Öhler. "Es ist erst wenig Geld geflossen. Wir stehen vor einer enormen Belastung. Es ist Gefahr in Verzug."
Das belegt auch die Umfrage. 49 Prozent haben Mittel für Kurzarbeit beantragt, aber erst bei 8 Prozent sind sie angekommen. Ähnliches Bild beim Corona-Hilfsfonds: 19 Prozent der Befragten haben Hilfe beantragt, erst bei 2 Prozent ist sie erfolgt.
Große Kaufzurückhaltung
"Viele Händler kämpfen ums Überleben", konstatiert Wäg. "Wir brauchen Unterstützung." Vor allem im Modehandel spüre man eine große Kaufzurückhaltung. Das bekräftigt C&A-Österreich-Chef Norbert Scheele. "Im Vergleich zu anderen Ländern gehen die Auszahlungen viel zu langsam." Jetzt gehe es darum, Geld in die Kassen zu bekommen, um die Ware für den Herbst kaufen zu können.
Er schlägt - wie in anderen Ländern praktiziert - Akontozahlungen des Staates vor. Dabei würde der Staat unbürokratisch sofort einen Teil der Hilfen an die betroffenen Betriebe überweisen. "Man muss den Standort jetzt stützen, damit nicht alles in den ausländischen Onlinehandel fließt", so Scheele.
Weiterhin Freigrenze
Apropos Onlinehandel: Rainer Will empört vor allem die geplante Verschiebung der eigentlich für 1.1.2021 fixierte Abschaffung der 22 Euro-Freigrenze für Paketlieferungen aus Drittstaaten um ein halbes Jahr. "Das betrifft 97 Prozent aller Lieferungen und kostet Österreich 150 Millionen Euro an Steuereinnahmen. Dafür habe ich kein Verständnis."
Martin Unger, Partner, Leiter Konsumgüter und Retail beim Berater EY Österreich, sieht jene Händler im Vorteil, die schon vor der Krise auf online gesetzt haben. Schwächen würden nun aufgedeckt werden.
Er rät Händlern zu einer Multi-Channel-Strategie und einer klaren Positionierung. Zudem sollten Szenarien für die kurz- und mittelfristige Entwicklung entworfen werden. "Es gibt keinen besseren Zeitpunkt, um die Geschäftsstrategie weiter zu entwickeln."
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