Steuererhöhungen nach der Krise "sicher nicht der richtige Weg"
KURIER: Plagiatsjäger Stefan Weber wird nun wohl auch Ihre Diplomarbeit und Dissertation prüfen. Margarete Schramböck: Viel Spaß beim Lesen.
Endet der Lockdown jetzt am 24. Jänner?
Das wird jetzt sehr davon abhängen, wie sich in den nächsten Tagen die Infektionszahlen und die Mutation entwickeln. Als Wirtschaftsministerin wünsche ich mir natürlich, dass der Lockdown endet. Wir müssen es schaffen, dass die Geschäfte wieder aufsperren können. Gleichzeitig müssen wir die Infektionszahlen runterbringen. Das ist eine Gratwanderung.
Jede Verlängerung wäre für die Wirtschaft fatal, oder?
Ja. Wir sehen das ja in anderen Ländern wie Tschechien oder Israel. Wir müssen alles daransetzen, die Zahl der Neuinfektionen zu reduzieren. Das geht nur mit Tests und mit Impfungen und mit der Eigenverantwortung der Bevölkerung.
Mit der Eigenverantwortung klappt das aber nicht immer.
Deshalb mein Appell, dass alle daran denken sollten, dass es um Arbeitsplätze geht, dass es um die Zukunft vieler Familien geht. Es geht um die Verwandten. Es geht um die Kollegen im Betrieb. Und ja, es geht in Summe um uns als Wirtschaftsstandort. Dafür müssen wir alles tun, um Schlimmes abzuwenden.
Wie logisch ist es, dass Skigebiete offen haben dürfen und kleine Händler nicht?
Der Gesundheitsminister sagt ganz klar: Das ist Sport. Und ich sehe es auch so. Ich bin ja auch leidenschaftliche Skifahrerin. Eislaufen vor dem Wiener Rathaus geht ja auch. Und so war das auch gedacht. Die Menschen wollen hinaus ins Freie.
Aber die Bilder mit den Massen irritieren.
Das verstehe ich. Das sind aber Einzelfälle. Die entsprechenden Skilift-Betreiber wurden aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu setzen. Aber wie gesagt: Einzelfälle. In Westösterreich wollen hingegen einige Skigebiete unter der Woche zusperren, weil die Pisten leer sind.
Was kostet die Wirtschaft eine Woche Lockdown?
Da gibt's unterschiedliche Zahlen, die zwischen ein bis zwei Milliarden pro Woche liegen. Unsere Unternehmen halten aber generell gut durch, weil sie vor der Krise gut aufgestellt waren.
Viele beklagen sich aber auch über späte oder unzulängliche Hilfen.
Im Gegensatz zu dem, was immer kolportiert wird, sehen wir, dass die Maßnahmen greifen. Was die Maßnahmen zur Stärkung der Liquidität betrifft als auch die Maßnahmen zur Anregung von Investitionen.
Wie viel Geld wurde für Invest-Anreize schon zur Verfügung gestellt?
Bisher rund 2,7 Milliarden.
Damit die Wirtschaft so rasch wie möglich anzieht, müssten Sie doch für die Impfpflicht sein.
Eine Diskussion über die Impfpflicht hilft uns jetzt überhaupt nicht weiter. Im Gegenteil. Die führt nur zu mehr Widerstand. Zwang erzeugt nur Gegendruck und bringt Zeitverlust.
"Aufklärung ist wichtig"
Was also dann …?
Aufklärung ist wichtig. Sowohl von der öffentlichen Seite als auch von den Unternehmen, die uns da sehr stark helfen werden. Und ich setze auch auf den Hausverstand und die soziale Verantwortung der Österreicher: Wenn man geimpft ist, schützt man nicht nur sich selbst, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch andere.
Irgendwann im ersten Halbjahr werden die insgesamt 50 Hilfs-Milliarden vergeben sein. Was dann?
Das Heilmittel für alles ist Wachstum. Viele Experten schätzen, dass dann der Binnenkonsum wieder rasch anziehen wird. Und dazu besteht auch die berechtigte Hoffnung, dass die Exporte wieder rasant steigen. Jeder zweite Arbeitsplatz hängt schließlich von dem Export ab.
Das alles hängt aber somit auch von der Industrie und der Lage in den Exportmärkten ab.
Der österreichische Produktionssektor hat sich zuletzt positiv entwickelt. Und die Märkte in Asien ziehen wieder an.
Wie sieht es mit Steuererhöhungen und Sparpaketen aus?
Wir sind mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Und da jetzt den Menschen oder den Unternehmen noch einen Rucksack umzuhängen, ist sicher nicht der richtige Weg.
"Wir müssen noch stärker nach Asien exportieren"
Was tun gegen die gewaltige Arbeitslosigkeit?
Auch hier spielt der Export eine zentrale Rolle. Wir müssen noch stärker nach Asien exportieren. So wie es uns vor 20 Jahren gelungen ist, in Osteuropa eine Erfolgsgeschichte zu schreiben, so muss uns das jetzt in Asien gelingen. Wir haben dazu eine Exportplattform aufgesetzt, um die Unternehmen dabei noch stärker zu unterstützen. Zudem treiben wir die Investitionen in die Technologie voran. Das wird die Produktivität steigern und sich positiv auf den Jobmarkt auswirken.
Bis das alles am Arbeitsmarkt aber wirkt, dauert es Jahre.
Das sehe ich anders. Investitionen bei Klein- und Mittelbetrieben wirken sehr rasch. Rund 65 Prozent aller Investitionen, die jetzt getätigt werden, finden in KMU statt.
Es gab viel Kritik am „Kaufhaus Österreich“. Bereuen Sie da irgendetwas im Nachhinein?
Ich nehme die Kritik dazu sehr ernst. Aber nichts tun, geht nicht.
Es gibt aber schon viele andere Plattformen…
In Österreich werden derzeit acht Milliarden Euro Umsatz im eCommerce-Sektor generiert. Nur ein Prozent davon landet bei österreichischen Betrieben. Ja, man kann die Plattform kritisieren. Aber es ist eine Plattform zur Unterstützung der Händler.
Seit Juli ist das Investitionskontrollgesetz in Kraft. Es soll Unternehmen der kritischen Infrastruktur und der Daseinsvorsorge vor dem Zugriff aus Nicht-EU-Ländern schützen. Wird jetzt mehr geprüft?
In den vergangenen neun Jahren gab es 25 Prüfungen bei Übernahmen aus Drittstaaten. Seit Juli sind es bereits 13. Betroffen sind unterschiedliche kritische Bereiche, wie z.B. Gesundheit, Energie oder auch die Datenverarbeitung.
Trotz Corona stehen also österreichische Unternehmen auf der Liste internationaler Konzerne?
Durchaus. Momentan registrieren wir vor allem starkes Interesse aus dem amerikanischen Raum.
Zum neuen Arbeitsminister. Haben Sie nicht Angst, jetzt zwischen dem Finanzminister und einem anerkannten Wirtschaftsfachmann aufgerieben zu werden?
Nein (lacht). Sonst wäre ich nicht in die Politik gegangen. Ich habe mit Martin Kocher schon zusammengearbeitet. Und es geht den Menschen wohl darum, ob wir jetzt als Team die Themen Wirtschaft und Arbeit voranbringen.
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