Warum in Österreich noch immer russischer Wodka verkauft wird
Die EU-Sanktionsvorgaben sind eindeutig. Zu den Gütern, die aus Russland nicht in die EU eingeführt werden dürfen, zählt neben Öl, Kohle, Stahl, Gold und Diamanten seit April 2022 auch Wodka. Also auch Stolichnaya, eine der bekanntesten russischen Wodka-Marken.
"Stolichnaya ist eine weltberühmte russische Marke, ein nationaler Schatz und ein wesentlicher Bestandteil des Images Russlands", steht deshalb auch auf der Website von FTE Sojuzplodoimport. Das russische Staatsunternehmen hält das Markenrecht für den Wodka am österreichischen Markt und hat dafür fast 20 Jahre bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) prozessiert. 2020 wurde schließlich die letztinstanzliche Entscheidung getroffen.
Nummer drei am Markt
355.000 Flaschen des Getreideschnapses wurden im vergangenen Jahr im österreichischen Lebensmittelhandel abgesetzt. Nach Eristoff, das 26 Prozent Marktanteil hält, und Absolut (13 Prozent) ist Stolichnaya mit einem Marktanteil von 11 Prozent damit die Nummer 3 am heimischen Markt.
Und das trotz der EU-Sanktionen. Warum aber darf der Wodka in Österreich verkauft werden?
Die Einfuhr von alkoholischen Getränken in das Zollgebiet der Union sei nur dann verboten, wenn sie ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden, heißt es auf Anfrage des KURIER aus dem Wirtschaftsministerium. Der Stolichnaya wird aber seit 2023 in Aserbaidschan hergestellt, heißt es vom österreichischen Generalimporteur Top Spirit Vertriebs GmbH. Seit Juli 2022 werde keine russische Ware mehr nach Österreich importiert, sagt ein Unternehmenssprecher: "Das ist auch belegbar."
Handel nimmt es nicht so genau
Beim Verkauf von Stolichnaya im österreichischen Handel nimmt man es mit der Herkunft des Wodkas aber nicht so genau. Bei einem großen Online-Getränkehändler wird als Herkunftsland immer noch Russland angeführt. "Seit über 80 Jahren ist der Stoli Kult. Der Wodka wird in Russland hergestellt und ist weltweit der absolute Topseller auf seinem Gebiet", heißt es dort. Das stimmt zwar nicht, ist aber neben dem Bild eines Wodka-Glases, das sich Lippen nähert, zu lesen.
Auch in Supermärkten waren Anfang des Jahres noch vereinzelt Flaschen der Marke Stolichnaya mit der Etikettbezeichnung "Genuine Russian Vodka" zu sehen. "Wir sehen das bei ganz vielen unserer Händler, dass veraltete Informationen oder Bebilderung verwendet wird", heißt es seitens des Importeurs Top Spirit zerknirscht. Es achte eben nicht jeder darauf. Man nehme das aber auch als Hinweis, die Partnerunternehmen zu animieren, korrekte Bebilderung und Informationen zu verwenden.
Import aus Bulgarien
Die Spirit Vertriebs GmbH, die zum Getränkekonzern Schlumberger gehört, bezieht den Wodka von einem Unternehmen, das LSC Lions Stolichnaya Corp. LTD heißt und ihren Sitz im bulgarischen Sofia hat.
Im bulgarischen Firmenbuch werden als Geschäftsfelder der Groß- und Einzelhandel sowie Handelsvertretung und -vermittlung angegeben, aber auch "sonstige Tätigkeiten, die nicht durch die bulgarische Gesetzgebung verboten sind". Eine Verbindung zur russischen FTE Sojuzplodoimport ist aus dem Unternehmensverzeichnis nicht ersichtlich.
Markeninhaber nicht auf der Sanktionsliste
Aber selbst wenn eine solche bestehen würde und das russische Staatsunternehmen vom Verkauf des vermeintlich russischen Schnapses in Österreich profitieren würde, wäre der Export nach Österreich kein Verstoß gegen die EU-Sanktionen. Denn die FKP Sojuzplodoimport befindet sich nicht auf der Sanktionsliste der EU.
Der russische Federal Treasury Enterprise wurde 2001 vom russischen Staat die Marke Stolichnaya überantwortet, nachdem sie dem Oligarchen Yuri Shefler entzogen wurde. Der hatte sie 1997 gemeinsam mit anderen russischen Wodka-Marken um knapp 300.000 Dollar erworben, sich dann aber mit dem Regime überworfen.
Jahrzehntelanger Rechtsstreit
Wer Wodka der Marke Stolichnaya in welcher Region verkaufen darf, beschäftigte infolge jahrzehntelang in mehreren Ländern die Gerichte. Neben Österreich setzte sich das russische Staatsunternehmen auch in den Niederlanden durch. Allerdings wurde dort die Marke 2022 beschlagnahmt und versteigert.
Shefler, der mit seiner SPI-Group Stolichnaya in rund 180 Ländern der Welt verkaufen darf, benannte den Wodka in Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine 2022 überhaupt in "Stoli" um. Der in Lettland im Auftrag des in Luxemburg ansässigen Unternehmens produzierte Schnaps enthält seither auch keine Zutaten aus Russland mehr.
FTE Sojuzplodoimport hält neben den Rechten an der Marke Stolichnaya unter anderem auch jene für die Wodka-Marken Russkaya, Moskovskaya, Sibirskaya und Kubanskaya. Viele bekannte Wodkamarken befinden sich bereits auch im Besitz internationaler Getränkekonzerne. So gehört etwa Smirnoff zum britisch-amerikanischen Diageo-Konzern, Eristoff ist eine Marke der Bacardi Company Limited von den Bermudas. Der schwedische Absolut-Wodka gehört bereits seit mehr als 15 Jahren zum französischen Unternehmen Pernod Ricard.
Der Konsum von Spirituosen ist in Österreich im vergangenen Jahr zurückgegangen. Der Wodka-Absatz sank 2023 um 4 Prozent. Aufgrund der allgemeinen Teuerung herrsche eine gewisse Kaufzurückhaltung, heißt es dazu seitens der Top Spirit Vertriebs GmbH.
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