Womit heizt eigentlich die Ukraine?
Soll die EU die Öl- und Gasimporte aus Russland abdrehen? Diese Debatte erhitzt seit Wochen die Gemüter. Stellt sich die Frage: Womit heizt eigentlich die Ukraine beziehungsweise hält sie ihre Wirtschaft am Laufen?
Eines vorweg: Sehr grün ist der ukrainische Energiemix nicht. Fossile Brennstoffe dominieren den Energiemix des Landes.
Laut der Internationalen Energieagentur und den (in Englisch dokumentierten) Angaben der ukrainischen Statistikbehörde betrug der Anteil von Kohle in den Jahren vor dem Krieg im Schnitt 35 Prozent. Die Ukraine hat die sechstgrößten Steinkohle-Reserven der Welt. Russland liegt auf Platz drei. Der Abbau der Kohle ist seit 2014 schwierig. Denn die größten Vorkommen befinden sich im Donbass.
Unter anderem in den Oblasten Donezk und Luhansk. Also genau in den Regionen, wo es schon vor dem Krieg ständig Kämpfe zwischen der Ukraine und Russland-freundlichen Separatisten gab.
Russen-Gas für die Ukraine?
Gas hat beim Energiemix durchschnittlich den ähnlichen Anteil wie Kohle. Beim Gas heißt der Lieferant aber seit 2014 nicht mehr Russland.
Seit der Annexion der Krim 2014 bezieht die Ukraine ihre Gaslieferungen aus der EU. Sprich: Die Ukraine kauft ihr Gas bei westeuropäischen Großhändlern ein, die ihr Gas wiederum aus Norwegen, Großbritannien (Nordsee) und eben auch noch aus Russland beziehen. Einen Teil davon verkaufen sie in die Ukraine.
Wie viel und ob die Ukraine russisches Gas also indirekt über den Westen bezieht, lässt sich seriös nicht sagen. Die Lieferverträge sind geheim. Der Gasverbrauch sinkt aber derzeit konstant, weil die Industrie in der Ukraine wegen des Krieges immer stärker runterfahren muss.
Ein Viertel Atomenergie
Wichtig in der Ukraine ist schließlich auch noch die Atomenergie. Sie macht im Schnitt knapp ein Viertel vom nationalen Energiemix aus.
Wie wichtig die Atomkraft ist, wurde mit den Kämpfen rund um das AKW Saporischschja in der Sudukraine klar. Saporischschja ist das leistungsstärkste Atomkraftwerk Europas. Allein, wenn es „nur“ um Strom geht, wird laut IEA mehr als die Hälfte davon im Land durch Kernkraft erzeugt.
Neben Frankreich und Japan gehört die Ukraine zu den Ländern mit dem höchsten Anteil Atomstrom der Welt. Insgesamt laufen in der Ukraine in Friedenszeiten 15 Atomreaktoren an vier Standorten. Bei allen Blöcken handelt es sich um Druckwasser-Reaktoren russischer Bauart.
Erneuerbare Energien spielen kaum eine Rolle. Zuletzt bezog das Land nur etwa sieben Prozent seiner Energie aus Wasser- und Windkraft.
Stromnetz umgepolt
Übrigens: Die Ukraine hängt inzwischen mehr oder weniger auch am europäischen Stromnetz. Zufall oder nicht: Erst kurz vor dem russischen Überfall, war es auf ukrainische Initiative hin für einen lange geplanten Test von den Nachbarn Russland und Belarus abgekoppelt worden.
Dann lief es zunächst in einem sogenannten „Inselbetrieb“, ehe es jetzt an den Westen angekoppelt wurde. Aber nicht zu Zwecken des Stromhandels, sondern zur Stabilisierung des Netzes.
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