Bei Strom und Gas in Österreich "kein funktionierender Wettbewerb"

Natalie Harsdorf, Geschäftsführerin der Bundeswettbewerbsbehörde und Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der E-Control, dei der Vorstellung der Ergebnisse der Task Force Energie.
Bundeswettbewerbsbehörde und E-Control kritisieren starke Marktkonzentration im Energiebereich, die zu hohen Preisen führt.

Zusammenfassung

  • Die Bundeswettbewerbsbehörde und E-Control kritisieren die starke Marktkonzentration im österreichischen Energiesektor, die zu hohen Preisen führt.
  • Es gibt wenig Wettbewerb und Intransparenz aufgrund vernetzter Energieversorger, und die Anzahl der Anbieter ist seit der Energiekrise stark geschrumpft.
  • Empfehlungen umfassen monatliche Abrechnungen, transparente Preisgestaltung und politische Maßnahmen gegen Marktmissbrauch.

Zwischen den heimischen Energieversorgern herrscht zu wenig Wettbewerb. Das macht die Strom- und Gasversorgung intransparent, verunsichert Kunden und macht Energie vergleichweise teuer. So lautet der Befund einer "Task Force" aus Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und E-Control. Die beiden Behörden haben die Entwicklung der Strom- und Gasmärkte seit der Energiekrise 2022 genau analysiert und stellen der heimischen Energiebranche vor den Sommerferien kein gutes Zeugnis aus.

Vernetzte und verflochtene Energieversorger

"Wir haben keinen funktionierenden bundesweiten Wettbewerb", sagt BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf. Größter Hemmschuh sei "eine österreichische Besonderheit, die ins Auge sticht". Politisch gut vernetzte Landesenergieversorger teilen sich den heimischen Markt weitgehend auf. Sie kommen in ihren Netzgebieten auf Marktanteile von 68 bis 100 Prozent. Außerdem seien sie durch direkte und indirekte Beteiligungen eng miteinander verflochten. "Das wirkt sich massiv wettbewerbshemmend und preistreibend aus."

Verbund, Wiener Stadtwerke und EVN hielten beispielsweise Anteile der jeweils anderen Energieversorger. Die Kreuzbeteiligungen seien teilweise so komplex, dass sie selbst für BWB und E-Control schwer zu durchschauen seien. Die Anzahl alternativer Anbieter sei mit der Energiekrise stark geschrumpft. Zur Zeit gebe es 37 Stromanbieter, ein Drittel weniger als vor der Krise, und 14 Gasanbieter, um die Hälfte weniger als vor der Krise.

Hohe Preise und dennoch wenig Wechselwille

Das Preisniveau bei Strom und Gas sinke, aber habe nicht das Vorkrisenniveau erreicht, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Außerdem sei nach wie vor erkennbar: "Kunden wechseln trotz hohen Preisen nicht. Er herrscht ein hohes Maß an Inaktivität."

Die Wechselraten in Österreich seien extrem niedrig. Bei Strom wechseln aktuell nur 4,5 Prozent aller Kunden pro Jahr ihren Anbieter, bei Gas sind es 6 Prozent. Zum Vergleich: In Italien liegt die Wechselrate für Strom bei 18 Prozent, für Gas bei 13 Prozent. Die Bilanz der Ermittlungen der Task Force sei "schockierend", so Harsdorf. Es gebe aber auch positive Entwicklungen, etwa das steigende Angebot an Floater-Tarifen. Strom- und Gastarife, die sich kurzfristig an den Entwicklungen bei Großhandelspreisen orientieren, geben Anreize zu netzdienlichem Verhalten und helfen dabei, Kosten zu sparen.

Exakte monatliche Abrechnung würde helfen

Um den Wettbewerb zwischen Energieversorgern in Österreich anzukurbeln geben BWB und E-Control mehrere Empfehlungen ab. Relativ einfach umzusetzen sei eine standardmäßige Stromabrechnung pro Monat, sagt Urbantschitsch. "Stellen Sie sich vor, sie würden für Semmeln beim Bäcker Teilbetragszahlungen von 70 Euro im Monat leisten. Nach einem Jahr wird abgerechnet. Der Bäcker sagt, der Getreidepreis ist gestiegen, sie haben außerdem mehr Semmeln konsumiert und müssen daher eine Nachzahlung tätigen. Es ist absurd. Es würde nie jemandem einfallen, das für ein Produkt, das täglich benötigt wird, so zu machen."

Intransparenz sei ein großes Problem. Würde der tatsächliche Stromverbrauch jedes Monat beglichen, hätten Kunden Strompreise viel eher im Blick, der Preisdruck auf Anbieter würde steigen. Dank der fast vollständigen Verbreitung von digitalen Stromzählern (Smart Meter) sei diese Art der Abrechnung kein Problem. "Ich finde es nicht nachvollziehbar, warum sich die Energiewirtschaft mit Händen und Füßen dagegen wehrt", so Urbantschitsch.

Gewinnmarge transparent angeben

Eine weitere Empfehlung ist eine einfach verständliche Produktgestaltung. Für Kunden müsse es klar erkennbar sein, wie hoch der Grundpreis für einen Strom- oder Gastarif ist, was man pro verbrauchter Kilowattstunde zahlt und wie hoch der Gewinnaufschlag des Anbieters ist. Die Marge solle auch bei sich verändernden Preisen gleich bleiben. Während der Energiepreise sei dies nicht der Fall gewesen. Strompreise hätten sich dabei teilweise verdreifacht, der Gewinn der Anbieter ebenso.

An die Politik gerichtet sind Empfehlungen wie bessere Kontrollen für Stromkostenzuschüsse, zielgerichtetere Unterstützungsmaßnahmen und krisenfitte Gesetze. Während Energiekrisen sollten etwa Margen von Energieanbietern offengelegt werden, rät die Task Force. Um Unternehmen eine Orientierung zu geben, welche Praktiken inakzeptabel sind, soll es eine Art Wohlverhaltenskatalog geben. In anderen Branchen hätte man damit sehr gute Erfahrungen gemacht, etwa im Lebensmittelhandel.

Weichen stellen kann nur die Politik

Was die gegenseitigen Beteiligungen der Energieunternehmen betrifft, sei es schwieriger dagegen vorzugehen, sagt Harsdof. Zumindest könnte man für zukünftige weitere Verschränkungen strengere Kontrollen einführen oder "ein Stoppschild aufstellen". Die Beteiligung von Bundesländern an Landesenergieversorgern könne man kaum verhindern. Sie sei teilweise verfassungsrechtlich fixiert. Eine Verpflichtung zu Kreuzbeteiligungen "steht allerdings nirgendwo", sagt Urbantschitsch. Um den Status quo zu verbessern, sei die Politik gefragt. Ebenso sei es bei der Umsetzung von Energiegesetzen wie dem ElWG. Auch dieses würde dem Wettbewerb Impulse geben.

Man werde nicht aufhören, den Energiemarkt zu analysieren, versichern BWB und E-Control, die Arbeit der Task Force sei aber nun beendet. Die BWB werde Verstöße wie den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nun in Einzelfällen weiter verfolgen. Gegen welche Energieunternehmen konkret Verfahren eingeleitet werden, verrät die Behörde nicht.

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