Die Suche nach dringend benötigten Fachkräften führt in immer fernere Länder. Nachdem der Pflegeheim-Betreiber SeneCura seine Fühler nach Marokko ausstreckt – der KURIER berichtete –, wird der Personaldienstleister Trenkwalder jetzt in Georgien aktiv.
Trenkwalder-Österreich-Chef Arno Wohlfahrter möchte in einem ersten Pilotprojekt ein paar Hundert potenzielle Krankenpflegerinnen und -pfleger anwerben und sie teils in Georgien und teils in Österreich ausbilden. Doch dazu müssen erst rechtliche und bürokratische Hürden überwunden werden.
„Georgien investiert massiv in die Ausbildung von Krankenpflegern und ist offen für Kooperationen. Ich glaube, da wäre gutes Potenzial für Österreich vorhanden und wir könnten Fachkräfte holen“, sagt Wohlfahrter, der gerade aus der Kaukasusrepublik zurückgekehrt ist.
Das Problem: Die Rekrutierung aus Nicht-EU-Ländern dauert lange und ist reguliert, daher mit hohem Aufwand verbunden. Wer im Gesundheitswesen arbeiten will, braucht zumindest Deutsch-Kenntnisse auf Niveau B2 sowie anerkannte Qualifikationen, die nachgewiesen werden müssen (Nostrifizierung).
Zulassungshürden
Wohlfahrter sieht in der aktuellen Rechtslage in Österreich eine Hürde für qualifizierte Zuwanderung in Mangelberufen und wünscht sich raschere Verfahren. „Wir müssen bei der Aufnahme und den Nostrifizierungsverfahren flexibler werden.“ Die geplanten Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte seien zwar positiv, bezüglich Berufsanerkennung aber nicht ausreichend. Wohlfahrter kann sich vorstellen, einen Teil der in Österreich erforderlichen Ausbildung sowie Deutsch-Kurse vor Ort in Georgien anzubieten.
Die weitere Qualifizierung erfolge dann in Österreich. Als Vorbild nennt er Deutschland, wo diese Art der „dualen Ausbildung“ für Personal aus Drittstaaten schon länger erfolgt. Auch Trenkwalder Deutschland sei hier aktiv. Das ab März gültige, neue Fachkräfte-Einwanderungsgesetz wird solche bilateralen Kooperationen noch erleichtern.
Im Sinne einer „zirkulären Migration“ sollen die Fachkräfte nur zwei bis drei Jahre in Österreich bleiben und dann mit viel praktischer Erfahrung wieder in ihre Heimat zurückkehren, erläutert Wohlfahrter. Dass damit Personal-Lücken nur kurzfristig gedeckt werden können, stört ihn nicht. „Wir dürfen nicht nur ständig Personal von rechts nach links verschieben, sondern müssen Lösungen finden, von denen beide Länder profitieren“, meint der Trenkwalder-Chef. Bisher allerdings ein Wunschdenken.
Die Realität sind anders aus. Georgien ist mit rund 3,7 Millionen Einwohnern ein kleines Land, verzeichnet aber eine starke Abwanderung. Seit der Unabhängigkeitserklärung 1991 und dem anschließenden Konflikt mit den abtrünnigen Gebieten Abchasien und Südossetien haben weit mehr als eine Million Menschen Georgien verlassen. Vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen. Seit dem Kaukasuskrieg mit Russland 2008 leben zudem etwa eine halbe Million Vertriebene im Land. Das Lohnniveau ist niedriger als in Russland, die Jugendarbeitslosigkeit mit ca. 30 Prozent sehr hoch.
Seit 2017 benötigen georgische Staatsbürger kein Einreisevisum für die Europäische Union (EU) mehr, was zu einer neuen Auswanderungswelle führte. Nach einer legalen Einreise wollen viele Georgier nicht mehr zurück und suchen in der EU um Asyl an. In Deutschland und auch in Österreich zählt Georgien zu den Top 10 der Herkunftsländer bei den Asylwerbern. 2018 stellten 450 Georgier Asylanträge in Österreich, 20.000 waren es in der gesamten EU. Fast alle Asylanträge werden abgelehnt, weil die EUGeorgien als sicheres Herkunftsland eingestuft hat.
Ukraine als IT-Land
Bezüglich der verzweifelt gesuchten IT-Fachkräfte sieht Wohlfahrter noch Potenzial in der Ukraine. Allerdings nicht so sehr durch Migration, sondern durch Auslagerung von Dienstleistungen. „Es gibt inzwischen viele IT-Cluster in der Ukraine, und die meisten Arbeitskräfte wollen lieber in ihrer Heimat bleiben.“ Trenkwalder bietet Unternehmen diverse „Remote-Lösungen“ (Steuerung von entfernten Computern, Anm.) an. Die Arbeitskraft müsse ja nicht immer vor Ort sitzen, so Wohlfahrter.
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