Steuer-Lexikon: Von Progression bis Reallohnverlust

Eine bargeldlose Gesellschaft gewinnt immer mehr an Akzeptanz
Wer über das Ende für die kalte Progression mitreden will, muss bei manch schwierigerem Begriff sattelfest sein.

Was ist eigentlich?

… das progressive Steuersystem?

Das österreichische Steuersystem ist wie in den allermeisten anderen westlichen Ländern ein progressives. Die Logik dahinter ist simpel: Wer mehr verdient, muss auch entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit mehr Steuern zahlen. Eine Alternative dazu wäre ein Flat-Tax-System, bei dem alle Steuerzahler, ob kleines oder großes Einkommen, demselben Steuersatz unterliegen. Derzeit gilt: Wer ein Jahreseinkommen von bis zu 11.000 Euro hat, bleibt steuerfrei. Danach greifen für die nächsten Einkommensbestandteile steigende Steuersätze.

… das Phänomen der kalten Progression?

Unter der kalten Progression versteht man eine Art schleichende Steuererhöhung, für die kein Beschluss oder Gesetz nötig ist. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass Löhne und Gehälter nach Kollektiv-Vertragsverhandlungen meist orientiert an der Höhe der Inflation steigen, die Steuertarifgrenzen aber starr sind, also nicht an die Inflation angepasst werden. Man verdient damit brutto mehr, zahlt anteilsmäßig aber auch mehr Steuern. So bekommt man netto nicht die gesamte Lohnerhöhung. Sondern, der Finanzminister kassiert ein Körberlgeld.

… die jährliche Valorisierung?

Um die „kalte Progression“ zu entschärfen oder ganz zu beenden, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Regierung hat sich dafür entschieden, sowohl die Steuertarifgrenzen ab 2023 jährlich an die Inflation anzupassen, aber auch Sozialleistungen wie Familien- oder Studienbeihilfe, Kinder- und Reha-Geld. Was die Sache ein wenig komplex macht ist der Umstand, dass bei der jährlichen Anpassung („Valorisierung“) verschiedene Inflationsraten zur Anwendung kommen. Dies deshalb, um Bezieher kleiner Einkommen stärker zu entlasten.

… unter den Tarifgrenzen zu verstehen?

Die  Tarifgrenzen im heimischen Steuersystem werden nun jährlich im Ausmaß der Inflation erhöht, damit die kalte Progression nicht mehr zuschlägt. Das heißt: Bis zur ersten Tarifgrenze von 11.000 Euro blieb  man  bisher steuerfrei (künftig bis zum Betrag von  11.693 Euro).
Bis zur zweiten Tarifgrenze von 18.000 Euro (künftig 19.134 Euro) zahlt man 20 Prozent Lohnsteuer und so weiter bis zur sechsten Tarifgrenze. Dort gilt dann für Gehaltsbestandteile von mehr als 90.000 Euro im Jahr (künftig 93.120 Euro) ein Steuersatz von 50 Prozent.

… die Bedeutung von  Inflation?

Die Inflation (auch  Teuerung) bezeichnet den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus über einen bestimmten Zeitraum. In der politischen Debatte, für  Lohnverhandlungen und auch für die künftig jährliche Valorisierung der Steuer-Tarifgrenzen ist stets der Jahresvergleich relevant. Zuletzt betrug die Jahresinflationsrate in Österreich, also der Anstieg des Preisniveaus zwischen August 2021 und August 2022 bereits 9,1 Prozent. Für die jetzige Reform im Steuersystem – das Ende der kalten Progression –  wird die Inflationshöhe von Juli 2021 bis Juni 2022 herangezogen.

… brutto, netto und ein Reallohnverlust/-gewinn?

Auf dem Lohnzettel steht der Bruttobezug, davon werden Monat für Monat die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge abgezogen. Ausgezahlt wird vom Arbeitgeber das Nettogehalt oder der Nettolohn (bei Arbeitern). Dieses Gehalt zeigt aber noch nicht wirklich, wie es um die Kaufkraft des Arbeitnehmers bestellt ist. Dazu muss man auch die Inflation kennen. Wenn die Löhne und Gehälter nämlich langsamer steigen als die Inflation, spricht man von einem Reallohnverlust. Das Gegenteil wäre ein Reallohngewinn oder -zuwachs. 

… mit Absetzbeträgen oder den Freibeträgen?

Neben der automatischen Anpassung des Steuertarifs soll das verbleibende Entlastungsvolumen u. a. auch für die  Anhebung der Absetzbeträge genutzt werden. Absetzbeträge, wie beispielsweise der Verkehrs- oder der Alleinerzieherabsetzbetrag, werden direkt  von  der errechneten Steuer abgezogen und vermindern so die Steuerschuld. Freibeträge werden – soweit bekannt – jetzt nicht geändert. Ein Freibetrag reduziert das zu versteuernde Einkommen (die Steuerbemessungsgrundlage). Die effektive Ersparnis hängt deshalb vom jeweiligen Steuertarif ab.

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