Der Regulator E-Control führt bei Gas die gesunkenen Abgabemengen als Hauptgrund für die Preissteigerung an. Neben dem vermehrten Ausstieg aus Gas aus Klimaschutzgründen waren auch die relativ warmen Winter der vergangenen Jahre ein Faktor für den geringeren Gas-Absatz. Die Kosten für das Gasnetz müssen auf immer weniger Gaskunden und immer weniger verbrauchte Kilowattstunden aufgeteilt werden.
So mancher Gaskunde fragt sich nun, warum mit den Abgabemengen nicht auch die Wartungskosten sinken. Wenn Leitungen nicht mehr gebraucht werden, kann man sie doch einfach stilllegen und fertig, oder?
Wartungsaufwand ist eigentlich gering
Wenn ein Gasrohr einmal in der Erde vergraben ist, ist der tatsächliche Wartungsaufwand sehr gering. Um Sicherheitsvorschriften und Regelungen der EU-Methanverordnung einzuhalten, müssen sämtliche Leitungstrassen allerdings regelmäßig "abgeschnüffelt" werden. Dabei wird mittels Sensoren nach Lecks gesucht. Auch oberirdische Verdichter- und Regelstationen müssen begutachtet werden. Die operativen Kosten für den Betrieb von Gasleitungen sind nicht der große Kostentreiber. Die Stilllegung von Leitungsabschnitten würde daher auch nicht zu maßgeblichen Netzkostensenkungen führen.
Wiener Netze legen aktuell rund 10 Kilometer Gasrohre pro Jahr still. Das gesamte Wiener Gasleitungssystem ist aber 4.000 Kilometer lang. "Auch wenn Kunden wegfallen, müssen wir das gesamte Netz aufrecht erhalten", sagt Helmut Meixner, Bereichsleiter für das Gas- und Wärmenetz bei Wiener Netze.
Versorgungspflicht für Netzbetreiber
Erneuert und ersetzt werden müssen Leitungen nur selten. Hie und da kommt es zu Gebrechen, weil Leitungen bei Bauarbeiten beschädigt werden. Die Kosten für den Betrieb bleiben aber auch bei sinkender Abgabemenge annähernd gleich. Gasnetzbetreiber sind dazu verpflichtet, Gasanschlüsse bereitzustellen. Besteht ein einziger Haushalt in einer Siedlung auf den Gas-Anschluss, muss die Leitung zur gesamten Siedlung instandgehalten werden.
Stillgelegt werden Leitungen deshalb nur in sehr geringem Umfang. Auch bei dem für die Wartung zuständigen Personal gibt es kaum Einsparungen. Die Inflation erhöht auch bei Baumaterialien die Kosten. In Wien seien Wartung und Instandhaltung des Gasnetzes teurer als im ländlichen Raum, "wo in vielen Fällen nur Äcker über einer Gasleitung liegen", sagt Meixner. In Wien seien Bauarbeiten dagegen meist mit dem Aufreißen von Asphaltdecken und deren anschließender Wiederherstellung verbunden.
An die Zukunft der Gasversorgung denken
Ein Teil der Netzentgelte entfällt im Allgemeinen auch auf Kosten für den Ausbau des Gasnetzes. Im Zuge der Dekarbonisierung wird Erdöl in vielen Fällen auch durch sauberer verbrennendes Gas und in Zukunft verstärkt Biomethan ersetzt. Dafür und zur Absicherung der Versorgung braucht man teilweise auch neue Gasleitungen. In Wien werde derzeit gar keine neue Infrastruktur geschaffen, sagt Meixner. Für Wasserstoff werden derzeit noch keine eigenen Leitungen errichtet.
Für den Aufbei eines Wasserstoffnetzes, das für ein klimafreundliches Energiesystem der Zukunft als maßgeblich gilt, sind zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur notwendig, die derzeit nicht über die aktuellen Netzkosten gedeckt sind. Für Wasserstoff soll ein neues, eigenes Regulierungsregime entworfen werden. Bei der Umsetzung ist die neue Bundesregierung am Zug.
Insgesamt investieren die Wiener Netze jährlich 440 Millionen Euro in ihre Strom-, Gas-, Wärme- und Telekomnetze, sagt Meixner. Der größte Teil davon entfalle auf das Stromnetz. Der Anteil des Gasnetzes sei relativ klein.
Wegfall von Transitgebühren
Ein Faktor, der die Netzgebühren ebenfalls in die Höhe treibt, sind geringere Transitmengen bei Gas. Früher wurden große Teile Deutschlands und Italiens mit russischem Gas versorgt, das durch Österreich floss. Dafür wurden Gebühren fällig, mit denen ein Teil der Netzkosten gedeckt wurde. Diese Einnahmen sind stark zurückgegangen. Deutschland erhielt zunächst durch die Nordstream-Pipeline direkten Zugang zu russischem Gas und orientiert sich nun Richtung Norwegen, Italien importiert zunehmend Gas über den Seeweg aus Nordafrika.
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