„Make Europe great again“: Mehr Wettbewerb, weniger Wettbewerb, was tun?

„Make Europe great again“: Mehr Wettbewerb, weniger Wettbewerb, was tun?
Viele Ansatzpunkte: Vertiefung des Binnenmarktes, mehr Transparenz oder Fokus auf Fairness

Europas Wettbewerbsfähigkeit hat im Vergleich zu den USA und China erheblich gelitten. Die Produktivität sinkt, das Wirtschaftswachstum, so überhaupt vorhanden, lässt stark zu wünschen übrig.

Seit geraumer Zeit wird diskutiert, wie das Ruder in der EU herumgerissen werden kann. Nicht zuletzt hat dazu Italiens Ex-Premier und Ex-EZB-Präsident Mario Draghi einen umfangreichen Bericht in Brüssel vorgelegt. Mehr Investitionen und mehr Innovationen sind, neben vielen anderen Ansatzpunkten, Draghis Ideen.

Die Rolle des Wettbewerbsrechts im Versuch, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, wurde am Montag in Wien diskutiert. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr plädiert in diesem Zusammenhang massiv dafür, den EU-Binnenmarkt zu stärken.

„Der Binnenmarkt ist die einzige wirkliche Lösung. Die erste Dividende daraus wäre mehr Wettbewerb. Wenn ich etwas für die Konsumenten tun will, dann wäre es mehr Wettbewerb über den Binnenmarkt auch in Österreich zuzulassen“, sagte Felbermayr auf einer Podiumsdiskussion mit AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank und E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch.

Hruska–Frank erinnerte daran, dass es aus Sicht einer Arbeitnehmervertretung vor allem um einen fairen und seriösen Wettbewerb gehen müsse. Die lange Liste der Bundeswettbewerbsbehörde über die Geldbußen bei den diversen Kartellen – etwa in der Bauwirtschaft – zeige, wie es um den Wettbewerb in Österreich bestellt sei.

Auch wenn die neue EU-Kommission in den ersten 100 Tagen ein neues Papier zu Binnenmarkt und Wettbewerb vorlegen wolle, so die AK-Direktorin, klinge das eher nach einer gefährlichen Drohung. Denn in aller Regel gehe es dabei um den weiteren Abbau von Regeln und Schutzmechanismen, kämen Arbeitnehmer- und Mitbestimmungsrechte in den Unternehmen weiter unter Druck.

E-Control-Vorstand Urbantschitsch plädiert für mehr Transparenz für Strom- und Gaskunden, etwa mit monatlichen statt quartalsweisen Abrechnungen. Mit mehr Transparenz könne es gelingen, dass endlich mehr Kunden ihren Anbieter wechseln und auf diese Weise für mehr Wettbewerb sorgten. Laut einer heuer durchgeführten Umfrage des Market-Instituts im Auftrag der E-Control haben mehr als die Hälfte der privaten Strom- und Gaskunden in Österreich noch nie ihren Anbieter gewechselt.

Kommt in Gang

Die Voraussetzungen für mehr Wettbewerb im Energiebereich werden auch aufgrund neuer technologischer Möglichkeiten besser, ist Urbantschitsch überzeugt. So produzieren immer mehr Menschen ihren Strom selbst – nämlich mithilfe ihrer PV-Anlage am Dach – oder werden Teil einer Energiegemeinschaft in ihrem Ort. „So kommt Wettbewerb in Gang.“

Wenig hilfreich sei freilich, wenn Platzhirsche wie die Energie Burgenland AG in ihrem Bundesland nun selbst eine Energiegemeinschaft namens „Fanclub Burgenland“ gründen und den kleinen und von Landesenergieversorgern unabhängigen Energiegemeinschaften Konkurrenz machten.

Michael Bachner

Kommentare