Tierschutz: Aus für Spaltenböden im Schweinestall fixiert
Spaltenböden im Schweinestall haben in Österreich ein Ablaufdatum. Nämlich 2039. Das verkünden Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) gegenüber dem KURIER.
Klingt weit weg, doch bereits Anfang 2023 wird das Ende eingeläutet – ab dann sind bei Neu- und Umbauten Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereiche in Österreich verboten.
Sprich, ab dann gilt bereits konkret: bis zu 20 Prozent mehr Platz, verpflichtende Klimatisierung, mehr Beschäftigungsmaterial und sogenannte „strukturierte Buchten“ – also eigene Liege-, Aktivitäts- und Kotbereiche mit angepasster Temperaturregelung.
Damit gehört Österreich einmal mehr zu den Vorreitern im Tierschutzbereich – neben Finnland und Schweden, die ebenfalls das Aus für Spaltenböden besiegelt haben, betont der für Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch. „Man kommt am Thema Tierwohl nicht mehr vorbei. Die Konsumenten haben verstanden, dass Nutztiere kein Industrieprodukt sind. Speziell bei der jüngeren Generation steht Tierwohl im Fokus“, sagt Rauch.
Investitionsschutz
Dennoch brauche es einen Investitionsschutz für Landwirte, erläutert Agrarminister Totschnig. Die Ställe hätten Nutzungszeiten von 20 bis 30 Jahren, ein Aus für Spaltenböden könne also nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Und auch nicht ohne öffentliche Förderungen. Über diverse Fördertöpfe steht bis zum Jahr 2027 insgesamt rund eine Milliarde Euro für höhere Tierwohlstandards bereit.
Die Agrarmarketing Austria (kurz AMA), hat es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 eine Million Schweine im Jahr zu vermarkten, die unter höchsten AMA-Tierwohlstandards gemästet wurden. Zur Orientierung: Derzeit steht man bei 150.000 Stück. Und die Rahmenbedingungen sind laut Branchenkennern alles andere als rosig. Die Inflation frisst die Haushaltsbudgets zusammen, was sich bereits in den Einkaufswägen widerspiegelt. Dort landet verstärkt, was billig ist. Und nicht, worauf Konsumenten laut Umfragen Wert legen – Regionalität, Qualität, Tierwohl.
Über den Erfolg hohen Tierwohlstandards werden letztlich aber die Konsumenten mit ihrer Kaufentscheidung bestimmen. Tierwohl gibt es nicht zum Nulltarif – die Schnitzelpreise werden steigen. In welchem Ausmaß, können auch die beiden Minister noch nicht prognostizieren. Rauch gibt sich aber gelassen: „Dieselbe Debatte hatten wir auch beim Aus für Käfigeier, das letztlich nicht zu deutlichen Mehrkosten für die Konsumenten geführt hat.“
Die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ bezeichnet das beschlossene Auslaufdatum für Vollspaltenböden als einen „riesigen Erfolg“. Direktorin Eva Rosenberg, die in die Verhandlungen eingebunden war, schränkt allerdings ein: „Die Wermutstropfen sind die lange Übergangsfrist und die Tatsache, dass das Verbot nicht auch für Mastrinder gilt, die ebenso ihr Leben auf diesen Böden fristen müssen. Ebenso sind wir enttäuscht, dass kein Ausstieg aus dem betäubungslosen Kastrieren männlicher Ferkel gesetzlich geregelt wurde.“
Aktuell gibt es in Österreich übrigens rund 6.000 wirtschaftlich relevante Schweinemastbetriebe. Tendenz sinkend. Johann Schlederer, Chef der Österreichischen Schweinebörse, schätzt, dass binnen fünf Jahren jeder dritte Betrieb zusperren wird. Schlicht, weil sich die Produktion nicht rechnet. Im Zeitraum 2010 bis 2020 ist die Zahl der Schweinehalter in Österreich von 30.800 auf 21.000 gesunken. Dennoch kann sich Österreich derzeit selbst mit Schweinefleisch versorgen.
Anders die Situation bei Pute, die per Gesetz deutlich mehr Platz in einem österreichischen Stall haben muss, als in einem jenseits der Landesgrenze. Das hat zu vergleichsweise hohen Produktionskosten geführt und in der Folge zu höheren Preisen. Ein Vorteil für billige Importware, die so Marktanteile gewonnen hat.
Kritiker monieren, dass die hohen heimischen Standards letztlich lediglich dazu geführt haben, dass das Problem ausgelagert wird - und Tierleid letztlich importiert wird.
Die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit sei ein zentrales Thema, betont Agrarminister Norbert Totschnig. Der Strukturwandel sei aber Tei der Realität. "Wir haben ihn mehr eingebremst, als andere Länder", so der Minister.
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