Unglück im Urlaub: Rückflug nach Hause um 300.000 Euro
Eines vorweg: Wer im Urlaub zu einem Arzt oder in ein Krankenhaus muss, kann seine e-card in vielen Destinationen gleich stecken lassen. Sie gilt zwar innerhalb der EU, jedoch nur in öffentlichen Spitälern.
Und öffentliche Spitäler wird man auf kroatischen oder griechischen Inseln tendenziell vergeblich suchen. Kurz: In einem privaten Krankenhaus oder in einer privaten Arztpraxis gilt das Motto "nur Bares ist Wahres". Und damit kann medizinische Hilfe schnell empfindlich ins Geld gehen.
Speziell auch im EU-Ausland, also etwa beim Badeurlaub in der Türkei. Oder beim Roadtrip durch die USA. "Ein Tag auf einer Intensivstation in einem US-Krankenhaus kostet schnell 10.000 Euro bzw. US-Dollar und mehr", weiß Wolfgang Lackner, Chef der Europäischen Reiseversicherung, aus der Praxis
Das Geschäft der Reiseversicherungen blüht spätestens seit der Corona-Pandemie, die sich bei der Europäischen im Vorjahr mit einem Prämienplus von 103 Prozent gegenüber 2021 niedergeschlagen hat.
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Die Europäische Reiseversicherung nennt Kostenbeispiele
Knöchelbruch in der Türkei: 10.000 Euro
Blinddarm-Operation in den USA: 30.000 Euro
Ambulanzjet von New York nach Wien: 65.000 Euro
Ambulanzjet von Bangkok nach Wien: 72.000 Euro
Ambulanzjet von Kaptstadt nach Wien: 85.000 Euro
Ambulanzjet von Auckland nach Wien: 230.000 Euro
Hirnblutung in Kanada: 1.000.000 Euro
Versichern kann man quasi alles – vom Verlust des Reisegepäcks bis zum Rückflug per Ambulanzjet. Welche Reiseversicherung die beste ist, wollten die Experten der Arbeiterkammer (AK) herausfinden, die acht Anbieter verglichen haben. Ergebnis: Nicht nur die Prämien sind unterschiedlich, auch die Leistungen sind schwer vergleichbar. Der Tipp der Experten ist so einfach wie unbequem – jeder soll vor der Reise für sich prüfen, „was beim Reiseschutz wichtig ist und anhand einer Prioritätenliste Tarife vergleichen“.
Die acht von der AK verglichenen Reiseversicherungen boten jedenfalls "Pakete" bzw. Komplett-Tarife mit verschiedenen Bausteinen an. Der Kunde müsse sich mit den Unterschieden zwischen Reisestorno-, Reiseabbruch-, Reisehaftpflicht-, Reisegepäck-, Reiseunfall- und Reisekrankenversicherungen auseinandersetzen. In manchen Tarifen seien noch spezielle Zusatzdeckungen enthalten.
Warum der Preisvergleich oft hinkt
Die AK hat ein "Komplett-Paket für eine Familie mit zwei Kindern" berechnet, das für einen 14-Tage-Urlaub in Europa um 3.500 Euro gilt - und je nach Versicherung 90 bis 278 Euro kostet. Die Versicherung für eine einwöchige Maturareise in die Türkei um 1.000 Euro kostet pro Person 30 bis 152 Euro, so die AK. Wobei Gabi Kreidl, Versicherungsexpertin des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) appelliert, darauf zu achten, „für jene Fälle versichert zu sein, die ins Geld gehen können“.
Die Zahlen dazu hat Wolfgang Lackner. Er weiß aus Erfahrung, dass rund 70 Prozent der Schadensfälle Reisestornos betreffen. „Statistisch gesehen ist die Zeitspanne vor der Abreise die längste, deswegen kann hier auch statistisch gesehen am meisten passieren. Das ist der Grund, weshalb der Stornoteil der teuerste Teil der Versicherung ist“, erläutert er.
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Keine Stornoversicherung ist "ärgerlich"
Manche würden dann aus Kostengründen auf die Stornoversicherung pfeifen. Aus Sicht von Lackner im Fall des Falles "einfach ärgerlich. Da sparen manche ein halbes Jahr 5.000 Euro für den Familienurlaub zusammen und dann wird zwei Tage vor Abreise jemand krank, die Reise muss storniert werden und 70 Prozent des Preises und mehr mangels Versicherung trotzdem bezahlt werden. Das ist einfach unnötig".
Wer meint, schon allein durch seine Kreditkarte einen Versicherungsschutz zu haben, könnte im Fall des Falles enttäuscht werden, hat die AK-Analyse ergeben. „Es gibt je nach Kartenanbieter und Karte unterschiedliche Bedingungen für die Wirksamkeit des Versicherungsschutzes“, sagt AK-Experte Christian Prantner. So etwa reicht es von Besitz einer Kreditkarte über regelmäßige Verwendung für Zahlungen bis hin zur Zahlung des Reisepreises mit der Kreditkarte. Unterschiede gibt es zudem bei den Deckungslimits in den einzelnen Bausteinen.“
Lackner ergänzt, „dass es bei den Karten oft Selbstbehalte gibt und man bei den medizinischen Leistungen selten Deckungen bis zur Summe von einer Million Euro finden wird.“
Das sei aber nicht unwichtig, sagt er und liefert ein paar Beispiele aus Schadensfällen der Europäischen Reiseversicherung. „Ein Tag auf einer Intensivstation in einem US-Krankenhaus kostet 10.000 Euro. Wenn man länger dort betreut werden muss und dann mit dem Ambulanzjet zurück nach Österreich gebracht werden muss, kann das auch finanziell schnell existenzbedrohend werden.“ So hätten sich die Kosten in einem Fall einer Hirnblutung bei einem Kanada-Urlauber auf rund eine Million Euro aufsummiert, ein anderer Patient musste mit dem Ambulanzjet aus Australien zurück nach Österreich geflogen werden. Letzteres habe fast 300.000 Euro gekostet. Er rate daher jedem und vor allem Fernreisenden, eine Reiseversicherung abzuschließen.
Vom Kreditkarten-Versicherungsschutz umfasst ist laut AK übrigens nicht nur der/die Karteninhaber selbst, sondern auch im gemeinsamen Haushalt lebende Angehörige (Ehe- oder Lebenspartner und die unterhaltsberechtigten Kinder). Details sind den jeweiligen Versicherungsbedingungen zu entnehmen, wobei beispielsweise bei card complete nur mitreisende Angehörige mitversichert sind; in der Reisunfall- und Behandlungskostenversicherung allerdings ausschließlich der Karteninhaber.
„Es gibt weitere Voraussetzungen, damit der Versicherungsschutz wirksam wird“, so Prantner. „Es wird auch unterschieden, mit welchem Verkehrsmittel die Reise stattfindet.“ So sind bei Diners Club Reisen, die nicht mit einem öffentlichen Verkehrsmittel sind (etwa mit dem privaten Auto), nicht versichert – Ausnahme: Reisegepäckversicherung, wenn zumindest eine Übernachtung auswärts ist.
Für jene, die mehr als drei bis vier Mal im Jahr verreisen, zahlt sich übrigens eine Ganzjahresversicherung aus, sagt Lackner. Bei der Europäischen gibt es diese – je nach Leistungspaket – ab 288 Euro.
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